Freitag28. November 2025

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Brüssel knöpft sich Ikea vor

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Die Niederlande sollen das Unternehmen steuerlich begünstigt haben.

Von Eric Bonse

Die Bauanleitungen von Ikea sind nicht immer leicht zu verstehen. Doch die Steuertricks des „unmöglichen“ Möbelhauses aus Schweden sollen noch viel kniffliger sein – behaupten jedenfalls die Grünen im Europaparlament. Nun hat die EU-Kommission ein Verfahren eingeleitet: Die Niederlande sollen Ikea steuerlich begünstigt haben.

Zwei Steuerabkommen mit dem niederländischen Staat könnten der Franchise-Tochter von Ikea „einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen“ verschafft haben, erklärten die Wettbewerbshüter am Montag in Brüssel. Dabei könne „ein Verstoß gegen EU-Regeln zu Staatsbeihilfen“ vorliegen. Es wäre nicht das erste Mal.

Starbucks, Fiat, Apple …

Schon vor zwei Jahren hatte die EU-Behörde Steuerdeals der Niederlande mit der Kaffeehauskette Starbucks für illegal erklärt. Auch Luxemburg wird beschuldigt, mit dem Autobauer Fiat-Chrysler unzulässige Absprachen getroffen zu haben. In Irland deckten die Wettbewerbshüter im vergangenen Jahr suspekte Steuerdeals mit Apple auf.

Dies war auch der bisher spektakulärste und teuerste Fall: Dublin muss 13 Milliarden Euro von dem Hersteller des iPhone zurückfordern. Nach monatelangem Zögern hat sich die irische Regierung dazu Anfang Dezember auch bereit erklärt. Demgegenüber hat Luxemburg die Steuer-Nachforderungen der EU-Kommission zurückgewiesen.

Im Kern geht es immer um dieselben Vorwürfe: Die EU-Staaten sollen die Unternehmen mit maßgeschneiderten Steuervorteilen angelockt – und so andere Unternehmen sowie den „einfachen“ Steuerzahler übervorteilt haben. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wertet das als unzulässige Staatsbeihilfe.

Jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro

Im Fall von Ikea geht es um ein Franchise-System, bei dem einzelne Filialen Lizenzgebühren an die niederländische Firmenzentrale zahlen, welche wiederum steuerfrei in Steueroasen wie Liechtenstein geleitet werden. Wie raffiniert und verschachtelt dieses System organisiert ist, hatte eine Studie der Grünen offengelegt.

Die EU-Kommission will diesen Praktiken einen Riegel vorschieben. „Die Mitgliedstaaten können nicht dafür sorgen, dass ausgewählte Unternehmen weniger Steuern zahlen, indem sie ihnen erlauben, ihre Gewinne künstlich woandershin zu verlagern“, warnt Vestager. Nach Schätzungen der Kommission verlieren EU-Staaten durch Steuerdeals der Konzerne jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro.

Die Niederlande zeigen sich kooperationsbereit – sie wollen den Hinweisen aus Brüssel nachgehen. Er werde eine unabhängige Kommission mit einer Untersuchung beauftragen, kündigt Finanzstaatssekretär Menno Snel an. Eine Bevorteilung einzelner Unternehmen dürfe es nicht geben.

Diebstahl an der Gesellschaft

Ikea hat indes die Vorwürfe zurückgewiesen. Die beiden betroffenen Bereiche Inter Ikea und Inter Ikea Systems kämen ihren steuerlichen Verpflichtungen in allen Ländern nach, in denen sie aktiv seien. Inter Ikea betreibt das Franchise-Geschäft des Konzerns. Alle Ikea-Geschäfte weltweit müssen eine Franchise-Gebühr von drei Prozent des Umsatzes abführen. Das Geld fließt an Inter Ikea Systems, eine in den Niederlanden ansässige Tochter.

„Ikeas Steuermodelle sind Diebstahl an der Gesellschaft“, hält der grüne Finanzexperte Sven Giegold dagegen. Ikea habe in Europa zwischen 2009 und 2014 mindestens eine Milliarde Euro an Steuern vermieden. Der Möbelkonzern bediene sich an Steuerschlupflöchern in Europa „wie in einem Baukasten“. Das Verschieben von Gewinnen in die Länder mit den niedrigsten Steuersätzen müsse aufhören: „Wir brauchen in Europa endlich Mindeststeuersätze.“

Die EU-Kommission hat bereits erste Vorschläge gemacht, etwa für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftssteuer. Doch die EU-Finanzminister konnten sich bisher noch nicht auf eine Reform einigen. Über das nationale Steuerrecht können die Mitgliedstaaten allein entscheiden; auf EU-Ebene haben auch „Steuersünder“ wie die Niederlande ein Vetorecht.