Punkschildkröte muss um ihr Überleben fürchten

Punkschildkröte muss um ihr Überleben fürchten

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Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

Sie hat einen Irokesenhaarschnitt und atmet unter Wasser über spezialisierte Drüsen in ihren Fortpflanzungsorganen. Die Mary-River-Schildkröte ist eines der ungewöhnlichsten Tiere der Welt und auch eines der gefährdetsten. In Australien kämpfen Tierschützer um ihr Überleben.

Die Punkfrisur besteht eigentlich aus Algen, die auf den Mary-River-Schildkröten wachsen. Die wachsen allerdings nicht bei allen Schildkröten in einem so coolen Punkhaarschnitt. „Nicht alle haben so schönes, grünes Haar“, sagt Marilyn Connell, die zusammen mit der Tiaro Landcare Group im Nordosten Australiens um das Überleben der seltenen Reptilien kämpft. Denn die Schildkröte kommt nur in der Mary-River-Region in Queensland vor.

Einzigartiges Tier mit altem Stammbaum

Dort lebt sie seit weit über 40 Millionen Jahren. So lange ist es her, dass sie sich von anderen lebenden Arten abgetrennt hat. Im Vergleich: Wir Menschen haben uns vor weniger als zehn Millionen Jahren von unseren nächsten Verwandten getrennt, den Schimpansen und Bonobos. „Sie ist ein einzigartiges Tier mit einem alten Stammbaum“, sagt Connell.

Die Schildkröte wird bereits von der Weltnaturschutzunion IUCN sowie der australischen Regierung als gefährdet eingestuft. Jetzt wird sie aber auch an 29. Stelle einer Liste von 100 gefährdeten Reptilien aufgeführt, die die Zoologische Gesellschaft in London (ZSL) veröffentlicht hat.

Lange Jahre als Haustier beliebt

Die Schildkröte ist aber nicht nur wegen ihrer ungewöhnlichen Algenfrisur und ihres alten Stammbaums ein besonderes Tier. Die 40 Zentimeter große Schildkröte hat zudem einen ungewöhnlich langen Schwanz, der um die 20 Zentimeter lang werden kann. Außerdem hat sie Atmungsorgane an ihren Genitalien und kann so locker 72 Stunden unter Wasser bleiben, ohne zwischendurch aufzutauchen.

Die Schildkröten können bis zu hundert Jahre alt werden, allerdings sind sie aber auch erst mit etwa 25 Jahren geschlechtsreif. Dass sie inzwischen vom Aussterben bedroht sind, liegt nicht nur daran, dass sie mehr als 20 Jahre lang in Australien ein beliebtes Haustier waren. Auch der Bau von Staudämmen und die Sammlung von Eiern für den Tierhandel haben den Artenrückgang verursacht. „Ihr Habitat ist immer weiter zerstört worden, seitdem weiße Menschen nach Australien kamen“, sagt Connell. Auch eingeschleppte Tiere wie Füchse, wilde Hunde und nicht einheimische Fischarten machen der Schildkröte das Leben schwer. Am schlimmsten sei aber der Bau eines Staudamms gewesen. „Dies hat 35 Kilometer an fließendem Gewässer in einen großen Pool verwandelt“, sagt die Tierschützerin.

Normalerweise halten sich die Schildkröten in Regionen des Flusses auf, die als sogenannte Riffles bekannt sind. Dies sind seichte Stellen, die einen hohen Sauerstoffgehalt haben und an denen das Wasser relativ schnell fließt.

Keine offiziellen Schutzprogramme

Offizielle Schutzprogramme der australischen Regierung gibt es bisher nicht für die Reptilien, wie ein Bericht des Guardian am Freitag in Australien anprangerte. „Die bedrohte Artenstrategie der Regierung zielt auf 20 Säugetiere, 20 Vögel und 30 Pflanzen, aber auf keine Reptilien“, hieß es in dem Bericht.

Doch private Tierschützer wie Connell haben den Kampf um das Überleben des einzigartigen Reptils aufgenommen. So unterstützen die Mitglieder der Tiaro Landcare Group seit 2001 bei Forschungen über die Tiere, kontrollieren die Flussufer, um Füchse und wilde Hunde abzuhalten, und sind während der Brutsaison jeden Morgen vor Ort, um neue Nester zu schützen. „Es wäre entsetzlich, wenn ein Lebewesen, das schon seit so langer Zeit auf der Welt ist, ausstirbt, während wir Menschen über die Erde wachen“, sagt Connell.