Montag10. November 2025

Demaart De Maart

Die Mafia bombt wieder

Die Mafia bombt wieder

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Bei einem Bombenanschlag wurde ein Mann getötet, sein Vater schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Racheakt der Mafia aus.

Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner

Bei einem Bombenanschlag im kalabresischen Limbadi wurde ein 42 Jahre alter Mann getötet, sein Vater schwer verletzt. Der Mann hatte mit örtlichen ’Ndrangheta- Bossen gestritten. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Racheakt der Mafia aus.

Ein ohrenbetäubender Knall zerriss die Stille in der ländlichen Umgebung von Limbadi in der Provinz Vibo Valentia. Schnell schlossen die Flammen ein Auto ein, in dem der 42-jährige Matteo Vinci der Explosion zum Opfer fiel. Verletzt wurde auch der Vater des Opfers.

Wie erste Ermittlungen ergaben, handelte es sich bei der Explosion nicht um ein technisches Versagen des methanbetriebenen Ford Fiestas, sondern um eine von Unbekannten am Fahrzeug angebrachte Bombe. Ein klares Zeichen der örtlichen Mafia, eines Clans der ’Ndrangheta. So jedenfalls sehen es die Ermittler der Staatsanwaltschaft Catania, die den Fall an sich gezogen hat. Gestern Morgen wurde ein Clanmitglied verhaftet.

Tödlicher Familienstreit

Bei dem Opfer handelt es sich um einen früheren Pharmareferenten, der aber in die heimische Landwirtschaft zurückgekehrt ist. Seit längerem gibt es zwischen den Familien Vinci und Mancuso Streitigkeiten um ein Grundstück, das sich im Besitz der Vincis befindet. Das Besondere an diesem Anrainerstreit ist, dass der Mancuso-Clan der örtliche Ableger der kalabresischen ’Ndrangheta ist, der die kriminellen Machenschaften in der Provinz Vibo Valentia kontrolliert.

Im Jahr 2014 eskalierte der Streit zwischen Matteo Vinci und Sara Mancuso, der Schwester eines der örtlichen Clan-Bosse, derart, dass die Ordnungskräfte einschreiten mussten und alle Beteiligten einschließlich der Vincis zur Beruhigung hinter Gitter brachten.

Im November 2017 wurde der beim jetzigen Attentat schwer verletzte Vater Francesco Vinci (73) von einem Mitglied des Mancuso-Clans mit einem Machetenhieb attackiert. Damalige Ermittlungen, ob die Familie Vinci auch in mögliche Mafia-Geschäfte verwickelt sein könnte, verliefen negativ.

Die jetzigen Untersuchungen konzentrieren sich auch mehr auf den Clan Mancuso als auf das familiäre Umfeld des Opfers. Als erste Maßnahme verhafteten die Agenten der Anti-Mafia-Einheit den Ehemann Sara Mancusos, Domenico Di Grillo. Ihm wurde zunächst illegaler Waffenbesitz vorgeworfen, da man im Hause mehrere nicht zugelassene Feuerwaffen fand.

Politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen

Die Ermittlungen stehen einen Tag nach dem Anschlag zwar noch am Anfang, doch kann ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden. Nahezu sämtliche Gemeinden der Provinz Vibo Valentia stehen unter kommissarischer Leitung, weil die ’Ndrangheta bei den regulären Kommunalwahlen entweder Stimmen gekauft oder die Wähler mit Drohungen erpresst hatte.

Matteo Vinci hatte auf einer alternativen Liste „Limbadi libera e democratica“ für die jüngsten Gemeindewahlen kandidiert. Die Bewegung steht für eine Abkehr vom organisierten Verbrechen und für eine demokratische Gegenwehr gegen die Mafia. Möglicherweise hatte das Engagement des 42-Jährigen zu seinem Todesurteil geführt, das nun demonstrativ vollstreckt wurde.

Derartige Zeichen sind bei den Handlungen der italienischen Mafien nicht neu, der jetzige drastische Akt zeigt jedoch, dass in der aktuell politisch instabilen Lage des Landes die militanten Aktionen der Clans stärker zunehmen.

Drogen- und Waffenhandel

Dass die erfolgte Verhaftung so nahe bei der Führungsspitze des Mancuso-Clans angesiedelt ist, zeigt, dass die Ermittler weitgehend überzeugt sind, dass die ’Ndrangheta Urheber des Attentats ist.

Der Clan, der nahezu alle Geschäfte im Umfeld von Vibo Valentia kontrolliert, betreibt seinen Haupterwerb mit Drogen- und Waffenhandel. Von Kalabrien aus gingen Kriegswaffen an islamistische Rebellen in Nigeria sowie an die kolumbianische Guerilla FARC und AUC. Über den umgekehrten Weg gelangen aus Kolumbien über Westafrika Drogen in Millionenwerten nach Europa.