Angehörige wollen kein MH370-Denkmal

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Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

Der Malaysia-Airlines-Flieger MH370 ist vor genau vier Jahren verschwunden. Noch in diesem Jahr planen die australischen Behörden nun ein Denkmal für die Vermissten. Bei den Angehörigen führt dies jedoch zu Unverständnis.

Australien will der 239 Menschen gedenken, die seit dem 8. März 2014 verschollen sind. Auch zum vierten Jahrestag des Flugzeugunglücks ist das Verschwinden der Boeing ein Rätsel. Die private US-Firma Ocean Infinity, die seit Januar erneut den Indischen Ozean absucht, kann bisher keine Erfolge vermelden.

Trotz der Unsicherheit und der vielen offenen Fragen will die australische Regierung nun jedoch ein Denkmal für die Menschen errichten. Dieses soll auch die Rolle Australiens bei der ersten, gescheiterten Suchaktion anerkennen.

Internationale Ausschreibung

$Eine Ausschreibung des australischen Finanzministeriums lief bis Ende Januar. Etliche Künstler aus aller Welt sollen bereits Vorschläge für das Denkmal eingereicht haben, das Betrachter „über persönliche Verluste nachdenken lassen und gleichzeitig ein Gefühl von Frieden erzeugen“ soll. Das Denkmal soll bis September in Perth an der Westküste Australiens errichtet werden. Von dort aus war die offizielle Suche koordiniert worden.

Doch einige Verwandte stören sich an der Idee eines Denkmals. „Niemand wurde konsultiert. Es ist absolut lächerlich“, sagte Danica Weeks jetzt der BBC. „Wir haben das Flugzeug noch nicht gefunden, also warum haben wir ein Denkmal?“ Weeks, deren Mann Paul bei dem Unglück vor vier Jahren ums Leben kam, glaubt, dass die australischen Behörden das Kapitel des vermissten Fluges mit der Gedenkstätte abschließen wollen, auch wenn derzeit eine privat finanzierte Suche läuft.

Chinesische Angehörige schreiben an Regierung

Die Australierin fürchtet, ein Denkmal würde zur Touristenattraktion verkommen. Auch Jeanette Maguire, die Tochter von Cathy und Bob Lawton, die ebenfalls an Bord von MH370 waren, äußerte Vorbehalte. Auch sie wünscht, dass das Flugzeug zuerst gefunden wird. Besonders schmerzhaft wäre ein verfrühtes Denkmal jedoch für die Angehörigen der chinesischen Passagiere, die zwei Drittel der Passagiere an Bord ausmachten.

Für sie wäre ein Denkmal in Perth nicht nur weit weg. „In den Augen der Chinesen kann ein Denkmal nur errichtet werden, nachdem bestätigt wurde, dass eine Person tot ist“, sagte Jiang Hui, dessen Mutter Jiang Cuiyun an Bord war und der als Vertreter für mehrere chinesische MH370-Familien fungiert. „Solange man die Menschen nicht gefunden hat, ist das Denkmal wie ein Fluch, den man auf sie legt“, erklärte er die chinesische Sichtweise.
Laut der BBC haben die chinesischen Familien bereits im Januar an die australische Regierung geschrieben und gefordert, das Projekt zunächst auf Eis zu legen.

Firma trägt Risiko

Gleichzeitig verstrich der vierte Jahrestag des Verschwindens des Fliegers am Donnerstag ohne Erfolg der aktuellen Suchaktion von Ocean Infinity. Abgesucht wird eine weitere 25.000 Quadratkilometer große Region nördlich des bisherigen 120.000 Quadratkilometer großen Suchgebietes.

Die US-Firma will sämtliche Kosten der auf 90 Tage angelegten Suche tragen, sollte sie die Boeing 777 nicht finden. Nur im Falle eines Erfolges soll Malaysia Geld bezahlen. Das Unternehmen wird bis zu 50 Millionen US-Dollar (40 Millionen Euro/47 Millionen Franken) erhalten, je nachdem, in welchem Suchareal das Flugzeug gefunden wird.

Das Schiff ist seit Ende Januar in dem Gebiet unterwegs. Die 90-tägige Suche soll bis Juni abgeschlossen sein. Tage, an denen das Schiff Land anläuft, um Vorräte und Treibstoff aufzustocken oder Schlechtwettertage, die die Suche unterbrechen, zählen nicht zu den 90.


Verschwinden befeuert Verschwörungstheorien

Der vermisste Malaysia-Airlines-Flieger MH370 gilt als das größte Rätsel der Fluggeschichte und ist für manche zur Obsession geworden, auch wenn sie keine Angehörigen an Bord hatten. Denn: Wie kann ein Passagierflugzeug mit 239 Menschen an Bord im 21. Jahrhundert so spurlos verschwinden? Diese Frage stellen sich viele und sie allein schon befeuert Verschwörungstheorien. „Befahl Russlands Präsident Wladimir Putin, das Flugzeug zu kapern?“, liest man da. War es ein Terroranschlag gegen China oder wollen die USA gar etwas vertuschen? Die Theorien nehmen kein Ende, obwohl es für keine einzige von ihnen auch nur einen stichhaltigen Beweis gibt. Auch nicht dafür, dass der Pilot das Flugzeug bewusst zum Absturz brachte.

Erwiesen ist inzwischen nur, dass das Flugzeug tatsächlich abgestürzt ist. Trümmerteile, die an der Ostküste Afrikas, auf La Réunion und Madagaskar angespült wurden, konnten teils eindeutig der Boeing zugeordnet werden. Driftanalysen dieser Teile geben nun zusammen mit den vorhandenen Satellitendaten weitere Rückschlüsse auf die Absturzregion.