Die Karten werden neu gemischt

Die Karten werden neu gemischt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

KÄERJENG – Das Ergebnis der Wahlen in der Fusionsgemeinde Käerjeng wird die Bürger und die nationale Politik besonders Interessieren.

Es handelt sich um die ersten Wahlen nach der Fusion – und diese Fusion entfacht in der Bevölkerung immer noch nicht die große Begeisterung. Dafür gibt es Ursachen, denn die Schließung des versprochenen Bürgerbüros für administrative Angelegenheiten in Küntzig nach nur einem Jahr hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Auch machten einige Gebührenanpassungen den Bewohnern zu schaffen. Die lokale BIGK („Bierger-Interessen Gemeng Kéintzeg“) konnte im Schöffenrat der Fusionsgemeinde kaum etwas bewirken.

Dennoch meinten alle Politiker aus Küntzig, dass die Fusion eine gute Sachen gewesen sei. Sonst hätte man verschiedene, sich im Bau befindende oder realisierte Projekte (Fußballplatz) nie umsetzen können. Eine gewisse Resignation bei der Bevölkerung scheint es dennoch im schmucken Grenzort Küntzig und in Fingig zu geben. Die lokale BIGK, die im Gemeinderat zwei Sitze hatte und zur Mehrheit gehörte, hat keine Liste mehr aufgestellt. Die Kandidaten sind auch auf keiner anderen Liste.

„Ich war der Unbequeme in der CSV-‚déi gréng‘-BIGK-Koalition“, hat der letzte Küntziger Bürgermeister Jeannot Jeanpaul kürzlich gesagt. Bei den Wahlen 2011 war die LSAP in Käerjeng stärkste Partei mit sieben von 17 Sitzen. Die CSV bastelte dann eine Koalition der Verlierer zusammen und brauchte den früheren Koalitionspartner DP nicht mehr. Unter der CSV-„déi gréng“-BIGK-Koalition flossen dann die 25 Millionen Euro, die für die Fusion notwendig waren, aus der Staatskasse.

Leere Kassen

Manches konnte bislang nicht umgesetzt werden, doch man habe ja noch fünf Jahre Zeit, meinte Bürgermeister Michel Wolter kürzlich gegenüber dem Tageblatt. Alle Fusionsprojekte wurden einstimmig angenommen. Es bleibt also noch einiges zu tun, aber die 25 Millionen sind verbaut und die Gemeindekassen leer. Große Feste und Ausstellungen schlugen mit hohen Summen zu Buche und auch in die Kommunikation wurde investiert.

Egal welche neue Mehrheit aus den kommenden Wahlen hervorgeht, sie muss eine Anleihe aufnehmen und/oder die Gebühren stark erhöhen. Die „Maison relais“ in Bascharage muss gebaut werden, es fehlt an bezahlbarem und sozialem Wohnraum und auch in die Lösung der Verkehrssituation muss investiert werden. Dringend notwendig ist ebenfalls ein neues zeitgemäßes Rettungszentrum. Was den Boulevard Kennedy betrifft, müssen die Verantwortlichen auf die staatlichen Instanzen warten, doch in Sachen Parkplatzsituation am Bahnhof besteht dringender Handlungsbedarf. Nachholbedarf besteht auch zum Thema Dienst am Bürger.

Neuer Ateliers und Wasserturm

Gebaut wurden die neuen Gemeindeateliers und der Wasserturm. Der Ortskern wurde saniert und die Infrastruktur vielerorts erneuert. Darüber hinaus erhielten die Küntziger Kicker einen neuen Rasen und seit rund zwei Wochen ist das neue Kulturzentrum „Käerjenger Treff“ geöffnet. Die Musikschule wurde samt den Büros der technischen Dienste in einen Containerbau verlegt.
In Sachen Pannen kennt sich der aktuelle Schöffenrat ebenfalls aus. So wurde bei einem Infrastrukturprojekt (300.000 Euro) betreffend die Parkplätze hinter der Kirche der Gemeinderat vergessen. Dieses Projekt samt Kredit wurde erst nachträglich angenommen. Auch über die Konvention mit der SNHBM auf dem ehemaligen Spielfeld in Hautcharage konnte nicht abgestimmt werden, da sie fehlerhafte und fehlende Textpassagen aufwies. Die Finanzierung des „Treffs“ auf der Liste des Fusionsgesetzes vorzuziehen, erhielt vom Innenministerium eine Abfuhr.

Die politische Lage in Käerjeng ist ungewöhnlich. Der Gemeinderat setzte sich aus dem früheren Innenminister, zwei Abgeordneten und drei Räten mit Bürgermeistererfahrung sowie mehr oder weniger engagierten Ratsmitgliedern zusammen. In der Koalition rumorte es öfters (z.B. beim Flächennutzungsplan), doch blieb sie bis zum Ende der Wahlperiode bestehen, auch wenn die BIGK jetzt nicht mehr mitmachen will. Michel Wolter putschte sich in Bascharage bereits vor Jahren parteiintern an die CSV-Spitze. Die LSAP-Rätin Danielle Schmit verließ die LSAP-Fraktion und trat der CSV bei. Auch der LSAP-Rat Eric Sassel trat aus Zeitgründen zurück und wurde durch die junge Lehrerin Mireille Hansen-Duprel ersetzt. Bei der DP ersetzte Nico Funck den aus Altersgründen abgetretenen Rat Leon Lentz. Josy Hames verließ hingegen die BIGK, um der CSV beizutreten.

Besondere Situation

Bei den Wahlen am 8. Oktober werden nur noch 15 anstatt der 17 Räte gewählt. Mit Yves Cruchten, Michel Wolter und Fernand Kartheiser kandidieren drei Abgeordnete und Schwergewichte der Nationalpolitik. Interessant dürfte am 8. Oktober die Stimmenverteilung der BIGK-Stimmen von 2011 sein. Die war bei den Wahlen in Küntzig auf 27,43 Prozent (1.616 Stimmen) gekommen und somit knapp vor der LSAP die stärkste Partei. In einem Gespräch mit der Wochenzeitung Le Jeudi sagte die grüne Spitzenkandidatin Josée-Anne Siebenaler-Thill, dass sie eine erneute Koalition mit der CSV von Michel Wolter nicht ausschließe.

Die ADR tritt am 8. Oktober mit Fernand Kartheiser und Paul Kutzner als Spitzenkandidaten an und will mindestens das 2011 verlorene Mandat zurückerlangen. Die DP will mit Gary Kneip und Nico Funck punkten, derweil „déi gréng“ mit der Doppelspitze Siebenaler/Hansen antreten. LSAP-Spitzenkandidat Yves Cruchten, der auch in der vergangenen Wahlperiode Oppositionssprecher war (die Opposition hat alle Fusionsprojekte mitgetragen), will mit seinem Team aus Erfahrung und jugendlichem Elan ein neues Zusammenleben, ein „Mateneen“ schaffen. „Es bedarf einer fundamentalen Änderung der Lokalpolitik in Käerjeng, die Bürger sollen sich aktiv in die Politik einbringen“, so Cruchten.

Auffällig ist auch die niedrige Anzahl an Kandidaten aus der früheren Gemeinde Küntzig, die bei diesen Wahlen antreten. Insgesamt kandidieren nur 15: jeweils drei für CSV und LSAP, vier für DP und „déi gréng“ und bei der ADR ist lediglich der Spitzenkandidat aus Fingig dabei.

Von Jean-Marie Backes