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(Tageblatt-Archiv)

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Später, wenn ein Student der Politikwissenschaften seine These über den Niedergang der Luxemburger Sozialistischen Arbeiterpartei verfasst, dürfte er dem 26. Januar 2012 wohl ein besonderes Kapitel widmen.

Am 26. Januar 2012, als sie das von ihr eingebrachte Gesetz über die Indexregelung für 2012, 2013 und 2014 in der Abgeordnetenkammer verabschieden half, rückte sie von ihren natürlichen Trägern, den Gewerkschaften, ab, wird der angehende Gelehrte sachlich feststellen und schlussfolgern, dass es dieser fatale Fehler war, der sie bei den Wahlen von 2014 auf den vierten Rang zurückfallen ließ, hinter die DP und die Grünen.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)

Letztgenannte hatten sich 2014 längst von furchterregenden Spontis zu servilen Realos gewandelt und waren, neben der DP, zum Austauschpartner der CSV aufgerückt. Diese verstand es, die von der Finanzwelt verursachte Wirtschaftskrise politisch bestens auszuschlachten, indem sie die LSAP dazu verführte, die Hauptverantwortung für den Einstieg in den sozialen Abbau zu tragen. Damit, das wusste der begnadete CSV-Stratege Juncker, würden die lästigen Rivalen aus den Fünfzigern bis in die Neunziger des vergangenen Jahrhunderts endlich vom Feld geschlagen, steht in der (noch) fiktiven Doktorarbeit zu lesen …

Den Rest kann jeder sich leicht
denken. Nach der Flurbereinigung vereinnahmte die breit aufgestellte CSV das soziale Terrain, indem sie einerseits die Gier der bösen Patrons schalt und andererseits Verständnis aufbrachte für gemäßigte Forderungen des Salariats. Weder die DP noch die Grünen konnten, sogar wenn sie es gewollt und gewagt hätten, die dem Bistum noch immer sehr verbundene Rechtspartei in irgendwelche Schranken weisen. Die CSV entschied, es war für den Koalitionszwerg neben ihr à prendre ou à laisser, in allen wichtigen Fragen, die gesellschaftspolitischen einbegriffen.

Keine Illusionen

Natürlich machen wir uns keine Illusionen: Auch das hier geschilderte, sehr wahrscheinliche Szenario wird die LSAP-Mandatare, so wie sie geworden sind, nicht von ihrer Nibelungentreue zur CSV und deren Finanz- und Wirtschaftspolitik abrücken lassen.

Es ist zwecklos, die LSAP-Amtsträger auf die Tatsache hinzuweisen, dass die konservativen Regierungen demnächst weggefegt werden, in Holland, in Frankreich, in Deutschland, von linken, sozialdemokratischen Parteien, die es verstehen, Rückhalt bei den Erwerbstätigen und deren Vertretern zu finden. Bei uns wollen die Sozialisten nicht mehr in der aufmüpfigen Rolle auftreten, in der man sie sehen und ihr applaudieren will. Ihr neues Kostüm soll vom Verständnis zeugen, das der triumphierenden Logik der Märkte zu zollen ist. Sie hören auf die Macher von heute und deren alte und junge Lobbyisten, die in ihren Reihen flüstern.

Schade. Denn die Welt geht weiter, das lehrt die Geschichte.
Der Tag wird kommen, an dem die jetzt so starken Herren der globalen Geldströme in den hochentwickelten Staaten klein beizugeben haben. Wir hoffen gerne, dass es ohne blutige Aufstände, Revolutionen und Kriege geschieht.

Unrühmlich!

Warum die LSAP in wirtschafts- und finanzpolitischen Dingen der CSV derart hörig wurde, dass sie den politischen Selbstmord einem Befreiungsschlag zugunsten ihrer bisherigen Freunde, der Gewerkschaften, vorzieht, bleibt dem Beobachter vorerst unbegreiflich. Geht es um ein paar Ministerposten? Oder, nobler, um Gewissheiten? – Als ob es solche gäbe!

Wären die Kameraden tatsächlich überzeugt, sie könnten in einer gut vorbereiteten, nicht überstürzt einberufenen Tripartite keine Lösung finden und sie, ausgerechnet sie, müssten deshalb die Axt an den Index legen?

Hier, in diesem Land, wo der CSV-Finanzminister mit seinem Budget wieder einmal so daneben lag, dass er sich jetzt das erhoffte Haushaltsdefizit erst konstruieren muss?

Hier, wo es in allen Branchen sehr gut verdienende Unternehmen gibt?
Er geht ein in die Annalen, dieser 26. Januar 2012. Aber nicht rühmlich.