Sozialdumping von Staats wegen?

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Luxemburg soll zur Festung gegen die Ärmsten werden. Dem Flüchtlingsstrom soll ein Riegel vorgeschoben werden – durch die drastische Senkung der Sozialhilfe.

25 Euro pro Monat pro Person – soviel soll in Zukunft jeder erwachsene Asylbewerber bekommen. Der Ministerrat hatte am 6. Januar den Entwurf für die Neufassung des entsprechenden großherzoglichen Reglements angenommen. Die aktuelle Version stammt von 2006. In den Genuss dieses Taschengelds kommt jede Person, die sich bei den Behörden als Asylbewerber gemeldet hat. Der Betrag wird um 12,50 Euro pro Kind erhöht. Minderjährige Kinder ohne Begleitung beziehen ebenfalls 25 Euro monatlich.

Diese finanzielle Unterstützung ist nur ein kleiner Teil der Sozialhilfe, die Asylbewerbern zusteht. Wer in Luxemburg um Aufnahme und Hilfe bittet, hat Anrecht auf Unterkunft und Beköstigung, medizinische Nothilfe, Gratis-Bus- und Zugtickets, Betreuung der Kinder. Kann er nicht verpflegt werden, wird die finanzielle Unterstützung erhöht: 225 pro Erwachsenen, 300 Euro für einen Zweipersonen-Haushalt, 200 Euro pro zusätzliche erwachsene Person. Hinzukommen unterschiedlich hohe Beträge pro Kind.

Verschlechterung

Vor allem die Neufassung des monatlichen Taschengeldes stellt eine dramatische Verschlechterung gegenüber der aktuellen Praxis dar. Laut Flüchtlingsrot bedeuteten die 25 Euro pro Erwachsenen eine Reduzierung um 77 Prozent. Die Neufassung der Sozialhilfe für Asylbewerber hatte denn auch bereits Mitte Januar bei den im Flüchtlingsrat zusammengeschlossenen humanitären Organisationen für einen Aufschrei der Empörung gesorgt. Nach Ansicht des Flüchtlingsrats ist dieser Betrag unzureichend. Wie mit diesem Betrag die Körperhygiene, der Anteil des Patienten am Arztbesuch oder die spezifischen Bedürfnisse von Kleinkindern bezahlt werden könnten, so der Flüchtlingsrat in seinem Gutachten zum großherzoglichen Reglement am Mittwoch.

Man wolle sich lediglich an den in Belgien angewandten Sätzen anpassen, rechtfertigt sich die Regierung. Unverständlich sei diese Bezugnahme auf die Nachbarländer, meint der Flüchtlingsrat. Man vergleiche schließlich auch nicht Höhe des Kindergelds oder des Mindestlohns in Belgien mit den in Luxemburg gezahlten Beträgen.

Gemeinnützige Arbeiten

Ihr Taschengeld aufbessern können die Asylbewerber durch gemeinnützige Arbeiten im Wohnheim oder in der näheren Umgebung der Aufnahmestruktur. Dabei dürfen sie maximal zehn Stunden die Woche arbeiten. Entlohnt würden sie mit zwei Euro die Stunden. Maximale Einkommensaufbesserung pro Monat: 80 Euro. Ein lächerlich geringer Betrag, sagte uns ein Vertreter des Flüchtlingsrats am Dienstag. Außerdem stelle sich die Frage der Legalität von derlei Maßnahme. Tatsächlich käme diese Neuregelung einem von Staats wegen genehmigten Sozialdumping gleich. Billige Arbeitskräfte, um den Rasen vor dem Wohnheim zu pflegen oder die Hecken zu schneiden.

Für weiteren Diskussionsstoff dürften auch mehrere Neubestimmungen sorgen, wann den Asylbewerbern die finanzielle Stütze verweigert werden kann. Das wäre der Fall, wenn die Eltern das Kind nicht in die Grundschule schicken. Regelrecht „schockiert“ gibt sich der Flüchtlingsrat über die Neuerung, dass einem Asylbewerber die Sozialhilfe gekürzt werden kann, wenn dieser „deutlich sichtbare, äußerliche Zeichen von nicht erklärtem Einkommen“ vorweist. Wer denn diese „deutlich sichtbare, äußerliche Zeichen“ erkennen und definieren werde, fragt sich der Flüchtlingsrat.

Mit Spannung dürfte man ebenfalls dem Gutachten der Berufskammer der Beschäftigten entgegenblicken, das in den kommenden Tagen verabschiedet werden soll.