Muskelprotze und Sexobjekte

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Während viel über männliche und weibliche Stereotypen in der Werbung diskutiert wird, gibt es nur wenige Studien über die Geschlechterrollen in Videospielen und deren Auswirkungen auf die Nutzer. Eine Arbeitsgruppe der Universität Luxemburg will dieses wissenschaftliche Neuland nun erkunden.

Die Mannschaft um Dr. André Melzer will in Zusammenarbeit mit dem Chancengleichheits-Ministerium während der nächsten zwei Jahre eine wissenschaftliche Analyse der Geschlechterrollen in Videospielen machen. Der erste Blick auf die verschiedenen Spielfiguren zeige bereits, dass stereotype Rollen sehr ausgeprägt sind, erklärte Dr. Melzer am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.

Die weiblichen Charaktere sind nur leicht bekleidet, hilfsbedürftig und stark sexualisiert. Die Verdinglichung der Frauen ist demnach omnipräsent. Meistens haben sie auch nur Nebenrollen. Die Männer werden als muskulös, unbesiegbar und potent dargestellt.

Die Ausnahme Lara Croft

Lara Croft ist dabei eine Ausnahme. Sie ist eine Hauptfigur, die Stärke und Selbstständigkeit ausstrahlt. Sie ist zwar auch sexy, wurde aber im Laufe der Zeit teilweise entsexualisiert. So wurde ihr Brustumfang beispielsweise reduziert.

In den meisten Spielen sind die Männer jedoch Muskelprotze und die Frauen Sexobjekte, wie eine amerikanische Studie gezeigt hat. Dies entspreche auch der Fantasie der Zielgruppe, erläuterte Melzer. Die meisten Videospiele würden nämlich von Männern für Männer entwickelt.

Die Universität Luxemburg will sich der Analyse der Auswirkungen solcher Stereotypen in interaktiven Medien widmen. Damit betritt sie Neuland, bislang gibt es nur eine Handvoll Studien zum Thema. Eine davon hat gezeigt, dass eine Gruppe von Mädchen, die 30 Minuten lang mit einer sexualisierten Version von Lara Croft spielte, anschließend eine geringere Selbstsicherheit vorwies als eine zweite Gruppe, die das Spiel mit der entsexualisierten Figur hatte.

Videospiele sind normativ

Die Forscher gehen davon aus, dass Videospiele normativ sind und als „Info-Werkzeug zur Bestimmung der eigenen Identität“ dienen. Anhand einer Online-Befragung, Feldexperimenten und Laborexperimenten soll bis 2015 die Hypothese eines Teufelskreises getestet werden.

Die Arbeitsthese besagt, dass das Selbstkonzept der Geschlechterrollen eine Präferenz für die Nutzung von Videospielen mit Stereotypen schafft. Diese Nutzung kann langfristig eine Auswirkung auf die eigene Persönlichkeit haben und sie wäre dann bestimmend für die Überzeugungen, was von Männern und Frauen erwartet werden kann.

Diese Untersuchungen seien wichtig, weil sie einerseits eine Grundlagenforschung darstellen, gleichzeitig aber auch zur Prävention dienen können, meinte Dr. Melzer. Nach Durchführung der Studie sollen nämlich auch Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden. Zudem soll versucht werden, die hierzulande angesiedelten Videospiel-Firmen zu sensibilisieren.