„Wir brauchen noch ein Lyzeum“

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Im Tageblatt-Gespräch erklärt der Differdinger Bürgermeister Roberto Traversini (54), was er sich von der Europäischen Kulturhauptstadt 2022 sowie der Sportstadt 2018 erwartet und wie er sich ein neues technisches Lyzeum in der ehemaligen „Cité du fer“ vorstellt.

Tageblatt: Nach den Wahlen, bei denen Sie sich mit Ihrer Partei „déi gréng“ von drei auf sieben Mandate verbesserten, konnten Sie sich Ihren Koalitionspartner quasi aussuchen. Warum haben Sie sich für die CSV und nicht für die LSAP entschieden, die ja beide auf vier Sitze kommen?

Roberto Traversini: Die LSAP hat in diesem Jahr bereits zum dritten Mal in Folge Stimmen verloren, während die CSV einen Sitz zulegen konnte. Ich habe schon vor den Wahlen gesagt, dass die stärkste Partei den Bürgermeister stellen muss und die Wahlgewinner als Erstes miteinander reden müssen. So ist es dann auch nach den Wahlen gekommen.

Schwarz-Grün scheint allgemein in Mode zu sein. Man denke zum Beispiel an Schifflingen und Käerjeng, aber auch an Bettemburg oder Esch/Alzette, wo die DP noch hilft. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Erstens stimmt das nicht. Und zweitens gibt es landesweit noch mehr Gemeinden, in denen CSV und LSAP zusammen regieren. Es stimmt, dass sich im Süden recht viele Koalitionen mit der Beteiligung von CSV und „déi gréng“ gebildet haben. Das hängt von den Personen und den Programmen ab. Bei mir hat es auf jeden Fall überhaupt nichts mit den Parlamentswahlen 2018 zu tun.

Esch und die Südregion haben kürzlich den Zuschlag für die Ausrichtung der Kulturhauptstadt 2022 bekommen. Was bedeutet das für die Entwicklung der Minette-Region?

Südregion ist das Stichwort. Laut Statuten der Europäischen Kulturhauptstadt muss ja eine Stadt die Kandidatur stellen. Mein Wunsch war aber, dass die Region kandidiert. Differdingen war am Anfang auch im Gespräch, hat sich dann aber zurückgezogen und Esch den Vortritt gelassen, unter der Bedingung, dass die Kandidatur stellvertretend für die Südregion gestellt wird.

Die Kulturhauptstadt ist eine Riesenchance für die Region, weil Kultur auch viel mit Integration und gegenseitiger Verständigung zu tun hat. Deshalb soll Esch 2022 auch ein Startschuss sein, um nachhaltige Projekte für die kommenden 20 bis 30 Jahre in die Wege zu leiten. Wir müssen nicht nur in die Gebäude, sondern auch in die Menschen investieren, die im Kulturbereich arbeiten.

Doch es muss klar sein, dass Differdingen und den anderen Südgemeinden genauso viel Gehör geschenkt wird wie Esch. Wenn dies der Fall ist, werden wir uns mit einigen Millionen beteiligen. Wenn dem nicht so ist, wird die Stadt Differdingen bei Esch 2022 nicht mitmachen. Dies wird sich in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden.

Wir werden aber auf jeden Fall eine Person einstellen, die uns in kulturellen Fragen berät und die Interessen Differdingens bei der Gestaltung von Esch 2022 verteidigt.

2018 wird Differdingen Europäische Sportstadt. Was kann man sich darunter vorstellen?

Die Europäische Sportstadt hat natürlich eine ganz andere Dimension als die Kulturhauptstadt. Es gab keine Konkurrenz, denn zum ersten Mal erhält eine Stadt in Luxemburg diesen Titel. Am 6. Dezember werden wir die Fahne und das offizielle Logo in Brüssel entgegennehmen.

Wir stellen jetzt eine Person ein, die zusammen mit Politik, Vereinen und Schulen ein nachhaltiges Konzept ausarbeitet, das es uns erlaubt, zu prüfen, in welchen Bereichen wir noch Verbesserungen durchführen können. Nachholbedarf haben wir mit Sicherheit noch im Bereich des Behindertensports. Auch beim Jugend- und Seniorensport ist noch Luft nach oben.

Oft wird bemängelt, dass Differdingen als drittgrößte Stadt kein eigenes Lyzeum hat. Wird neben der „Ecole internationale“ noch eine weitere Schule gebraucht?

Die „Ecole internationale“ ist eine öffentliche Schule, die Hälfte der Schüler stammt aus Differdingen. Trotzdem brauchen wir noch ein Lyzeum. Meiner Meinung nach fehlt in Luxemburg eine Schule, in der junge Leute in technischen und handwerklichen Berufen ausgebildet werden. Ideal wäre es, wenn man in den ersten drei Jahren ein breit gefächertes Basisangebot für alle hätte und die Schüler sich danach spezialisieren könnten. Auch müsste die französische Sprache stärker in den Vordergrund gestellt werden, was der größtenteils frankophonen Bevölkerung in Differdingen sicherlich entgegenkäme.

Wir haben dem Ministerium auch schon einen Standort vorgeschlagen, der sich zum Bau einer solchen Schule gut eignen würde. Dieses Grundstück befindet sich gleich neben der „Ecole internationale“, wo heute noch die Rettungsdienste und die technischen Gemeindedienste sind. Beide werden bald nach Zolwer bzw. nach Niederkorn umziehen. Dort hätten wir dann einen großartigen Schulcampus, der zudem noch in unmittelbarer Nähe der Sporthalle und des Schwimmbads liegt.

In der Montagausgabe des Tageblatt finden Sie ein weiteres Interview mit dem Differdinger Bürgermeister Roberto Traversini.