Reaktionen und Kommentare: So sieht die Basis die Reform

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Mondorf: Christophe Gessner

Christophe Gessner, Chef de Corps bei der Feuerwehr in Mondorf: „Ich persönlich bin der Meinung, dass es höchste Zeit für diese Reform ist und ich bin froh, dass das Gesetz endlich durch ist. Wir warten schon sehr lange darauf. Das Ganze bringt eine große Verbesserung der Arbeit vor Ort mit sich. Die Hilfskräfte werden in Zukunft schneller bei denjenigen sein, die Hilfe benötigen. Die Qualität der Ausbildung wird auch besser werden. Den Zenterchefs wird es einfacher gemacht, ihre Leute zu Fortbildungen zuschicken. Die Daten der Fortbildungen werden auch früher bekannt gegeben, sodass es vor allem für Freiwillige einfacher wird, die Fortbildungen mit ihrem Privatleben zu koordinieren. Durch die neue „chaine de commandement“ bekommen wir vor Ort eine gute Struktur, die jedem genau sagt, was er zu tun hat. Dadurch hat jeder in Zukunft die Möglichkeit anhand von Fortbildungen den Weg nach oben zu gehen.
Die gesamten administrativen Vorgänge sollen vereinfacht werden, was ich sehr begrüße.Unsere Kaserne in Mondorf bleibt in der Kategorie zwei, da ändert sich nicht viel.
Es stehen trotzdem noch viele Fragen offen. Man liest ja auch viel auf den sozialen Medien, dass Menschen sich beschweren und das alles nicht gut finden. Meiner Meinung nach muss eine Sache erst einmal begonnen werden und dann können fortwährend die nötigen Verbesserungen gemacht werden. Man hat am Anfang nicht immer auf alles eine Antwort. Unterwegs nach Lösungen suchen.“ MH


Esch: Guy Bernar

Guy Bernar, Chef des „Centre d’intervention et de secours Esch-sur-Alzette“: „Ich habe die Reform immer unterstützt, weil wir in Esch keine andere Wahl haben, als in die Richtung eines CGDIS zu gehen. Esch ist in der zweithöchsten Kategorie 4, nur die Hauptstadt ist noch höher eingestuft (4bis). In letzter Zeit ist es in Esch vor allem am Wochenende schwierig gewesen, Freiwillige für den Bereitschaftsdienst zu finden. Die Mindestbesetzung für Tankwagen hat schon seit längerem nicht mehr gewährleistet werden können. Wegen gestiegener privater und beruflicher Verpflichtungen ist er Betrieb mit ausschließlich Ehrenamtlichen nicht mehr „dicht“. Nach der Reform können die „Agents pro“ zumindest das „Alltagsgeschäft“ garantieren, doch auf die Freiwilligen kann auch weiterhin nicht verzichtet werden. Mit der neuen Kommandostruktur werden neue Wege beschritten, die von manchen eine Umstellung erfordern. Doch der Bürger, der auf die Feuerwehr oder den Krankenwagen angewiesen ist, wird davon nichts mitbekommen. Wir müssen uns der Nachfrage, die von den Bürgern kommt, stellen. Wir müssen ein Dienstleister sein. Der Vorteil der Reform besteht auch darin, dass nun alle Dienste, Freiwilligen und Angestellten unter einem Dach vereint werden und eine Verwaltungseinheit bilden, die von der Hauptstadt aus geleitet wird. Die künftige Gliederung in Zonen, Gruppierungen und CIS ist eine logische Aufteilung, die dazu führt, dass endlich alle die gleiche Sprache sprechen. Am Escher boulevard Aloyse Meyer wird zudem künftig ein neues Einsatzzentrum samt Polizeiwache für die Gemeinden Esch, Monnerich und Schifflingen entstehen. Mit einer Inbetriebnahme ist aber frühestens in sechs bis sieben Jahren zu rechnen.“


Garnich: Claude Giersch
Claude Giersch, Leiter des „Service d’incendie et de secours de la commune de Garnich“: „Die Reform wird die Leistungen des bisherigen Rettungsdienstes in meinen Augen kurzfristig nicht erheblich verbessern. Es besteht jetzt jedoch die Gefahr, dass es durch die Reform zu einer solchen Professionalisierung des Rettungsdienstes kommt, dass die freiwilligen Rettungskräfte auf der Strecke bleiben, da sie den neuen Anforderungen nicht standhalten können oder wollen. Natürlich kann alles verbessert werden, es ist nun mal nicht perfekt. Aussagen, dass der Rettungsdienst schlecht ist, sind aber völlig daneben. Der Übergang von freiwilligen zu professionellen Helfern wird nicht von heute auf morgen gehen. Das wird sicher einige Jahre dauern. Der bisherige Rettungsdienst war gut, ob dieser nach der Reform tatsächlich viel effizienter ist, bezweifele ich wie gesagt. Aber vielleicht irre ich mich ja auch. Sicher bin ich mir aber, dass die Übergangsphase nicht problemlos ablaufen wird.“


Wiltz: Fons Lisch & Alain Weisgerber
In der Hauptstadt der Luxemburger Ardennen ist man mit der Reform der Rettungsdienste im Allgemeinen zufrieden. „Durch die Reform verbessert sich die Lage erheblich“, betont Sanitäter-Chef Alain Weisgerber. Unter anderem die administrativen Prozeduren würden vereinfacht.
Feuerwehrleiter Fons Lisch schlägt in die gleiche Kerbe. Der manchmal lange Weg über den Inspektor, um bei der Gemeinde neues Material zu beantragen, falle jetzt weg.
Was die Arbeit vor Ort betrifft, so ändere sich nicht viel, erklären beide Männer. Viele Neuerungen der Reform, wie z.B. das Einsatzleitsystem ELS, würden bereits funktionieren. Auch bei der Befehlskette bleibe im Großen und Ganzen alles beim Alten. Die 112-Zentrale entscheide nach wie vor, welche Kräfte mobilisiert werden. Lediglich beim Material könne es zu Änderungen kommen. Alte Fahrzeuge könnten durch neue ersetzt werden. Es bestehe auch die Möglichkeit einer Harmonisierung des Fuhrparks.
Die neue Einstufung der Feuerwehrkorps in die Kategorien 1 bis 4 stelle ebenfalls kein größeres Problem dar. Das System sei flächendeckend. „Mehr als die Hälfte der Reform betrifft des Weiteren die Einsatzkräfte nicht direkt“, so Weisgerber. Themen seien hier die Gründung des CGDIS („Corps grand-ducal d’incendie et de secours“), der Notarztdienst, die „agents professionnels“ usw.

Beide Einsatzleiter begrüßen auch die Präsenz Letzterer in den Kasernen. „Die Zahl der freiwilligen Mitarbeiter nehme leider ab. Wenn man aber erreichen will, dass die Kaserne während der ganzen Woche rund um die Uhr besetzt ist, sei man auf die Hilfe dieser hauptberuflichen Mitarbeiter angewiesen, vor allem bei Engpässen“, so die Chefs aus Wiltz. Denn z.B. von den 35 ehrenamtlichen Mitarbeitern bei der Feuerwehr seien nur 20 permanent verfügbar. Man müsse jetzt abwarten, wie die Korps in den kleinen Gemeinden reagieren. Im Norden sei die Lage etwas komplizierter, u.a. weil hier die Einsatzdistanzen oft länger seien.
Die Kommunikation im Zusammenhang mit der Reform sei gut gewesen, vor allem was die Einsatzkräfte anbelangt, kommentieren beide Einsatzchefs. Es habe genug Gelegenheiten gegeben, an Versammlungen teilzunehmen oder Informationen zu sammeln.
Nichtsdestotrotz müsse man jetzt die großherzoglichen Reglemente über die praktische Umsetzung der Reform abwarten. Sie werden noch Auswirkungen auf die Arbeit des Personals der Feuerwehrkasernen haben, u.a. was die Kasernierung betrifft, so Weisgerber.
Die Ankündigung von Innenminister Dan Kersch (LSAP), auch nach dem Votum der Reform im Parlament gesprächsbereit zu bleiben, um etwaige „Kinderkrankheiten“ auszumerzen, begrüßen Lisch und Weisgerber. U.a. bei der Ausbildung müsse noch an einigen Stellschrauben gedreht werden. Beide hoffen, dass auch weiterhin Anstrengungen unternommen werden, um den Freiwilligendienst attraktiv zu halten und junge Leute zu überzeugen, sich in der freiwilligen Feuerwehr oder beim Rettungsdienst zu engagieren.
rh


Luxemburg-Stadt – Erny Kirsch
Erny Kirsch, Chef der hauptstädtischen Berufsfeuerwehr: „Für mich ist die Reform ein Meilenstein. Und die Bezeichnung Jahrhundertreform ist in meinen Augen deshalb auch keineswegs aus der Luft gegriffen. Es ist ein riesiger Schritt nach vorne, den das nationale Rettungs- und Feuerwehrwesen machen wird. Natürlich wird sich einiges ändern. Und es ist von Anfang an klar, dass es eine Weile dauern wird, bis alles ineinandergreifen wird. Das ist normal, wenn etwas so Grundlegendes geändert wird. Es braucht Zeit, bis die ganzen Mechanismen greifen werden. Es ist wie bei einem Uhrwerk, wenn man so will. Mir ist auf alle Fälle nicht angst und bange. Ich war im Übrigen den ganzen Nachmittag in der Chamber und habe die Debatten live verfolgt. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen.“
Lg