„Eis Zuel vum Dag an dësem Ufank vun 2018 ass 35.000. Well: Mär sinn zu 35.000 Escher an d’neit Joer gerutscht.“ Der Facebook-Post der Stadt Esch zum Jahresbeginn verkündete nicht ohne Stolz einen neuen Meilenstein für die Minette-Metropole: Zum 1. Januar zählte die zweitgrößte Stadt des Landes erstmals in ihrer Geschichte über 35.000 Einwohner, um genau zu sein 35.011.
Bis 1821 lassen sich die Bevölkerungszahlen in Luxemburg via Statec zurückverfolgen. Damals war Esch mit seinen 810 Menschen ein Bauerndorf, was sich Mitte des 19. Jahrhunderts ändern sollte. In den 1840er-Jahren wurde mit den Abbau der „Minette“ begonnen. Zum explosionsartigen Anstieg der Bevölkerung aber trugen in erster Linie die Inbetriebnahme der ersten Hochöfen der „Metze Schmelz“ (Esch-Schifflingen) 1871 und der „Brasseur-Schmelz“ (Terres Rouges) 1872 bei.

Erst kamen einige Deutsche, Belgier und Franzosen, ehe die Polen und vor allem die Italiener für die erste große Immigrationswelle des Großherzogtums sorgten. So kamen zwischen 1890 und 1910 über 10.000 Italiener ins Land und siedelten sich in erster Linie im Süden in den Stahlstädten an.
10.000 Einwohner im Jahr 1900
Esch hatte zum Jahrhundertwechsel die 10.000-Einwohner-Marke überschritten, 1910 war die Stadt bereits auf 16.000 Menschen angewachsen. Das Belvaler Werk, damals das modernste seiner Art weltweit, stand unmittelbarer vor seiner Inbetriebnahme (1911). Bereits 1906 hatte Esch den Status einer Stadt erhalten.
Die Bevölkerung wuchs genauso rasant wie in den benachbarten Stahlstandorten Differdingen und Düdelingen, die eine ähnliche Entwicklung wie Esch erlebten (siehe Grafik). Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg waren 14% der Bewohner in Esch Italiener und landesweit 60% der im Stahlsektor tätigen Arbeiter Ausländer.
Rasanter Wachstum in den 20ern
Nach dem Ersten Weltkrieg, der das Bevölkerungswachstum nur unwesentlich bremste, wurde 1920 mit dem Bau von Arbeitersiedlungen begonnen. Anfang der 1930er-Jahre war die 30.000er-Marke dann geknackt, Esch zudem zum Gebiet mit der höchsten Bevölkerungsdichte hierzulande geworden (bis heute übrigens – in Esch leben 2.396 Einwohner pro km2. Zum Vergleich: Luxemburg-Stadt 2.221, Differdingen 1.145). Binnen 30 Jahren hatte sich die Bevölkerung demnach verdreifacht. Eine riesige Herausforderung für die Stadtväter, die sich 1923 Hilfe beim damals wohl bekanntesten Urbanisten der Region, Josef Stübben, holten. Der sogenannte Stübben-Plan für Esch sah eine Stadt für 40.000 bis 50.000 Einwohner vor, wurde jedoch nur zum Teil umgesetzt.
Aufgrund der Stahlhütten, Eisenerzminen, der Topografie und der französischen Grenze war eine Ausdehnung Eschs nur in Richtung Norden möglich. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in den 1950er-Jahren die Wohnviertel Lallingen, Brouch und Raemerich, in den 1960er- und 1970er-Jahren folgten Wobrécken und Fettmeth. Die zweite große Einwanderungswelle hatte begonnen, in der zwischen 1964 und 1976 vor allem Portugiesen ins Land kamen und auch in Esch für einen Anstieg der Einwohnerzahlen sorgten, ehe die Stahlkrise ab 1975 die Stadt wieder schrumpfen ließ (23.980 Menschen 1985). Die Portugiesen bilden heute die bei weitem größte Ausländergruppe. Zum 1. Januar 2018 wurden 11.476 Portugiesen in Esch gezählt, demgegenüber stehen 14.747 Luxemburger (siehe Tabelle).
Jeder zweite Escher ist Ausländer
Insgesamt ist der Anteil der Ausländer auf 58% gestiegen, was zwar nicht der höchste Wert in Luxemburg ist (71% in der Hauptstadt), aber weit über dem Landesdurchschnitt liegt (48%). Doch über Letzterem lag Esch seit jeher.
Im Landesdurchschnitt befindet sich derweil der rasante Einwohnerzuwachs der Minette-Metropole im 21. Jahrhundert. Die Gesamtbevölkerung Luxemburgs stieg seit 2000 von 435.500 auf inzwischen fast 600.000 an, die von Esch von 25.000 zur Jahrtausendwende auf eben jene 35.011 zum 1. Januar 2018. Die neuen Wohnviertel Belval und Nonnewisen zeugen von diesem Wachstum.

Vier Fragen an Georges Mischo, Bürgermeister von Esch/Alzette
Die Stadt Esch hat zu Silvester auf ihrer Facebook-Seite über das Überschreiten der 35.000-Einwohner-Zahl jubiliert. Warum ist das ein Grund zu feiern?
Wenn die Bevölkerung wächst, ist das immer positiv. Es hält eine Stadt am Leben, wenn neue Menschen hinzukommen.
Unter dem Post stand folgender Kommentar einer Userin: „Datt ass zwar glad a guer net fir sech ze bretzen. Dat sinn der zevill fir dass d’Gemengeservicer nach mat dem normalen Déngscht um Awunner no kommen.“ Was antworten Sie darauf?
So schnell wächst die Einwohnerzahl nun auch wieder nicht, als dass die Gemeindedienste nicht mehr nachkommen würden. Ich habe sie alle besucht, niemand hat über eine krasse Unterbesetzung geklagt. Unsere Aufgabe ist es, zu garantieren, dass die Gemeindedienste quantitativ und qualitativ optimal besetzt sind.
Wo kann Esch denn überhaupt noch wachsen?
Vom Territorium her nicht mehr viel. Das Projekt „Nonnewisen“ ist noch nicht abgeschlossen, Belval auch nicht. Dazu kommen das Arbed-Gelände in Schifflingen und die „Lentilles Terres Rouge“. Danach bleibt nicht mehr viel, außer in die Höhe zu bauen.
Der Bevölkerungszuwachs in Esch ist wie der im Rest des Landes in erster Linie der Immigration geschuldet. Der hohe Ausländeranteil in Esch ist bei den Leuten durchaus ein Thema. Wie steht der Bürgermeister dazu?
Esch ist multikulturell, das habe ich schon immer an Esch toll gefunden. Jedoch ist es ein Fakt, dass verschiedene Nationen sich besser integriert haben als andere. Die Mentalitäten zu ändern ist extrem schwierig, das sieht man jeden Tag.
Prinzipiell ist es eine echte Herausforderung, fast 120 Nationalitäten unter einen Hut zu bringen und „zufriedenzustellen“. Ein Weg ist, noch mehr Angebote zu schaffen, zum Beispiel im Kultur- und Sportbereich.
Jedenfalls bin ich extrem froh darüber, dass Nationalitäten nie im Wahlkampf oder aber im Gemeinderat zum Thema gemacht wurden. P.M.
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De Maart

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