Migrationsstreit in der EVP: Orbans Marschroute

Migrationsstreit in der EVP: Orbans Marschroute

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Die Zahl der Flüchtlinge, die in europäischen Ländern ankommen, ist im Vergleich zu den Vorjahren stark zurückgegangen. Dennoch bleibt das Thema Migration in Europa auf der Tagesordnung. Einerseits zu Recht, da eine Reihe von Fragen noch (immer) nicht geklärt sind, wie jene der Solidarität, der Verteilung von Schutzsuchenden in andere Länder als die Ankunftsländer oder die Möglichkeit der legalen und sicheren Zuwanderung in die Europäische Union. Andererseits aber machen rechtspopulistische und fremdenfeindlich gesinnte Parteien und Politiker quer durch Europa die Migrationspolitik zum Dauerthema, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Indem sie Ängste und Unsicherheiten schüren, Feindbilder aufbauen und somit Emotionen bedienen, die einer sachlichen Diskussion den Boden entziehen, sofern das nicht ohnehin mit einkalkuliert ist.

So hatte der italienische Innenminister Matteo Salvini im Juni mit seiner Weigerung, weiterhin Schiffe mit Flüchtlingen in italienische Häfen einlaufen zu lassen, mit dazu beigetragen, dass trotz stark zurückgehender Ankunftszahlen das Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs sich nicht so sehr mit den großen Reformvorhaben und Zukunftsfragen der Union beschäftigte, sondern mit der Asylpolitik. Und geht es nach dem Willen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, wird die Migrationspolitik auch bei den im kommenden Jahr stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mittelpunkt stehen.

Bei einer Rede vor etwas mehr als einer Woche im rumänischen Kurort Baile Tusnad meinte Orban vor dort lebenden ungarischstämmigen Anhängern unter anderem, dass die Migration die „einzige ernsthafte gemeinsame europäische Frage“ sei. Wobei längst klar sein dürfte, wie der Ungar diese Frage geklärt wissen will. Auf seine Marschroute will Orban nun auch die christliche Demokratie einschwören. (Die Fidesz, die Partei des ungarischen Regierungschefs, ist bekanntlich Mitglied der Europäischen Volkspartei/EVP, der unter anderem auch die hiesige CSV sowie die beiden Unionsparteien aus Deutschland CDU und CSU angehören.) Denn, so gab der überzeugte Katholik Orban in Rumänien außerdem zum Besten, die christliche Demokratie sei nicht nur illiberal, sondern lehne auch Multikulturalismus und die Migration ab.

An dieser Ausrichtung scheint sich zumindest die bayrische CSU bereits zu orientieren, was zum Streit zwischen ihr und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel führte, welcher der eigentliche Grund dafür war, dass das oben erwähnte EU-Gipfeltreffen von der offiziellen Tagesordnung abwich. Doch auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz ist gewillt, wenigstens einen Teil von Orbans Weg mitzugehen. Wo die Christdemokraten damit enden werden, bleibt abzuwarten.

Uns dünkt, dass es an der Zeit für ein klärendes Gespräch zwischen Christdemokraten und anderen Konservativen in der EVP ist, aus dem die notwendigen Konsequenzen gezogen werden müssen. Denn nicht nur die Reform der europäischen Asylpolitik, sondern auch eine humanere Migrationspolitik scheitert derzeit am Widerstreit innerhalb der Europäischen Volkspartei. Es wäre falsch, auch vor der bedeutenden Wahl im Mai kommenden Jahres allein um des Machterhalts willen etwas zusammenzuhalten, das nicht zusammenpasst.

Grober J-P.
6. August 2018 - 12.26

Denn, so gab der überzeugte Katholik Orban in Rumänien außerdem zum Besten, die christliche Demokratie sei nicht nur illiberal, sondern lehne auch Multikulturalismus und die Migration ab. Hütet euch vor jenen die uns mit dem Kreuze in der Hand über Multikulti oder Demokratie belehren wollen. Christlich sind diese Frauen und Männer nur noch selten. Den Armen wurde das Evangelium gepredigt und die Reichen halten sich nicht dran. Alles nur Machtgehabe um von der eigenen Ratlosigkeit abzulenken. Besser alle Migranten im Mittelmeer ersäufen, die Quallen werden sich freuen.

GuyT
6. August 2018 - 10.44

Die Ausgangsprämisse des Artikels ist irreführend: warum sind die Migrationszahlen denn heruntergegangen? Doch nur weil die Migrationsrouten schwieriger wurden und Italien und anere Länder eindeutige Signale aussenden um die Sogwirkung zu mindern. Würden die Schleusen und alle Hindernisse beseitigt werden oder sogar wieder eine Schrankeöffnung à la Merkel ausgerufen, würde die Ströme wieder gewaltig anschwellen. Wie würde den eine humane Migrationspolitik denn aussehen ? Wie soll man die Migranten denn in Europa gerecht verteilen, wenn weder die betroffenenen Länder noch die meisten Migranten das wollen? Wie will man denn gerecht vorgehen, wenn es nur schafft die abgelehnten Asylanten im Promillebereich zurückzuschicken? Warum vergisst man die richtig Armen die nicht die 5000$ für die Schleuser aufbringen? Wie will man die Integration schaffen?