Wie der Wolf (zeitweilig) aus Luxemburg verschwand

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Der Wolf ist zurück – nach 126 Jahren: Damals wurde das Raubtier infolge groß angelegter Jagden in West- und Mitteleuropa fast vollständig ausgerottet. Auch in der Region um Niederkorn und Lasauvage wurden etliche Tiere erlegt.

Von Roby Fleischhauer 

Der Wolf ist wieder los in Luxemburg. Nach mehreren Sichtungen und Fällen von gerissenen Schafen haben DNA-Analysen die Rückkehr des Raubtiers hierzulande bestätigt. Der erste Wolf seit 126 Jahren konnte 2017 im Raum Garnich von der Naturverwaltung nachgewiesen werden.

Vor etwa 140 Jahren …

Jacques Bouchet aus Oberkorn war privater Jagdaufseher bei Pierre Giraud, Hüttenbesitzer in Lasauvage. Am 15. Februar 1870 machte er in den Wäldern in der Nähe des Dorfes, auf einer Entfernung von 200 Metern, einen 70 bis 80 Pfund schweren Wolf aus. Der Jäger brachte schnell sein Gewehr in Anschlag und schoss auf das Raubtier, als es sich bis auf 50 Meter genähert hatte.

Das Tier wurde jedoch nur verwundet. Mit „schrecklichem Geheul“ (so stand es in einem Zeitungsartikel) stürzte es sich auf den Forstaufseher. Kaltblütig schoss dieser daraufhin den Wolf auf kurzer Distanz nieder.

Doch damit war es nicht getan: Am 20. des selben Monats hatte Giraud zusammen mit De Prémorel eine Treibjagd organisiert. Jacques Bouchet, der den Graupelz förmlich zu riechen schien, entdeckte gleich wieder einen Wolf. Es handelte sich um eine 50 bis 60 Pfund schwere, trächtige Wölfin. Ohne zu zögern legte Bouchet an und erlegte das Tier auf die gleiche Weise, wie er es bereits vor einer Woche getan hatte.

Wölfe wurden seit jeher als extrem gefährliche Raubtiere angesehen. Die Presse war daher voll des Lobes für den tapferen Mann. Das Luxemburger Wort schloss den Bericht mit den Wörtern: „Glück auf dem kühnen und glücklichen Jäger.“ Die beiden Wölfe waren die letzten in unseren Gegenden.

Davor hatte es bereits andere Wolfsjäger in der Gemeinde gegeben: Am 3. November 1862 hatte der Müller Peter Werner aus Niederkorn einen Wolf niedergestreckt und am 25. Dezember 1869 war es Narcisse Raty gelungen, ein Exemplar in Lasauvage zu töten. Am 8. März 1870 hatte Herr Legendre, Schwiegervater des Grafen De Saintignon, gar zwei Wölfe erlegt.

Die Ausrottung des Raubtiers in Luxemburg erfolgte am 24. April 1892 in Olingen. Dort wurde der letzte Vertreter vom luxemburgischen Untersuchungsrichter Edouard Wolff erschossen. Man weiß heute ziemlich genau, wer im Land einen oder mehrere Wölfe erlegt hat, denn der Staat zahlte Prämien für jedes tote Tier. Laut Gesetz vom 18. Dezember 1849 gab es 25 Franken für einen erwachsenen Wolf und fünf Franken für einen jungen „Nestwolf“. Zwischen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts zählte man auf diese Weise 241 tote Wölfe. Es gab übrigens auch Prämien für die Tötung von Fischottern, Elstern und Eichelhähern.


„Dem Wollef säi Plädoyer“

Der luxemburgische Dichter Sepp Thill hat in seinen „gesabbelt Wierker“ den letzten Wolf zu Wort kommen lassen. Hier die letzten Strophen aus seinem Gedicht „Dem Wollef säi Plädoyer“:

Nujee, wat soll ech jäizen,
et ass jo nu geschitt,
dir wëllt jo d’Welt opfriessen
mat ärem Appetit.
A wann der d’Welt gefriess hutt,
wat drann ass a wat dropp,
da frësst vun iech dir Mënschen,
nach een deen aneren op.
Jo, maacht dir roueg virun,
ewéi dir sitt am Gaang,
dann ass geschwënn dee leschte
vun æerer Clique gehaang.
Maacht aus dem Fett Kanounen,
maacht Pollefer a Stol,
dann hänkt och ärem leschten
geschwënn eng Plack um Nol.
A wa vun ärem Krichen
Zesumme fällt d’lescht Haus,
An d’geet iech wéi de Wëllef,
An t’ass da mat iech aus,
Wa Graas wiisst op de Mauren
An alles dout a stëll,
Déi puer vun iech déi bleiwen,
Dorëmmer gi wéi wëll
Wann d’Bëscher nees verwuessen,
Keng Aaxt se heet méi em,
Da gëtt et Freed dir Hären,
Da komme mir erem.
Da baffe mir nees Hämmel,
An d’Geesse kréie Sträpp,
A gar wann äre läschten
Ons Wëllef fällt an d’Gräpp!