Warnung vor der deutschen Atombombe

Warnung vor der deutschen Atombombe
Der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Karl-Heinz Kamp, hat vor einer breiteren Debatte über eine atomare Bewaffnung Deutschlands gewarnt. Foto:DPA

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An diesem Montag ist der erste Atombombenabwurf über Hiroshima 73 Jahre her. Kurz vor dem Jahrestag regt ein deutscher Politologe eine Debatte über eine deutsche Atombombe an. Bisher hat er für seine Idee keine Anhänger gewinnen können. Im Gegenteil.

Der Sicherheitsexperte Karl-Heinz Kamp hat vor einer breiteren Debatte über eine atomare Bewaffnung Deutschlands gewarnt. „Bestimmte Fragen sind so sensibel, dass Sie alleine mit dem Nachdenken darüber mehr kaputt machen als sie Gutes tun“, sagte der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) der Deutschen Presse-Agentur. Damit reagierte er auf den Politikwissenschaftler Christian Hacke, der sich für eine Atommacht Deutschland als Konsequenz aus der schwindenden Verlässlichkeit von US-Präsident Donald Trump in der Nato ausgesprochen hat.

Hacke hatte mit einem Beitrag in der „Welt am Sonntag“ vor einer Woche in Fachkreisen eine Diskussion über eine Neuausrichtung der nuklearen Abschreckung in Europa ausgelöst, auf die bisher allerdings noch kein Politiker eingestiegen ist. Kamp hält schon die Debatte darüber für gefährlich. „Das Misstrauen, dass Sie mit dem Nachdenken über eine deutsche Atombombe bei Verbündeten und auch bei potenziellen Gegnern wie Russland erzeugen, ist immens groß und ist die Debatte nicht wert.“

Deutschland habe in vielen Formen und Foren verbindlich auf die Beschaffung von eigenen Atomwaffen verzichtet, zuletzt im Zwei-plus-Vier-Vertrag zur Wiedervereinigung Deutschlands. „Das heißt: Vertraglich kann Deutschland das gar nicht machen und politisch will es das auch nicht“, sagte Kamp. „Das Unsinnigste ist eine Debatte über deutsche Atomwaffen, weil sie keinen Nutzen, sondern nur Schaden bringt.“

Die nukleare Abschreckung der Nato liegt derzeit ganz in den Händen der Amerikaner, die in Europa Dutzende Atombomben stationiert haben, darunter inoffiziellen Angaben zufolge auch etwa 20 auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst im rheinland-pfälzischen Büchel (das „Atomwaffen A-Z“ dazu). Der BAKS-Präsident hält es grundsätzlich für unwahrscheinlich, dass die Europäer diese Aufgabe künftig selbst in die Hand nehmen. Nach dem Austritt Großbritanniens wird Frankreich die einzige Atommacht in der Europäischen Union sein. „Nach wie vor gilt die französische Grundüberzeugung, dass Atomwaffen eine rein nationale Angelegenheit sind und auch nur nationalen Schutz geben können“, sagte Kamp. „Deswegen sagen die Franzosen: Das Nukleare kann man nicht teilen – auch nicht mit einem Verbündeten.“

An diesem Montag jährt sich der erste Abwurf einer Atombombe auf die japanische Großstadt Hiroshima zum 73. Mal. Die Anti-Atomwaffen-Initiative ICAN, die im vergangenen Jahr mit den Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, warb aus diesem Anlass erneut für ein weltweites Verbot von Atomwaffen, das von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen unterstützt wird. Darunter ist aber keine einzige Atommacht und auch kein Nato-Staat.

Ican-Vorstandsmitglied Felix Werdermann nannte die Debatte über eine deutsche Atombombe „absurd“. „Diese Scheindebatte lenkt davon ab, dass die Bundesregierung derzeit mit ihrem Boykott des Atomwaffenverbots wichtige internationale Fortschritte in der nuklearen Abrüstung verhindert.“