Von der Asphaltwüste zum Kinderparadies: Schulhof in Kayl wird naturnah

Von der Asphaltwüste zum Kinderparadies: Schulhof in Kayl wird naturnah
 Foto: Lucien Montebrusco

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Ab der Schulrentrée 2020 werden die Kinder der Widdem-Schule in Kayl ihre Pausen nicht mehr im Schulhof, sondern in der „Holunderschule“ verbringen. Mit diesem pädagogischen Konzept wird dem grauschwarzen Asphalt des aktuellen Hofs den Garaus gemacht.

Es war der deutsche Lehrer und Landschaftsgärtner Heinrich Benjes, der sich Gedanken darüber machte, wie Schulhöfe und Spielplätze kindergerechter und naturnah gestaltet werden können. Sein unter dem Begriff „Holunderschule“ bekannt gewordenes und vermarktetes Konzept soll nun auch für die „Jongeschoul“ umgesetzt werden. Der Gemeinderat hatte im Juni 225.000 Euro für das Projekt mit einer gleichnamigen Firma im belgischen Sankt Vith genehmigt.

Dort, wo derzeit noch ein einsamer Basketball-Korb aus dem Asphalt hervorragt, werden bald Ballspielfeld, Tischtennis-Tische und Klettergeräte stehen, Sträucher und Bäume wachsen. Ein Chill-Bereich wird zum Entspannen einladen. In einer zweiten Phase wird auch der angrenzende, flächenmäßig weit größere Außenbereich der Betreuungs- und Bildungseinrichtung (SEA/„Maison relais“) entsprechend den Holunderschule-Prinzipien umgestaltet. Warum derlei kleine Revolution?

Wohlfühlen und Konfliktvorbeugung

Zu den Zielen des Schulentwicklungsplans der Gemeinde Kayl-Tetingen gehören mitunter das Wohlbefinden der Kinder und das Vorbeugen von Konflikten. Dem werden die Neugestaltung des Schulhofs auf Widdem und die Umsetzung des Projekts Holunderschule entsprechen, sagt Schöffin Viviane Petry („déi gréng“), die den Schulbereich verantwortet. „Als es darum ging, zu entscheiden, wie wir dies erreichen könnten, habe ich an die Holunderschule gedacht, weil ich das Konzept kannte und ganz interessant finde.“

Die Gründe: Lehrpersonen, Erzieher, Kinder und Eltern sind impliziert. „Was mir persönlich ganz wichtig ist“, so Petry. Auch die SEA/„Maison relais“ gehe den Weg, Demokratieverständnis bei den Kindern sehr früh zu fördern. Die Spielplätze werden übrigens naturnah gestaltet. Schließlich sehe der Schulentwicklungsplan auch den Respekt im Umgang mit der Natur vor, sagt Schöffin Petry. Und zu guter Letzt: Jedes Kind sollte sich auch während der Pausengestaltung wohlfühlen. Nur so sei es zum Lernen bereit.

Spiel und Lehre verbinden

Der neue Schulhof wird in verschiedene Zonen eingeteilt sein, sodass jedes Kind den Bereich finden kann, in dem es sich gerne aufhält. „Und da jedes Kind anders ist, andere Interessen und andere Bedürfnisse hat, sind die Zonen unterschiedlich gestaltet“, erklärt Petry – und nennt da etwa den Chill-Bereich. Da sei es ruhiger. Die Kinder könnten sich entspannen, etwas lesen, sich vielleicht Geschichten erzählen oder einfach vor sich hinträumen.

Zwischen Ballspielfeld, Chill-Zone und Kletterparcours bleibt noch reichlich Platz für Bäume und Sträucher, nicht nur im neuen Schulhof der „Jongeschoul“, der als Erster neu gestaltet wird. Der SEA-Bereich wird noch etliche weitere Überraschungen aufweisen. Petry nennt einen Barfußpfad und einen Kreativbereich. Die kleinen Gäste werden Materialien zum Spielen oder Basteln finden, und auch Rollenspiele gibt es. Im Zahlen-Garten sollen die logisch-mathematischen Fähigkeiten gefördert werden. Gepflanzt wird in Hochbeeten und Pflanzkörben, die einen Bezug zu den Zahlen haben. Anders als der Schulhof wird der Bereich bei der SEA/„Maison relais“ jedoch nach Schulende nicht öffentlich zugänglich sein.

Getreu den Kindeswünschen

So um Ostern beginnt die Umgestaltung des Schulhofs Knabenschule, sagt Petry. In der Schlussphase werden sich dann Kinder und Eltern an zwei Wochenenden insbesondere um die Begrünung der Anlagen kümmern.

Kinder, Eltern und Lehrpersonal waren seit Anbeginn an der Gestaltung des Schulgeländes beteiligt. Nachdem sich Firmenleiter Helmut Hahn aus St. Vith mit dem Schöffenrat getroffen hatte, besprach er das Projekt mit den Elternvertretungen und den Lehrern. Letztere bestimmten ihre Vertreter für die weiteren Planungssitzungen. Unterdessen stellten die Kinder in der Schule und im SEA ihre Wunschliste auf: ein Chill-Bereich, ein Platz fürs Ballspielen, Schaukeln, Kletterburgen, Rutschen, Wasser, Sand, Bäume und Sträucher. Und „verschlungene Wege“ müssten her, damit sie nicht immer unter Beobachtung stehen. Daher auch die Einteilung in verschiedene Zonen, so Petry.

Und da jedes Kind anders ist, andere Interessen und andere Bedürfnisse hat, sind auch die Zonen unterschiedlich gestaltet

Schöffin Viviane Petry („déi gréng“)

Grünes Licht vom Gemeinderat

Das Projekt fand bei den Eltern große Zustimmung. Allein deswegen weil sie eingebunden waren und die Ideen der Kinder berücksichtigt wurden. Und die Lehrerschaft? Das neue Konzept könnte immerhin eine zusätzliche Belastung bedeuten … Schließlich ist es leichter, eine große Fläche im Auge zu haben, als viele doch unübersichtliche Bereiche. „Das glaube ich nicht“, gibt sich Petry überzeugt. „Dadurch, dass der Schulhof neu gestaltet wird, wird es weniger Konflikte geben. Die Kinder werden sich wohler fühlen, weil sie während der Pausen das finden werden, was sie persönlich brauchen. Die einen wollen Bewegung, die anderen Ruhe. Kinder mit gemeinsamen Interessen werden zusammenfinden und vielleicht neue Freundschaften schließen.“

Wann mit der Umgestaltung des Bereichs SEA begonnen wird, ist noch ungewiss. Grünes Licht für geplante Ausgaben in Höhe von 140.000 Euro bekam der Schöffenrat vom Gemeinderat bereits am 2. Juli. Weitere Holunderschulen sieht die Agenda derzeit nicht vor. Der Hof der Tetinger Jean-Pierre-Nuel-Schule wurde bereits neu gestaltet. Der Pausenhof der sich im Bau befindenden neuen Faubourg-Schule ist bereits basisdemokratisch konzipiert worden. Auch hier wünschten sich die Kinder ein großes Ballspielfeld, einen Chill-Bereich und Klettermöglichkeiten.

Albert
28. Juli 2019 - 14.12

Mir hun fréier och an enger Asphaltwüste schéin gespillt. Et war fir eis en Paradies. Haalt op matt dem Quatsch schreiwwen.