Nach Massenprotesten der „gilets jaunes“: Macron gibt nach und kündigt Zugeständnisse an

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Dieses Mal soll es der große Wurf sein – und das muss es wohl auch: Präsident Macron geht einen großen Schritt auf die „Gelbwesten“ zu. Kann er dieses Mal ihre Wut bändigen und neue Krawalle verhindern?

Nach Massenprotesten geht der französische Präsident Emmanuel Macron einen großen Schritt auf die „Gelben Westen“ zu. Er kündigte am Montagabend in einer Rede an die Nation größere Zugeständnisse in der Sozialpolitik an. So solle es unter anderem auf Überstunden weder Steuern noch Sozialabgaben geben, kündigte Macron in einer Fernsehansprache an. „Wir wollen ein Frankreich, in dem man würdig von seiner Arbeit leben kann.“

Außerdem solle der Mindestlohn um 100 Euro pro Monat angehoben werden, sagte der französische Staatschef. Arbeitgeber sollten, wenn sie dazu in der Lage seien, ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen. Nach erneuten gewaltigen Krawallen und Ausschreitungen der Protestbewegung der „Gelben Westen“ am Wochenende stand der Präsident unter Zugzwang. Beobachtern zufolge handelt es sich um die bisher schwerste Krise seit Macrons Amtsantritt im Mai 2017.

Trotz Zugeständnissen neue Proteste?

Am Samstag waren wieder weit mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen, davon mindestens 10.000 in der Hauptstadt, um für mehr Steuergerechtigkeit zu demonstrieren. Es war das vierte Wochenende in Folge, an dem die Bewegung der „Gelben Westen“ in großem Stil zu Protesten aufgerufen hatte.

Macron hatte am Montagmorgen Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft im Elyséepalast empfangen. Der Präsident wollte bei dem Treffen mit Vertretern der großen Gewerkschaften, der Arbeitgeber sowie der Präsidenten der Nationalversammlung und des Senats Stimmen und Vorschläge hören, welche Antworten es auf die andauernden Proteste der „Gelben Westen“ geben kann.

In der vergangenen Woche hatte Macron sich mit öffentlichen Auftritten auffällig zurückgehalten. Stattdessen schickte er Premierminister Edouard Philippe vor. Der Ruf nach Antworten des Präsidenten wurde unterdessen immer lauter. Es ist bereits absehbar, dass die Zugeständnisse Macrons und der Mitte-Regierung von Premier Philippe nicht ausreichen werden. Die Forderungen der „Gelben Westen“ sind mittlerweile noch weitgehender – sie fordern unter anderem mehr direkte Demokratie. Für kommenden Samstag gibt es bereits neue Aufrufe zu Protesten.

Wirtschaft spürt die Auswirkungen der Proteste

Milliardenschwere Steuer- und Abgabenerleichterungen dürften Frankreich teuer zu stehen kommen. Eigentlich hatten die Franzosen Europa versprochen, die Staatsfinanzen zu sanieren und die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft einzuhalten. Frankreich droht nun, erneut die Drei-Prozent-Schwelle nicht einhalten zu können. Bisher sieht die Planung für 2019 ein Haushaltsdefizit von 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung vor. Erstmals seit 2007 lag Frankreich im Jahr 2017 mit einem Wert von 2,6 Prozent unter der Schwelle.

Am Montag halbierte die Banque de France die vorhergesagte Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts für das vierte Quartal. Diese liege nun nur noch bei 0,2 Prozent. Grund dafür seien Auswirkungen der Proteste der „Gelben Westen“. „Im November hat die aktuelle Bewegung die industrielle Produktion in verschiedenen Sektoren beeinflusst“, hieß es.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte im französischen Sender RTL davor, dass die Proteste auch ausländische Investoren verschrecken könnten. „Ich sehe die Auswirkungen, die das auf Ausländer hat, offensichtlich ist das nicht gut für die Attraktivität unseres Landes“, sagte der Minister. „Jetzt kommt es darauf an, dass wir diese Krise beenden und einfach Frieden und Harmonie zwischen den Franzosen finden können.“

Die Protestbewegung der „Gelben Westen“ hatte sich Mitte November angesichts geplanter Steuererhöhungen auf Kraftstoffe formiert. Dieses Vorhaben hat die Mitte-Regierung wegen der wochenlangen Proteste mittlerweile auf Eis gelegt. Die Forderungen der Demonstranten reichten jedoch schnell viel weiter – von Steuersenkungen über mehr Kaufkraft bis zum Rücktritt Macrons.

roger wohlfart
11. Dezember 2018 - 16.16

Den Aussagen eines einheimischen, leichtgewichten kommunalpolitischen Urgesteins zufolge, soll das Regieren in den letzten Jahren schwieriger geworden sein. In wieviel höherem Masse trifft das dann auf ein Land wie Frankreich zu ? Besonders wenn der Mann im Elysée sich als Sonnenkönig sieht und den Draht zum "ordinären" Volk total verloren hat. Nachdem er sich fast einen Monat lang in seinen Palast zurückgezogen hatte und nichts von sich hören liess, hat er sich endlich überwunden, an die Öffentlichkeit zu treten. Ziemlich kleinlaut, nichtssagend, viel Geschwafel, nichts Umwerfendes, keine wirklich konkreten Massnahmen in Aussicht stellend. Wen wundert's, dass solch ein Herrscher, der kein Gespür und kein Gehör für's Volk hat, auf einmal feststellt, dass das Regieren immer schwieriger wird. Besonders wenn er sich vorkommt wie Gott in Frankreich. Dieses Abgehobensein unserer poltische Klasse ist die Wurzel allen Übels. Das Volk reagiert, nicht mehr und nicht weniger!

Jacques Zeyen
11. Dezember 2018 - 8.49

Guter Tip zum Sparen . Holt die Militärflieger vom Himmel.Eine Halbierung der Tainingsflüge würde Millionen sparen.Pro Tag. Und Le Maire sollte wissen,dass ohne Einwilligung des Volkes keine Entscheidungen durchgesetzt werden können.Jedenfalls nicht ohne Widerstand.Und kriegsähnliche Zustände machen ein Land eben nicht attraktiv. Die Franzosen wollen von ihrem Gehalt leben können und zwar in Frankreich,nicht in Bangladesch. Die "En Marche"-Fraktion hätte sich die Lebensumstände im "Hinterland" ansehen müssen,bevor sie drakonische Maßnahmen gegen das Volk beschliesst. Frankreich ist nicht Paris oder Lyon oder Cannes.