Mehr als Spielwaren: Das Haus Lassner hat eine lange und wechselvolle Geschichte

Mehr als Spielwaren: Das Haus Lassner hat eine lange und wechselvolle Geschichte

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Eines der wenigen Spielwarengeschäfte in Luxemburg-Stadt ist Lassner Sports & Fun. Der Ursprung dieses Ladens reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Das historische Gebäude auf dem Knuedler entstand 1905.

Mit Fotos von Alain Rischard

Über den hohen Schaufenstern steht noch in gelben und grünen Kacheln der Name des Geschäfts geschrieben und von dem, was dort verkauft wurde: „Maison Veuve A. Lassner. J. Simonis-Lassner. Successeur. Lampes. Cristaux. Porcelaines.“ Das Lassner-Gebäude auf dem Knuedler mit seiner typischen Fassade aus der Belle Epoque ist eines der markantesten Gebäude der Oberstadt, auch wenn es heute zum größten Teil renoviert ist. Spielsachen, wie sie heute Lassner Sports & Fun verkauft, waren in der Gründungszeit des Geschäfts noch kein Thema. Die sollten erst in den 1930er-Jahren Teil des Warenangebots werden.

Die Firma Lassner ist wesentlich älter als das historische Gebäude. Das „A. Lassner“ an der historischen Fassade des Hauses steht für den Begründer der Dynastie in Luxemburg, Adolphe Lassner. Dieser kam Mitte des 19. Jahrhunderts aus Schlesien nach Luxemburg, um für Villeroy & Boch Porzellan zu bemalen. 1860 eröffnete er an der Ecke rue de la Reine/rue du Fossé, dort, wo sich heute die Sparkasse befindet, selbst ein Porzellangeschäft.

Erster Umzug

Bereits 1870 zog die Firma zum ersten Mal um, allerdings nicht weit: in die rue de la Reine Nummer 4. Ironie des Schicksals: Das heutige Geschäft Lassner Sports & Fun, das von Pierre Simonis, dem Urenkel des Gründers, geleitet wird, befindet sich gleich gegenüber, im Haus Nummer 3.

Nach dem Tod von Adolphe Lassner 1878 wurde der Betrieb von seiner Witwe Victorine Zinnen und den beiden Töchtern unter dem Namen „Vve A. Lassner“ weitergeführt. Als Victorine Zinnen verstarb, wurde die Firma kurz in „Lassner Soeurs“ umbenannt. Eine der Schwestern, Maria, heiratete 1890 Joseph Simonis. Auch dieser stammte aus einer Kaufmannsfamilie.

Nach der Heirat musste er sich entscheiden: entweder das Schuhgeschäft seiner Eltern weiterführen oder in das Gewerbe der Familie Lassner einsteigen. Er entschied sich für Letzteres. Dass seine Entscheidung richtig war, bewies der Erfolg des Hauses. Um 1895 wurde der Name in „Vve A. Lassner, J. Simonis-Lassner, Successeur“ umbenannt.

Bau auf dem Knuedler

Um 1900 standen die Bauplätze neben dem Knuedler zum Verkauf, die Familie griff zu und errichtete dort 1905 eines der markantesten Gebäude der Hauptstadt, ein typisches Haus der Belle Epoque. Erbaut wurde das Gebäude auf historischer Bausubstanz aus dem 16. Jahrhundert, nämlich auf Teilen eines Franziskanerklosters und eines Refugiums der Dominikanerinnen aus dem Marienthal. Der Gewölbekeller zum Beispiel stammt aus dem Jahr 1528.

Erd- und Zwischengeschoss waren dem Geschäftsbetrieb vorbehalten, im ersten Stock lebte die Familie Simonis, im zweiten später die Familie Hamilius. Emile Hamilius, der spätere Bürgermeister der Stadt Luxemburg, war ab 1930 Teilhaber im Geschäft und mit Jeanne Simonis verheiratet. In den 1920ern habe es auch eine Filiale in Esch gegeben, die aber nicht so gut gelaufen sei, erzählt Pierre Simonis. Die Verkäuferinnen hätten den Laden übernommen und seine Familie habe sich auf das Geschäft in der Hauptstadt konzentriert.

1920 übernahm Josephs Sohn, Paul Simonis, das Geschäft von seinem Vater. Im gleichen Jahr wurde sein Sohn Victor, vier Jahre später Pierre geboren. Sie verbrachten ihre ersten Lebensjahre in dem Haus auf dem Knuedler, bevor Paul Simonis mit seiner Familie in ein Haus in der rue Adolphe, die heute zum Viertel Hollerich gehört, umzog. „Damals hieß die Gegend dort Neu-Merl“, erinnert sich Pierre.

Zwangsrekrutierung

Der Zweite Weltkrieg stellte die Familie auf eine harte Probe. Am 30. August 1942 dekretierten die Nazis die Wehrpflicht in Luxemburg – zuerst nur für die Jahrgänge 1920 bis 1924, was jedoch bedeutete, dass sowohl Victor wie auch Pierre eingezogen wurden. Victor musste an die Ostfront, kam in russische Kriegsgefangenschaft, doch überlebte das Lager in Tambow und kehrte nach Ende des Krieges nach Luxemburg zurück.

Pierre Simonis wurde 1943 eingezogen. Für die Grundausbildung wurde er nach Berlin und nach Polen geschickt. Danach erhielt er zehn Tage Heimaturlaub. „Zu dem Zeitpunkt sind sie noch nicht so streng gewesen“, erinnert er sich. Sein Glück. Zurück in Luxemburg entscheidet der Vater, ihn nicht zurückgehen zu lassen, sondern schickt ihn mit falschen Papieren nach Frankreich. In der Auvergne findet er Unterschlupf und verdient sich anderthalb Jahre als Knecht auf einem Hof.

Während des Krieges sei das Geschäft nicht so gut gelaufen, weiß Pierre Simonis heute zu erzählen. Allerdings sei sein Vater nicht untätig gewesen: In einem Lagerhaus auf dem Fischmarkt versteckte er mehrere Wehrdienstverweigerer. In einem Raum, dessen Zugang hinter einem Regal mit Einmachgläsern versteckt war.

Verkauf des historischen Gebäudes

Nach dem Krieg arbeiteten die Brüder bei ihrem Vater im Unternehmen. 1963 musste der Geschäftspartner des Vaters, Emile Hamilius, aus Gesundheitsgründen sowohl seine politischen Ämter als auch seine Arbeit in der Firma aufgeben. Victor, Pierre und ihre Schwester Elisabeth kauften Anteile auf.

2006 verkaufte die Familie das Haus auf dem Knuedler. Die Frage: Weitermachen oder nicht? Wie der Zufall es wollte, stand der Laden, in dem sich früher der „Plackebuttek“ befanden, zur Miete. Pierre Simonis entschied sich dazu, noch weiterzuarbeiten. Vor etwa sechs Jahren verstarb sein Bruder. Der 95-jährige Pierre, der seit langem in Schrondweiler wohnt, fährt noch jeden Tag mit dem Bus in die Stadt und geht in sein Geschäft, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Außenfassaden erhalten

Das alte Lassner-Gebäude auf dem Knuedler wurde zwischen 2007 und 2009 vollkommen renoviert. Eine neue Stahlbetonkonstruktion wurde gebaut, nur die Außenfassaden wurden beibehalten. Einige der alten Mauern stammen noch aus dem 16. Jahrhundert, der Gewölbekeller aus dem Jahr 1528 ist ebenfalls noch erhalten. In den oberen Stockwerken befinden sich zwei Büroetagen, im Dachboden zwei Appartements.

In den Vitrinen im Erdgeschoss sind heute Aufkleber mit der Aufschrift „Bazaar“ angebracht, darunter in kleineren Buchstaben „maison Lassner“, etwas, was Pierre Simonis doch etwas aufregt. „Der neue Eigentümer hat zwar das Haus gekauft, aber nicht den Namen. Er kann ihn doch nicht einfach so benutzen.“

Mit „Bazaar“ sei übrigens kein Geschäft gemeint, sondern seinen Informationen zufolge ein Restaurant, das dort seine Türen öffnen will.

de Schmatt
2. September 2019 - 19.11

Ja, Lassner und Sternberg, 2 unvergessliche Spielwarenhäuser u.a. aus ferner Kinderzeit. Viele Kinder drückten sich an ihren Schaufenstern um die Nikolauszeit die Nase platt, wohlwissend, dass die elektrische Eisenbahn ein Traum blieb. So war es früher und heute leben die meisten im Überfluss. Über die elektrische Eisenbahn wird die Nase gerümpft!

jeff
29. August 2019 - 8.43

Dir must och richteg liesen: Mehr als Spielwaren!!!!!! Dat war jo enner aanerem eng Quincaillerie! Ech sin an den 70er meng Flijerbausätz dohin kaafen gang.An ech kann meche erenneren dass et do Läffelsgeschiir esouwei Porzellein,Telleren,etctec gin ass. Haut huet d'Haus e klengt Geschäft mat Spillsachen net weit vun der aaler Adress.Beim Lassner ass eng lass.An do mierkt een dass de Client nach Client ass.Net wei an denen modernen Geschäfter wou d'Ugestallten gelangweilt an null motive'ert d'Leit noutgedrongen mussen beroden.

Rudi
28. August 2019 - 18.32

Ja, da sieht man wie man mit Spielsachen das Geld der Leute in Paläste für die Inhaber verwandelte.