Ligurisches Roulette bei Mailand–Sanremo – Kann Sagan endlich siegen?

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Beim neunten Versuch will Peter Sagan am Samstag mit Hilfe von Jempy Drucker endlich Mailand-San Remo gewinnen. Das Rennen entlang dem ligurischen Meer wird oft mit einem Roulettespiel verglichen. Neben Sagan scheinen der Franzose Julian Alaphilippe, der Italiener Elia Viviani und der Kolumbianer Fernando Gaviria die besten Jetons in der Hand zu haben.

Von Petz Lahure

Kann Peter Sagan Mailand-San Remo endlich gewinnen? Diese Frage beschäftigt die Fans im Vorfeld der 110. Ausgabe des längsten klassischen Rennens, das neben der Ronde van Vlaanderen, Paris-Roubaix, Liège-Bastogne-Liège und dem Giro di Lombardia zu den fünf „Monumenten“ des Radsports gehört.

Achtmal schon war Sagan bei der „Classicissima“ (erster Beiname von Mailand-San Remo) am Start, sein bestes Ergebnis erzielte er 2013 und 2017 mit einem zweiten Rang. Bei seinem ersten Versuch (2011) hatte der Slowake den 17. Platz belegt, danach war er zweimal Vierter (2012, 2015), einmal Zehnter (2014), und 2016 gar nur Vierzehnter geworden, weil er auf der Zielgeraden durch den Sturz des impulsiven Kolumbianers Fernando Gaviria ausgebremst worden war.

Vor einem Jahr wurde Sagan Sechster

Vor einem Jahr, bei der 109. Auflage des 291 km langen Rennens entlang dem ligurischen Meer, kam Sagan auf den sechsten Rang. Dabei hatte es zuvor den Anschein, als ob er die Flucht seines früheren Liquigas-Mannschaftsgefährten Vincenzo Nibali begünstigen würde. Bei dessen Vorpreschen wackelte der dreifache Weltmeister kaum mit den Ohren. Er wollte nicht denselben Fehler wie im Vorjahr machen, als er sich bis auf die Via Roma verausgabt hatte, um dann von Michal Kwiatkowski den zweiten Preis in die Hand gedrückt zu bekommen.

Nibalis Attacke kam 2018 zu einem unverhofften Zeitpunkt. Meistens machen sich potenzielle „Primavera“-Gewinner erst im letzten Kilometer des Poggio auf und davon, der Italiener aber versuchte es schon 1.000 m früher. Am Ursprung der Entscheidung stand ein Vorstoß des starken Jempy Drucker, der Markus Burghardt in den ersten Hektometern des letzten Anstiegs konterte und eine Zeitlang mit Vorsprung in der Rampe unterwegs war. Erst als der lettische Meister Krists Neilands in seinem Sog Vincenzo Nibali mit nach vorne zog, musste Drucker passen.

Zum dritten Mal geht der Luxemburger heute an den Start von Mailand-San Remo. Beim ersten Versuch im Jahr 2016 verrichtete er Helferdienste für seinen Leader Greg Van Avermaet. Vor allem in der Cipressa warf er sich mächtig ins Zeug und hatte damit seine Aufgabe erfüllt. Drucker traf zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Manuel Quinziato in einem kleineren Peloton als 140. auf 12’53“ ein.

Drucker wie Kirchen?

Auch letztes Jahr stand Drucker (56. auf 1’02“) noch an der Seite von Van Avermaet, heute aber will er Sagan helfen, endlich auf die höchste Stufe des Podiums zu steigen. Neben den beiden geht Bora-Hansgrohe noch mit dem doppelten irischen Etappensieger von Paris-Nice, Sam Bennett, dem Polen Maciej Bodnar, dem Deutschen Markus Burghardt sowie den Italienern Oscar Gatto und Daniel Oss an den Start.

Vielleicht kann Drucker am späten Nachmittag dieselben Glücksgefühle erleben wie 2005 Kim Kirchen, der damals maßgeblich am Erfolg seines Fassa-Bortolo-Mannschaftskapitäns Alessandro Petacchi beteiligt war.

„Ich bin noch nicht in Topform“, ließ Sagan gestern aus dem Bora-Mannschaftsquartier am Gardasee verlauten. Mit Sicherheit will der Slowake sich von niemandem in die Karten schauen lassen, schon gar nicht von seinen schärfsten Rivalen Julien Alaphilippe, Elia Viviani oder Fernando Gaviria. Der Franzose, der nach den „Strade Bianche“ zwei Etappen von Tirreno-Adriatico gewann, gehört wie Sagan zu den schillerndsten Figuren der Radsportszene. Er ist imstande, sich auf jedem Terrain durchzusetzen.

Von der Distanz her (291 km) ist das Rennen identisch mit den Ausgaben von 2016, 2017 und 2018. Auch an den Anstiegen (Turchino-Pass, Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta, Cipressa, Poggio) änderte sich nichts. Weil die zeitweise geplante Steigung Pomeiana angeblich in Vergessenheit geriet, wartet ein Rennen auf die Fahrer, wie es klassischer nicht sein könnte. Zudem soll das Wetter mitspielen, denn sowohl in Mailand als auch in San Remo ist Sonne pur angesagt.