Fiasko auf dem Amselfeld: Die EU findet in ihrem Wartesaal auf dem Westbalkan immer weniger Gehör

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Das Bemühen der scheidenden EU-Kommission, Serbien und Kosovo zu einer Annäherung zu bewegen, ist kläglich gescheitert. Brüssel wäre gut beraten, künftig auch bei autoritär geführten EU-Anwärtern weniger auf die diplomatische Beschwichtigung der Machthaber denn auf klare Vorgaben und das Pochen auf die EU-Grundwerte zu setzen.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Ausgerechnet im Vorzimmer der EU konnte Russlands Präsident Wladimir Putin in dieser Woche Brüssel höhnisch die Leviten lesen. Als Vermittler des Dialogs zwischen Serbien und Kosovo habe die EU „wenig erreicht“, ätzte der Kremlchef bei seiner umjubelten Kurzvisite in Belgrad. Serbien sei ein „diszipliniertes Volk mit einer disziplinierten Regierung“, versicherte ihm derweil eilfertig sein Gastgeber und Amtskollege Aleksandar Vucic. Vor jeder Art einer Kosovo-Lösung werde er sich mit Putin beraten, beteuerte er die Loyalität des EU-Anwärters zu Serbiens vermeintlichen Kosovo-Schutzherren in Moskau: „Ohne Russland wird es keinerlei Einigung geben.“

Der von Serbiens Regierung organisierte Jubelaufmarsch für Putin ist genauso ein Indiz des Scheiterns des von Brüssel forcierten Zwangsdialogs zwischen den unwilligen Nachbarn wie die von Kosovo im vergangenen Monat erhobenen 100-Prozent-Zölle auf serbische Einfuhren: Die EU findet in ihrem Wartesaal kaum mehr Gehör.

Umgekehrt hat die EU-Erweiterung in den Mitgliedsstaaten ohnehin kaum mehr Konjunktur. Die drohenden Folgen eines harten Brexit, das mögliche Erstarken populistischer Kräfte bei den Europawahlen, das bevorstehende Stühlerücken in der Kommission und der Dauerclinch mit den USA: Die EU dürfte auch in diesem Jahr eher mit sich selbst als mit den gebeutelten Beitrittskandidaten in der Dauerwarteschleife beschäftigt sein.

Kosovaren brauchen immer noch Reisevisa

Nicht nur Russland, sondern auch China und die Türkei versuchen angesichts des erlahmenden Interesses des Westens, sich das entstandene Machtvakuum im EU-Wartesaal zunutze zu machen. Willig hatte die EU einst den Part des Geburtshelfers für den seit 2008 unabhängigen Kosovo übernommen. Doch seither lässt sie gegenüber dem isolierten Staatenneuling jegliche Konsequenz vermissen.

Kosovo wird international nicht nur durch serbisch-russisches Sperrfeuer blockiert: Auch fünf EU-Mitglieder haben den Staatenneuling noch immer nicht anerkannt.

Obwohl inzwischen selbst Georgier visumsfrei ins Schengen-Reich reisen können, stehen sich die Kosovaren trotz Erfüllung aller Auflagen noch immer vor den Konsulaten die Beine in den Bauch. Sang-, klang- und ergebnislos hat die millionenschwere EU-Rechtsstaatsmission Eulex 2018 ihre Arbeit eingestellt: Statt konsequent auf die Bekämpfung korrupter Strukturen zu drängen, setzte die EU auf die Kooperation mit den vertrauten Eliten.

Die Hoffnung auf einen Kosovokompromiss hat die EU-Partner auch gegenüber den autoritären Tendenzen in Serbien alle Augen zudrücken lassen. Dass ein Großteil des Brüsseler Abkommens von 2013 nie umgesetzt wurde, haben sich dessen Architekten auch selbst zuzuschreiben.

Weder vermochte Brüssel Kosovo zur Gründung des zugesicherten Verbands der Gemeinden der serbischen Minderheit zu bewegen noch Belgrad zur Einhaltung der Zusage, die EU-Annäherung der Nachbarn nicht zu behindern. Niemand werde Serbien vorschreiben, welche Politik es zu führen habe, verkündete Präsident Vucic beim Putin-Besuch. Doch kein Klub ist auch zur Aufnahme von Neu-Mitgliedern gezwungen, denen die Satzung nicht behagt. Wer nicht mag, der muss nicht.

Brüssel wäre gut beraten, auch bei autoritär geführten EU-Anwärtern künftig weniger auf die diplomatische Seelenmassage zweifelhafter Machthaber zu vertrauen, sondern wieder verstärkt auf klare Vorgaben, die EU-Grundwerte und die Stärkung der Zivilgesellschaft zu setzen.

Obèsix
20. Januar 2019 - 18.33

Die Osterweiterung war ein Fehler. Nach 70 Jahren Sowjetdiktatur will jeder seine Chance ergreifen. Korruption und mafiöse Tendenzen streben an die Macht. Sowie der zweitmächtigste Mann der Welt ein KGB-Mann ist,werden in diesen Ex-Sowjetenklaven ähnliche Figuren ihr Glück versuchen.Nur,sie sind EU-Mitglieder. Diplomatie mit der Brechstange.

roger wohlfart
20. Januar 2019 - 17.53

Wien nët wëllt, soll bleiwen wou en ass.. Wie mengt hie kënnt bestëmmen wéi, wéini an ënnert welche Konditiounen, soll ët si loossen. D'EU huet momentan Suerge genuch a kann op e weideren, importéierte Sträit an hire Reihe verzichten. De Brexit an deen onberechebaren Trump beschäftegen déi scheedend a nei EU Kommissioun völleg a genuch. " On a assez de pain sur la planche".