„Eine zweite Heimat gefunden“: Über die Spiele der kleinen Staaten nach Luxemburg

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Irfan Cekic und die Spiele der kleinen Staaten Europas, das ist eine ganz besondere Beziehung. Der Gewinn der Goldmedaille bei den Spielen 2013 in Luxemburg war für den Montenegriner gleichbedeutend mit dem Beginn seiner Tischtenniskarriere hier im Land, das er inzwischen als zweite Heimat bezeichnet.

Es war eines der Bilder der JPEE 2013: Nachdem er sich in einem spannenden Finale doch etwas überraschend mit 3:2 gegen den luxemburgischen Routinier Traian Ciociu durchgesetzt hatte, sprang Irfan Cekic aus dem Stand heraus auf die Tischtennisplatte und ließ sich feiern. Die Freude über die Goldmedaille war riesig, denn die Spiele in Luxemburg waren erst die zweiten JPEE, bei denen eine Delegation aus Montenegro teilnahm. Und gerade bei den Heimspielen der sonst so dominierenden FLTT-Athleten ganz oben auf dem Podium stehen zu können, war dann doch ein ganz besonderes Kunststück.

Immerhin gewann Luxemburg fünf der sechs Goldmedaillen bei diesen Spielen. „2011 in Liechtenstein stand ich Traian im Finale ebenfalls gegenüber, dort habe ich allerdings deutlich verloren. Die Erleichterung, zwei Jahre später für mein Land dann Gold zu gewinnen, war daher sehr groß“, blickt der inzwischen 25-Jährige auf die JPEE 2013 zurück. Dass es ihn nur ein Jahr später wieder zurück nach Luxemburg verschlagen würde, konnte der aus der Hauptstadt Podgorica stammende Montenegriner zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

 Drei Sachen

… die ich an Montenegro besonders mag:
1. Meine große Familie
2. Die Küsten und Berge
3. Dass man innerhalb einer Stunde vom Strand in den Bergen ist

… die ich an Luxemburg besonders mag:
1. Das strukturierte und ruhige Leben
2. Die Landschaft und Luxemburg-Stadt
3. Die Menschen

Obwohl Sport in Montenegro einen sehr hohen Stellenwert besitzt, wie Cekic erklärt, steht Tischtennis nicht unbedingt ganz oben in der Gunst der Zuschauer. Es sind vielmehr die Mannschaftssportarten Wasserball, Basketball oder auch Volleyball, die ein enormes Interesse genießen. Nummer eins ist allerdings der Fußball, wie er lachend zugibt: „Das ist bei mir auch nicht anders.“ Dass Cekic großes Talent für die Sportart mit dem 2,7 Gramm leichten Ball hat, war jedoch früh klar. In seiner Heimat arbeitete er bereits in jungen Jahren mit chinesischen Trainern zusammen. Um sich auf internationalem Niveau weiter verbessern zu können, ging er für ein Jahr nach Serbien: „Von meinen Trainern konnte ich sehr viel lernen, doch die Zeit in Serbien hat mich wirklich vorangebracht. Hier ist die Quantität an guten Spielern einfach größer. Gegen diese zu anzutreten und zu trainieren, war wichtig für meine Weiterentwicklung.“

Visumsprobleme

Mit gerade mal 18 Jahren traf Cekic schlussendlich die Entscheidung, Osteuropa Richtung Deutschland zu verlassen. In der zweiten Bundesliga Nord stand er ab 2011 für den SV Siek an der Platte, 2012 durfte sein Team sogar zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Meistertitel in dieser Liga feiern. Es war Cekic, der den entscheidenden Punkt für seine Mannschaft holte. In dieser Zeit trainierte der Montenegriner ebenfalls bei Werder Bremen (das sich um seine Ausbildung kümmerte) und hätte auch irgendwann einmal für den Bundesligisten antreten sollen. Doch nicht enden wollende Diskussionen um das Visum, mit einer zu der Zeit komplett überbelasteten Auslandsbehörde, machten Cekic einen Strich durch die Rechnung.

So verschlug es ihn dann schlussendlich nach Ettelbrück. Es waren die JPEE 2013, die auf beiden Seiten ein Interesse für ein Engagement geweckt hatten: „Ich war sofort begeistert von Luxemburg, von den Leuten hier, von der hohen Lebensqualität. Es war ein Traum, irgendwann hier spielen und leben zu dürfen.“ Nach drei Jahren im Norden des Landes und drei verlorenen Meisterschaftsfinals wechselte Cekic in der vorletzten Saison nach Howald, wo er nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer tätig ist. „Mit Tischtennis lässt sich nicht sehr viel Geld verdienen. In Howald bin ich als Spieler und als Jugendtrainer tätig, das ist schon ganz interessant. Wir haben dort wirklich eine professionelle Gruppe und ebenfalls viele Kinder im Verein.“

Cekic fühlt sich in Luxemburg pudelwohl

Denen verdankt es der Montenegriner auch, dass sein Luxemburgisch immer besser wird. Interviews versucht der bodenständige Athlet stets auf Luxemburgisch zu geben, oder wie er selbst sagt, eher in einem Luxemburgisch-Deutsch-Mix. Cekic fühlt sich im Großherzogtum jedenfalls pudelwohl und hat im nächsten Jahr auch die Möglichkeit, einen Luxemburger Pass zu beantragen: „Ich fühle mich schon irgendwie luxemburgisch, für mich ist Luxemburg zu meiner zweiten Heimat geworden. Den Pass werde ich auf jeden Fall beantragen. Dann würde auch das Reisen leichter werden.“

Doch auch wenn er als einer der stärksten Spieler in der hiesigen Liga gilt, hat er mit dieser immer noch eine Rechnung offen: „In all den Jahren in Luxemburg stand ich mit meinen Vereinen jedes Jahr im Finale, dreimal mit Ettelbrück und zweimal mit Howald, konnte aber nie die Meisterschaft gewinnen.“ Erst Anfang Mai musste sich das Team um den Montenegriner dem Titelverteidiger Düdelingen in der Best-of-three-Serie ein weiteres Mal geschlagen geben. „Ich werde den August nutzen, um in Serbien zu trainieren, denn ich spüre, dass ich nicht mehr das gleiche Niveau habe wie in meiner ersten Saison in Luxemburg und ich möchte unbedingt noch einen Titel gewinnen. Hier werde ich den Sommer über starken Sparringspartnern gegenüberstehen.“

An den Spielen der kleinen Staaten in seiner Heimat wird Cekic 2019 nicht teilnehmen: „Ein paar Tage vorher habe ich noch nicht so viel mitbekommen, Kontakt zur montenegrinischen Delegation habe ich keinen. Ich werde die JPEE aber von Luxemburg aus verfolgen und wer weiß, am Ende gewinnt vielleicht ja Traian“, schmunzelt der 25-Jährige. Auch wenn Montenegro zum ersten Mal die JPEE austrägt, ist sich der 25-Jährige sicher, dass eine gute Stimmung herrschen wird. „Es sind natürlich nicht die ganz großen Nationen, gegen die man bei den JPEE antritt. Doch die Leute vor Ort wissen sehr wohl, was die Kleinstaatenspiele sind und werden ihre Sportler auf jeden Fall unterstützen, auch wenn die Tischtennishalle wohl eher nicht ausverkauft sein wird. Dafür werden die Ränge beim Schwimmen oder den Mannschaftsportarten sicherlich voll sein.“

Nach Hause verschlägt es Cekic dennoch jeden Sommer. In diesem Jahr wird er im Juli die Familie, u.a. seine vier Schwestern, in Podgorica besuchen. Die Familie könnte auch ein Grund sein, irgendwann wieder zurückzukehren: „Ich habe eine große Familie, die ich schon sehr vermisse. Man weiß nie, wo das Leben einen einmal hinführen wird.“


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