Süchtig nach Dividenden

Süchtig nach Dividenden
(Tageblatt/Fabrizio Pizzolante)

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Die Dividendenstrategie ist ein Klassiker unter den Investmentstrategien. Der Sparer investiert direkt in ein Unternehmen und wird dafür mit einem Anteil am Gewinn belohnt, läuft aber Gefahr, dass das Unternehmen keinen Gewinn macht

Mit einer Dividendenstrategie erzielt man eine Rendite zwischen fünf und sechs Prozent. Das ist mehr, als derzeit mit Anleihen zu erzielen sind. Investoren, die sich für Bonds entschieden haben, müssen derzeit aufgrund von Zinserhöhungen Kursabschläge verbuchen.

Eine Tatsache, die nur zu vernachlässigen ist, wenn die Anleihe bis zu ihrem Verfallstag gehalten wird. Das sagt Jörg de Vries-Hippen, Chief Investment Officer für Europäische Aktien bei RCM und Manager der Allianz Europe Equity Dividend Strategie.

Strategisch vorgehen

Doch auch für Dividenhungrige gibt es einiges zu beherzigen. Der Aktienexperte malt das genaue Bild eines Unternehmens, von dem er sich eine hohe Dividende erwartet.
Erst einmal gilt es zu beobachten, wie viel Gewinn eine Firma in der Vergangenheit an die Aktionäre verteilt hat. „Wenn eine Aktie eine Dividende zahlt, aber weniger als die Hälfte ihres Gewinnes ausschüttet, dann kann man erwarten, dass sie noch einmal eine Dividende zahlt“, sagt De Vries.

Als dann hält der Fachmann Ausschau nach bestimmten Produkten. Tabak zum Beispiel sei ein Feld, in das er investiere, sagt Vries. Die zweitgrößte Position in seinem Portfolio ist ein Tabakkonzern. Tabak generiere einen schönen Cashflow, sagt er und ist sich dabei bewusst, dass dies die Frage nach der Moral aufwirft. Er bringt sie selbst zur Sprache. Am Ende, so De Vries, rauchen die Menschen freiwillig. In Waffen z.B. würde er in keinem Fall investieren.

Erdöl-Produkte

Und noch ein Produkt mit einem abhängigen Kundenkreis kennt er: Erdöl. Das Unternehmen Seadrill z.B. ist in der Förderung tätig und wird zudem von einer Familie kontrolliert, die großen Wert auf ihre Dividende legt. Ein anderes Familienunternehmen, auf das er schwört, ist die Schmuck-Kette „Bijoux Brigitte“.

Dieses Unternehmen sei eigentlich ein Logistikkonzern, sagt de Vires. Die Kette kaufe Schmuck ein, verpacke ihn um, nur um ihn dann teurer zu verkaufen. „Stabile Unternehmen in stabilen Feldern mit etablierten Produkten“, so lautet das Rezept für eine nachhaltige Dividende sagt er. Und zu diesen Feldern gehört seit kurzem auch die Telekommunikationsbranche mit all ihren Neuerungen. Genannt sei hier nur das iPhone, das man ohne Problem in die Kategorie der Produkte mit hohem Suchtcharakter einräumen kann.

Vorsicht angebracht

Doch nicht jedes Unternehmen, das in dieses Schema passt, ist für die Allianz-Experten ein lohnendes Ziel. Erheblich mitbestimmend ist das Land, in dem das Unternehmen sitzt und damit die Gesetzgebung sowie das gesellschaftliche Umfeld.

Nestlé beispielsweise wäre im Prinzip ein idealer Kandidat, sagt De Vries. Der Schweizer Lebensmittelkonzern hat mit seiner Nespresso-Kaffeemaschine ein stabiles Modeprodukt geschaffen. Allerdings sitze Nestlé in der Schweiz, bemängelt De Vries. In der Schweiz wiederum sei es gängig, Dividenden durch Aktienrückkäufe zu substituieren.

Besondere Lieblingsregionen

Eine Technik, für die De Vries nicht allzu viel übrig hat. Gleiches gelte für die USA, wo Aktienrückkäufe besonders häufig seien, da steuerfrei. Besondere Lieblingsregionen für Dividendenhungrige seien Europa und Australien, sagt de Vries.
Europa sei dabei gleich Europa, lediglich Großbritannien steche hervor. Hier habe das Investieren und die Dividende eine besondere Stellung, da die Briten um sich eine Rente zu sichern, selbst Geld anlegen müssten, so De Vries. In Australien seien es vor allem die Rohstoffe, die interessant seien.

Den Weg nach Down Under müsse man deswegen aber nicht machen, erklärt er. Die Werte seien in der Regel auch in London an der Börse erhältlich.
Auf dieses Schema versteifen sich die Allianz-Experten dennoch nicht allzu sehr. Wenn sie auch einzelne Sektoren wie den Bankensektor meiden, so fänden sich doch auch immer wieder „Einzelkämpfer“, sagt De Vries.

Fast sechs Prozent Rendite

Eine schweizerische Kantonalbank hat es ihm angetan. Bei dieser bestimmten Bank hätten die Aktionäre schon 2006 beschlossen, dass das Finanzhaus nur sichere Geschäfte eingehen darf. Dies bedeute in der Schweiz vor allem Immobilienkredite.

Waren Immobilienkredite in den USA ein gewichtiges Element in der Entstehung der Weltwirtschaftskrise, so seien diese in der Schweiz ein sicheres Geschäft. Immobilien seien sehr wenig beliehen, sagt de Vries, und Kredite steuerlich äußerst günstig.
De Vries hat kein Problem damit, als konservativ zu gelten. Von komplizierten Derivaten mag er nichts hören: „Ich möchte sehen, dass Dividenden kommen und keine angenommenen“, sagt er. Sein Fonds ist deshalb nur mit Aktien ausgerüstet. „Der Kunde soll ein erklärbares Finanzprodukt kaufen“, so De Vries.
Im März 2009 sei sein European Equity Dividend Fund aufgelegt worden. 5,67 Prozent Dividenden Rendite habe er generiert. Dazu kämen noch potenzielle Kurssteigerungen.

Einen nicht ganz so klassischen Trick gibt es dann doch noch. Um eine relativ hohe Rendite erwirtschaften zu können, investiert De Vries in einen relativ kleinen Korb von Werten. 35 Positionen zählt sein Fonds im Moment. Nur jene Aktien, von denen er die höchste Rendite erwartet.