Regulierung sorgt für schlaflose Nächte

Regulierung sorgt für schlaflose Nächte
(Tageblatt/Pierre Matgé)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wieder einmal wurde die „ALFI Spring Conference“ von einem alles beherrschenden Thema überschattet: der Regulierungswelle, die auch die Fondsindustrie trifft.

Zweimal im Jahr findet in Luxemburg auf dem Kirchberg ein Gipfeltreffen der Fondsindustrie statt. Zweimal im Jahr versammeln sich Fachleute von nah und fern, um gemeinsam Vorträgen zu lauschen, Visitenkarten auszutauschen und in den Gängen des Konferenzzentrums neue Kontakte zu knüpfen und alte zu pflegen. Zweimal im Jahr heißt es in Luxemburg ALFI-Konferenz.

Wo stehen wir bei Fatca?

„Fatca“ bezeichnet ein neues US-Steuergesetz, das 2013 in Kraft treten soll. Ziel der USA ist es, Menschen, die in den Staaten steuerpflichtig sind, weltweit zur Kasse zu bitten. Von Investmentfonds weltweit wird eine umfangreiche Berichterstattung verlangt. Für jeden Kunden sollen die Fonds nachweisen, ob er in den USA steuerpflichtig ist oder nicht. In dem umfangreichen Informationsaustausch sehen einige Länder ihre Datenschutzgesetze verletzt. Sie versuchen deshalb, mit den USA bilaterale Abkommen zu erreichen. Die Nationalen Behörden sammeln dann die verlangten Daten und treten sie an die USA ab.

KPMG Fatca-Experte George Bock sieht darin keinen Gewinn. Jedoch würden viele es eher vorziehen, mit den Behörden ihres Landes zu arbeiten als mit denen der USA. Bock wirft jedoch die Frage auf, wie nun global agierende Finanzinstitute verfahren sollen, wenn in einigen der Länder, in denen sie aktiv sind, bilaterale Abkommen existieren und in anderen nicht. „Selbst wenn es in all diesen Ländern bilaterale Abkommen gäbe, sind dann 25 verschiedene Verträge wirklich besser als nur einer?“, fragt er.

Luxemburg hat Kontakt mit den US-Behörden aufgenommen und untersucht,
ob ein EU/US-Abkommen möglich ist, bevor es den bilateralen Weg einschlagen will.

Auch warte man ab, wie die ersten von anderen Ländern mit den USA geschlossenen bilateralen Verträge tatsächlich aussehen, so Bock.

Volcker-Regel

Als Herzstück der Bankenreform in den USA gilt die vom ehemaligen Vorsitzenden der amerikanischen Zentralbank (Fed), Paul Volcker, aufgestellte Regel. Diese Regel besagt: „Finanzinstitute sollen ihre spekulativen Anlagegeschäfte auf Kundenaufträge beschränken und dürfen selbst keine riskanten Positionen zu Spekulationsgeschäften auf eigene Rechnung eingehen.“

So gelöst die Stimmung in den Gängen auch sein mag, die Vorträge sind es nicht. Das dort verwendete Vokabular orientiert sich an Horrorfilmen: Tsunami, Lawine, Depression.

Allgegenwärtige Regulierung

Wenn die Vertreter der Fondsindustrie diese Worte benutzen, dann kann es sich derzeit nur um ein Thema drehen: Regulierung. Zwischen 20 und 25 von diesen Regulierungen, die derzeit auf den Schreibtischen der Politiker liegen, bereiten auch Camille Thommes, dem Direktor des Luxemburger Fondsverbandes ALFI, Kopfschmerzen – zwei aber besonders.

Zum einen ist da die Volcker-Regel, ein Teil des weitergehenden Dott-Frank-Gesetzes, das gerade in den USA entsteht. Diese Regel beschränkt den Handel von Banken, die in den USA aktiv sind. Sie dürfen bestimmte Fonds nicht mehr halten.

Die Regeln hätten eine, so Thommes, „unangemessen extraterritoriale Reichweite“. Zudem benachteiligt die Volcker-Regel den europäischen Exportschlager Ucits. Im Gegensatz zu den amerikanischen „Mutual fonds“ würden sie unter die Volcker-Regel fallen.

„Wir haben die Krise nicht ausgelöst“

Der europaweite Fondsverband hat reagiert und eine Beschwerde an die US-Regierung gerichtet. Eine von 17.000, die in Washington eingegangen sind. Die USA, so Thommes, hätten sich vorgenommen, sie alle zu untersuchen. Er hoffe darauf, dass die für Juli anstehende Entscheidung, ob die Regel nun in Kraft tritt oder nicht, wenigstens vertagt wird.

Fast mehr noch als Volcker bereitet der Fondsindustrie aber eine andere, diesmal europäische Regel Kopfschmerzen: die Finanztransaktionssteuer.

Die Finanztransaktionssteuer

Demnach soll auf Kauf und Verkauf von Finanztiteln eine Steuer erhoben werden. Die Sätze sollen, wenn die Steuer sich durchsetzt, 0,01 Prozent bei Derivaten und 0,1 Prozent bei Aktien und Obligationen betragen. „Wir halten nichts von dem Argument, dass die Finanztransaktionssteuer die Märkte verbessert, wenn sie nicht weltweit eingeführt wird“, so Thommes. Die europäische Fondsindustrie fürchtet um ihre Konkurrenzfähigkeit – und fühlt sich ungerecht behandelt. „Die Investmentfonds-Industrie war nicht schuld an der Finanzkrise und musste nicht mit öffentlichen Geldern gerettet werden“, so Thommes.

Er sagt ernsthafte Einbußen beim Verkauf von europäischen Fonds außerhalb des Kontinents voraus, sollte die Steuer eingeführt werden. In Zahlen bedeute die Steuer für den Ucits-Sektor insgesamt eine Belastung von 38 Milliarden Euro. Nicht nur werden die Transaktionen in einem Fonds, also die Zukäufe und Verkäufe von Wertpapieren, besteuert, sondern auch die Verkäufe von Fondsanteilen an sich.

Luxemburg dagegen

Besonders in Sektoren, in denen kleinste Marktbewegungen ausgenutzt werden, richte die Steuer großes Leid an. „Das würde die Geldmarktfondsindustrie abtöten“, so Thommes.

Am Dienstagmorgen haben sich auch die EU-Finanzminister im Rahmen des Ecofin-Rates zur Transaktionssteuer beraten. Die dänische Präsidentschaft hat in diesem Rahmen festgehalten, dass weiterer Analysebedarf besteht. Auch sollen alternative Regelungen näher untersucht werden. Luxemburg stellte sich gegen die Steuer, sieht sich aber einer starken Front von Befürwortern gegenüber. Darunter auch Frankreich und Deutschland.