Keine „echte“ Kryptowährung: Facebooks Libra-Projekt schürt unter Netzgemeinde Skepsis

Keine „echte“ Kryptowährung: Facebooks Libra-Projekt schürt unter Netzgemeinde Skepsis

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Facebooks Libra-Projekt sorgt nicht nur in der klassischen Finanzweltfür  Stirnrunzeln – auch bei den Vordenkern für Kryptowährungen und Blockchain- Technologie stoßen die Pläne des US-Internetriesen für einen eigenen digitalen Bezahlkosmos auf Skepsis.

„Darf ich diejenigen um Handzeichen bitten, die nicht bereit sind, Libra zu nutzen?“, fragte etwa vergangene Woche der Moderator bei einer Veranstaltung der Londoner FinTechWeek. Das Misstrauensvotum unter den rund hundert Experten fiel eindeutig aus: Zwei Drittel hoben ihre Hand. Auch für Helen Disney, Gründerin der auf die Verbreitung der Blockchain-Technologie spezialisierten Firma Unblocked Events, überwiegen die Zweifel – vor allem darüber, wer Libra überwacht und reguliert.

Die Leute seien „besorgt darüber, wie die Kontrolle wohl funktionieren wird“. „Die Community für Kryptowährungen ist in ihrem Denken sehr libertär“, betont Disney. Es gehe darum, „die Macht dem Volk zu geben, die Demokratisierung des Finanzwesens zu erreichen und Großbanken und Unternehmen, die die Wirtschaft kontrollieren, fernzuhalten“.

Tatsächlich wurde die bislang bekannteste Kryptowährung Bitcoin 2009 aus der Idee geboren, eine von Staaten, Zentralbanken und der Geldpolitik unabhängige Währung zu erschaffen. Denn anders als bei klassischen Währungen muss der Zahlungsverkehr in Bitcoin nicht von einer zentralen Stelle bestätigt werden. Damit die Korrektheit trotzdem garantiert ist, führt vereinfacht gesagt die gesamte Nutzergemeinschaft des Digitalgeldsystems ein gigantisches Kontenbuch. In dieser dezentralen Datenbank, der sogenannten Blockchain, werden die Daten kryptografisch verschlüsselt.

Partnerfirmen

Anders als der Bitcoin soll Libra weitaus weniger dezentral sein. Mit an Bord sind bei dem Projekt neben der neugegründeten Facebook-Finanzdiensttochter Calibra rund 100 Partnerfirmen – von den Zahlungs-Schwergewichten Visa, Mastercard und Paypal bis hin zu den Fahrdienstvermittlern Lyft und Uber. Um auf dem Smartphone die Ersatzwährung, deren Stabilität durch die Bindung an einen Korb staatlicher Währungen wie Euro und Dollar garantiert werden soll, zu nutzen, müssen Nutzer eine digitale Geldbörse installieren. So einfach wie eine SMS soll das Abwickeln von Zahlungen sein, wirbt Facebook für Libra.

Bei Notenbankern steigt die Sorge davor, dass Facebook durch die Deckung von Libra durch Staatsanleihen zu einem gewaltigen Gläubiger von Staaten werden könnte. Bei der Netz-Avantgarde steht hingegen angesichts der jüngsten Skandale bei Facebook und Kritik an den Partnerunternehmen auch der Datenschutz im Fokus.

Disney erhofft sich von Libra hingegen, dass die Debatte über die Einrichtung von klaren Spielregeln an Fahrt gewinnt. James Bennett von der Beratungsfirma Bittassist warnt davor, Bitcoin und Libra in einen Topf zu werfen. „Auf lange Sicht dürften die Leute realisieren, dass Libra keine Kryptowährung ist“, sagt er. „Eine echte Kryptowährung sollte widerstandsfähig gegenüber Angriffen von allen Akteuren sein, von souveränen Staaten bis hin zu globalen Konzernen.“