Griechenland verhökert Inseln

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Um die maroden Staatsfinanzen wieder in den Griff zu bekommen, plant die griechische Regierung den Verkauf einiger Inseln und schön gelegener Strand-Areale.

Sheelah Kolhatkarund Jim Ruane

Interessenten gibt es genügend, von Milliardären aus Kasachstan bis hin zu Investoren aus Monaco. In der griechischen Bürokratielandschaft müssen sich potenzielle Investoren allerdings auf Hürden einstellen, die an die Leiden des Sisyphus erinnern.

Ein Beispiel: Kurz nach Ostern 2008 sprach Antoine Maalouf im Büro der griechischen Tourismusministerin Fani Palli-Petralia wegen des Kaufs einer kleinen Insel vor. Die Idee Maaloufs, des Leiters der Investmentgesellschaft MMC Group aus Monaco, war einfach. Seine Investoren-Gruppe würde für 120 Millionen Euro die vier Quadratkilometer große Insel im Saronischen Golf kaufen und mit den verbleibenden Mitteln einen Themenpark im Las-Vegas-Stil daraus machen. Die Insel, die von den Fischern die Esel-Insel genannt wird, ist nur eine kurze Bootsfahrt von Athen entfernt.

Geplant war, darauf Kasinos zu errichten, Golfplätze, Luxus-Unterkünfte für 50.000 Besucher und einen Hafen für Tausende von Yachten. Den Bau eines Luxushotels würde Donatella Versace übernehmen. Insgesamt sollte das Projekt 8.000 Arbeitsplätze schaffen, zu einer Zeit, als das Land händeringend versuchte, die hohe Arbeitslosigkeit abzubauen.

„Ich wollte nur schwarz auf weiß haben, dass mich die Regierung beim Weg durch den irrwitzigen Bürokratie-Dschungel unterstützt“, sagt Maalouf. Als Antwort erklärte Palli-Petralia daraufhin, dass die griechische Regierung den Plan voll unterstütze und er ihren Segen habe. „Bekomme ich also eine schriftliche Bestätigung?“, hakte Maalouf nach. „Wie bitte?“, fragte Palli-Petralia. „Sie vertrauen der Regierung Griechenlands nicht?“

Tatsächlich kam niemals eine Bestätigung und das Entwicklungsprojekt ist mittlerweile gestorben. Nur eines der Opfer der bürokratischen Lähmung und institutionalisierten Korruption, gegen die Ministerpräsident Giorgos Papandreou versprochen hat, vorzugehen.

Der Schuldenberg von Griechenland dürfte bis 2012 auf 400 Milliarden Euro anschwellen. Angesichts monatlicher Tilgungen von vier Milliarden Euro kündigte Papandreou beim Weltwirtschaftsforum in Davos an, Vermögenswerte verkaufen zu wollen. Der wertvollste Besitz der Griechen sind ihre 6.000 sonnenüberfluteten Inseln.

Auch wenn die meisten Inseln in privatem Besitz sind, profitiert der Staat vom Verkauf durch Steuern, Folge-Aufträge für die Bauwirtschaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Impulse für den Tourismus.

Letztlich ist der Staat an jedem einzelnen Schritt einer solchen Verkaufstransaktion für Inseln beteiligt, von der Autorisierung des Geschäfts über die Festlegung aller Details des Kaufvertrags bis hin zur Festlegung des Kaufpreises und der Bestimmung, wer was kaufen darf. Trotz der Unterstützung von Papandreou ist es in diesem Jahr noch zu keinem Insel-Verkauf gekommen. Neben den bürokratischen Hürden gibt es auch häufig Probleme, den eigentlichen Besitzer des Landes herauszufinden. „Es laufen heute noch Gerichtsverfahren wegen Landstreitigkeiten, die ins Jahr 1838 zurückreichen“, sagt Stratis Stratigis, der Maalouf bei seiner Patroklos-Offerte rechtlich beraten hat. „Wir haben immer noch kein Grundbuchamt“, sagt der ehemalige Generalsekretär im griechischen Wirtschaftsministerium.

1994 hatte die EU Griechenland zwar fast 60 Millionen Euro zur Schaffung eines solchen Amtes überwiesen. Dann jedoch forderte die EU einen Teil der Zuschüsse zurück und die Kosten explodierten von 1.300 Euro auf 30.000 Euro je Quadratkilometer, wie Petros Doukas, ein früherer stellvertretender Finanz-und Außenminister des Landes, erklärte.

Ein Beispiel für die besondere Art der griechischen Verkaufsgepflogenheiten bietet auch die Insel Agia Triada („Heilige Dreifaltigkeit“), auf der die Beatles einmal geschlafen haben und die sie dann kaufen wollten. Sie versuchten drei Jahre lang vergeblich, die Insel von Besitzer Sophocles Papanikolaou zu kaufen.

Gegenüber potenziellen Käufern erklärt sich die Kirche bereit, bei der Bewältigung der bürokratischen Hindernisse zu helfen, wenn der Käufer dafür auf der Insel des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes eine Kapelle errichtet. „Wenn man, egal auf welchem Stück Land, ein Haus bauen will, muss man nur eine Kirche bauen und die Erzdiözese stellt eine Baugenehmigung aus“, sagt Katerina Samaropoulou von A. Samaropoulou & Associates. „Das Haus wird dann ein ‚xenona‘, ein Gemeinde-Gästehaus. Der Swimmingpool das ‚kolibithra‘, das Taufbecken. Steuern fallen keine an.“

Der offizielle Kaufpreis für die Insel beträgt 20 Millionen Euro – es sei denn, man fragt bei der Steuerbehörde nach. Diese bewertet die Insel nur mit 1,5 Millionen Euro. Wenn also ein Käufer gefunden wird, wird ein Vertrag an die Steuerbehörden geschickt, in dem 1,5 Millionen Euro aufgeführt sind, für die dann neun Prozent Steuern anfallen. An dem tatsächlichen Kaufpreis von 20 Millionen Euro, über den die Steuerbehörde informiert ist, ändert das nichts.

Wer eine Insel kaufen will, braucht neben Geld auf jeden Fall viel Zeit. „Acht Ministerien, von Kultur bis hin zu Verteidigung, sind in den ersten Schritt beim Kauf einer Insel involviert“, sagt Samaropoulou. „Wenn man dann von allen acht die Zustimmung hat, kehrt man zurück zum Finanzministerium, um herauszufinden, ob dieses die Insel nicht selbst haben will.“

Für Nicht-EU-Bürger kommen noch eingehende Untersuchungen des Verteidigungsministeriums hinzu, ob sie im Falle einer türkischen Invasion nicht eine Bedrohung für Griechenland darstellen würden. „Wir reden hier von etwa 2.500 offiziellen Lizenzen und Genehmigungen, bevor ein Verkauf abgeschlossen werden kann“, erläutert Samaropoulou weiter. (Bloomberg)