Der Pass bleibt in der Garderobe

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Der Notenbank-Gouverneur der Luxemburgischen Zentralbank, Yves Mersch, hat in einem Interview mit der italienischen Zeitung La Stampa eine klare Position zum Aufkauf von Anleihen durch die Europäische Zentralbank bezogen.

„Wenn wir beobachten, dass unsere Interventionen durch einen Mangel an nationaler Anstrengung unterminiert werden, dann müssen wir uns die Frage stellen, ob wir den Mangel an nationalen Reformen nicht sogar fördern, sagte Mersch in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Stampa, das am Sonntag veröffentlicht wurde. „Wenn die Europäische Zentralbank zu der Auffassung gelangt, dass die Bedingungen, die zu einem Ankauf von Anleihen geführt haben, nicht länger bestehen, dann kann sie jederzeit ihre Haltung ändern. Wir reden dauernd darüber“, antwortete Mersch auf die Frage, ob die EZB den Ankauf italienischer Anleihen stoppen würde, wenn es in Italien nicht zu Reformen käme. Die Europäische Zentralbank soll derzeit Anleihen aus Krisenstaaten im werte von 100 Milliarden Euro besitzen. Die Mehrheit davon soll aus Italien kommen.

Die EZB war in die Kritik geraten, weil sie begonnen hatte, italienische Staatsanleihen aufzukaufen. Nach dem Ankauf der Anleihen hatte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi die angekündigten Reformen in seinem Land zurückgeschraubt. Kritiker der Aktion, insbesondere in Deutschland, hatten geschlossen, dass die Ankäufe italienischer Anleihen geradezu eine Einladung an Rom gewesen seien, die Reformanstrengungen zurück zu fahren.

Keine Feuerwehr für Politiker

Die Europäische Zentralbank sei nicht dazu da, der Kreditgeber der letzten Hilfe für die Eurozone zu sein, damit die ihr Schuldenproblem löse. Er zeigte sich besorgt, dass die Aufgabe der Zentralbank schwieriger zu erfüllen sei, weil Staaten ihre Hausaufgaben nicht machten. „Unser Job ist es nicht, die Irrtümer der Politiker zu heilen“, sagte der Chef der luxemburgischen Zentralbank.

Mersch nahm ebenfalls unmissverständlich zu der Auseinandersetzung um die Vertretung Frankreichs im Zentralbankrat Stellung. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte den italienischen Vertreter Lorenzo Bini Smaghi aufgefordert, sein Amt aufzugeben, damit Frankreich dessen Sitz übernehmen könnte. Sarkozy ist verärgert darüber, dass Italien nun zwei Mitglieder im Rat der EZB hat und Frankreich keines. „Smaghi verfügt über ein Mandat von acht Jahren. Der Geist der Verträge zu EZB geht dahin, dass jedes Mitglied des Rates seinen Pass in der Garderobe abgibt, wenn es an Sitzungen des Rates teilnimmt“, sagte Mersch.