Leichtathletik / David Fiegen: Optimismus für neuen Anlauf ab Mai

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Entgegen seinen Gewohnheiten hatte David Fiegen, 800-m-Vize- Europameister von 2006, in diesem Winter eine Hallen-Saison geplant. Zu lange währte die Zeit ohne Wettkämpfe nach den alles andere als nach Wunsch verlaufenen beiden letzten Jahren. Claude Clemens

Entgegen seinen Gewohnheiten hatte David Fiegen, 800-m-Vize-Europameister von 2006, in diesem Winter eine Hallen-Saison geplant. Zu lange währte die Zeit ohne Wettkämpfe nach den alles andere als nach Wunsch verlaufenen beiden letzten Jahren.

Claude Clemens

Doch aus privaten Gründen, über die sich der 24-jährige Escher nicht in der Öffentlichkeit äußern möchte – ein Wunsch, den das Tageblatt respektiert –, wurde auch daraus nichts. Der Luxemburger fehlt demnach bei der heute beginnenden Hallen-EM in Turin. Im Tageblatt-Interview gibt er einen Einblick in seine Gemütslage.

Tageblatt: Hallo David, wie geht es dir?
David Fiegen: „Es geht mir eigentlich relativ gut. Das Training läuft so, wie ich es mir vorstelle, ‚Boboen‘ habe ich auch keine zu beklagen.“

„T“: Immer nur Training, keine Wettkämpfe: Kriegst du nicht langsam einen „Trainingskoller“?
D.F.: „Nein, ich verkrafte das relativ gut, versuche auch Abwechslung in den Trainings-Alltag zu bringen. Letzte Woche habe ich in Marseille trainiert, das tat gut. Natürlich will ich immer Rennen laufen, aber im Moment geht das halt nicht. Wenn man sieht, dass man Fortschritte macht, ist es auch auszuhalten.“
„T“: Wie schwer fiel dir die Absage der Hallen-Saison?
D.F.: „Eigentlich gar nicht schwer. Als ich eine für mich persönlich sehr schlechte Nachricht erhielt, habe ich phasenweise fast gar nicht mehr trainiert. Dazu waren die Trainingsmöglichkeiten nicht ideal, die Coque stand nicht immer zur Verfügung, einmal bin ich bis nach Metz gefahren. Die ganze Situation ging mir ziemlich auf den Senkel, da fiel es wirklich nicht so schwer. Dabei war ich im Dezember im Trainingslager in Portugal ganz gut drauf; wieder zurück zuhause war es, als ob ein Kartenhaus zusammenfallen würde.“
„T“: Mit wem trainierst du eigentlich im Moment?D.F.: „Nur mit David Karonei (seit 2001 Fiegens Trainingspartner, in Luxemburg ansässig; stammt aus Kenia, Antrag auf Naturalisierung ist gestellt, d.Red.). Das Projekt der internationalen Trainingsgruppe liegt im Moment etwas auf Eis, aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben. Es war immer ein Hin und Her mit den anderen kenianischen Athleten, es ging mal um Geld, mal um andere Meinungen bezüglich des Trainings oder der Wettkampf-Planung. Dazu kommt natürlich das Konkurrenz-Denken, es ist nicht mehr unbedingt im Sinne eines Kenianers, einem zu starken 800-m-Läufer zu ‚helfen‘. Wir haben Kontakte in die USA, das könnte interessant werden, wäre aber nur für den Sommer.“
„T“: Wohl keine einfache Situation für dich. Im November 2008 sagtest du in einem Interview, nach der Olympia-Absage auch schon mal ans Aufhören gedacht zu haben. Geht dir das momentan auch manchmal durch den Kopf?
D.F.: „Die Peking-Absage war natürlich sehr hart. Zu der Situation kam, dass ich doch von einigen Leuten enttäuscht war. Als ich das alles verdaut hatte, kam aber die Energie wieder, um neu anzufangen. Die Motivation kehrte zurück, das Training machte wieder Spaß. Ich habe auch im Moment keine Motivationsprobleme, lege viele Kilometer zurück, mache viel Krafttraining. Allerdings bin ich zurzeit auch gesund; wenn ich krank oder verletzt wäre, ‚wéisst ech net, wat …’“

„T“: Siehst du eine realistische Chance, wieder an dein Leistungsvermögen aus dem Jahr 2006 heranzukommen?
D.F.: „Ja. Das eine gute Rennen 2008 (Rehlingen, d. Red.) war ganz okay, obwohl es so früh in der Saison war. Von der Zeit her war es ein sehr guter Saisoneinstieg. Das hatte mir sehr gut gefallen, die Trainingsleistungen davor waren auch gut. D.h., eigentlich habe ich so etwas wie das, was mir nun bevorsteht als Herausforderung, schon mal gemacht. Natürlich muss ich wieder in Rennen reinfinden, das Gefühl und den Rhythmus wiederbekommen. 2008 bin ich ohne viel ‚Zinglabum‘ eine 1.46 gelaufen. Ich bin zuversichtlich, dass ich wieder in diesem Zeit-Bereich in eine Saison einsteigen kann, um mich anschließend zu steigern.“

„T“: Ist in so einer „wettkampflosen“ Zeit nicht fast gezwungenermaßen auch Raum, um an die Zeit nach dem Sport zu denken? An die berufliche Zukunft?
D.F.: „Natürlich. Ich bin seit zwei Jahren dabei, meine Vorbereitungen zu treffen. Das ist mir sehr wichtig, im Sport verdienst du keine Millionen. Ich habe Vorstellungen, die ich versuche umzusetzen.“
„T“: Die Hallen-EM vor dem TV-Gerät, wird das nicht „wehtun“?
D.F.: „Nein, ich werde mir bewusst wohl gar nichts anschauen. Das fällt nicht so schwer wie wenn man sich kurz vor einem Saison-Höhepunkt verletzen würde.“

„T“: Ist der Auftakt der Freiluftsaison schon geplant?
D.F.: „Das wird wohl relativ früh im Mai sein. Womöglich beginne ich wieder mit den 600 m in Pliezhausen, um früh einen Kick zu haben. Denn Anfang Juni sind schon die Militär-Weltmeisterschaften in Sofia und die JPEE in Zypern. Da habe ich mich noch nicht festgelegt. Vorher will ich auch noch ein-, zweimal zu einem Lehrgang. Vielleicht nach Portugal, wie immer, aber Marseille wäre auch eine Alternative.“

„T“: Kurz zusammengefasst: Bei dir herrscht momentan Optimismus vor, allen Widrigkeiten zum Trotz?
D.F.: „Im Großen und Ganzen ja. Ich habe nun einige Monate verletzungsfrei durchtrainiert, wenn ich jetzt noch das Trainingsvolumen steigere … Nur auf meine linke Achillessehne (die Verletzung von 2007, d. Red.) muss ich etwas aufpassen. Das merkt man doch, wenn man an der schon einmal etwas hatte. Aber das gehört eben dazu.“

DAVID FIEGEN ZEITRAFFER

o 2006: Nach verkorkstem Jahr 2005 im Januar Abschluss der Grundausbildung in der Armee zum Eintritt in die Elitesportler-Sektion +++ voller Einstieg ins Training +++ zweimal Landesrekord gelaufen, knackt 1.45-Minuten-Barriere auf den 800 m (1.44.96) +++ mit dieser Zeit Nr. 5 in Europa, Silber bei der EM in Göteborg ist trotzdem Sensation +++ nach der EM noch mal Landesrekord: 1.44.81

o 2007: keine Hallen-Saison +++ 1.000-m-Lauf in Esch im Mai +++ keine weiteren Rennen mehr wegen Verletzung an der Achillessehne

o 2008: keine Hallen-Saison +++ steigt mit Sieg und persönlicher Bestzeit über 600 m in Pliezhausen in die Saison ein (18. Mai) +++ gewinnt 800 m in Rehlingen und schafft souverän Olympia-Norm in 1.46.03 (24. Mai) +++ Anfang Juni zwei durchwachsene Golden-League-Rennen in Berlin und Oslo +++ gesundheitliche Probleme, sagt Anfang August Olympia-Teilnahme wegen Virusinfektion ab

o 2009: entgegen Gewohnheit Hallen-Saison geplant, wegen langer Wettkampf-Abwesenheit +++ Januar: Trainingsrückstand aus privaten Gründen +++ Februar: doch keine Hallen-Saison +++ Einstieg in die Freiluft-Saison für Mai geplant