Die Marathon-BilanzErich François: „Die Strecke hat sich bewährt“

Die Marathon-Bilanz / Erich François: „Die Strecke hat sich bewährt“
Am 20. Mai 2023 wird der nächste Marathon-Startschuss erfolgen Foto: Luis Mangorrinha/Le Quotidien

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In den Gassen der Hauptstadt erinnert am Montagmorgen nicht mehr viel an die Marathon-Atmosphäre vom vergangenen Samstag. Organisator Erich François und sein Team haben bei den Aufräumarbeiten in der LuxExpo eine kurze Pause eingelegt, um auf ein gelungenes Sportfest zurückzublicken. Das Datum für die nächste Ausgabe steht bereits fest.  

Tageblatt: Die 15. Ausgabe des ING Night Marathon Luxembourg ist Geschichte. Wie viel haben Sie vom sportlichen Teil mitbekommen?

Erich François: Für uns ist der Marathon noch nicht Geschichte … Wir sind noch bei der Aufarbeitung. Bis Mittag musste die LuxExpo leergeräumt sein. Ein paar persönliche Gegenstände sind verlorengegangen und wieder aufgetaucht, die Urkunden müssen noch verschickt werden. Das dauert noch eine Zeit lang. Ich selbst habe bereits mit Sponsoren telefoniert und mich bei ersten Helfern bedankt. Um zur Frage zurückzukommen: Ich habe eigentlich fast nichts mitbekommen. Ich war nicht einmal da, als der Sieger ankam. Ich habe erst später erfahren, dass er so schnell unterwegs war. Der ist einfach ohne Pacemaker auf sich alleine volles Risiko gelaufen. Ich muss am Marathon-Abend ja eigentlich die Gesamtkoordination übernehmen und Feuer löschen, wenn es brennt. Es ist ein riesiger Organismus, mit über 2.000 Leuten im Einsatz. Wenn da auch nur ein Prozent schiefgeht, kann alles kaputtgehen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, direkt vor dem Start noch einmal die ersten 100 Meter abgehen zu müssen. Zum Glück habe ich es getan – denn genau dort stand noch ein Gitter falsch.

Was war das schönste Kompliment, das Ihnen diesmal gemacht wurde?

Es gab viele von ehemaligen Wegbegleitern. Sie meinten, dass es toll sei, dass wir es noch einmal gewagt hätten. Josy Simon (89 Jahre, letzter Marathon-Finisher) sagte mir, er habe die Strecke genossen. Es gab viele Komplimente und es ist schwer, eines hervorzuheben. Ich fand es jedenfalls toll, dass auch ehemalige Mitarbeiter der Stadt Luxemburg in ihrer Freizeit ausgeholfen haben. 

Wie sind die Ergebnisse zu bewerten, mit u.a. zwei Trail-Spezialisten als beste Luxemburger? 

Es ist ja bekannt, dass unsere Strecke nicht die einfachste ist. Früher haben wir auf Marathon-Messen unser Streckenprofil versteckt und nur rausgegeben, wenn jemand explizit danach gefragt hat. Mittlerweile ist die Werbestrategie anders: Unser Marathon ist für Leute, die es können. Hier werden keine Weltrekorde gelaufen. Der Luxemburg-Marathon lebt von seiner einmaligen Stimmung. Wir haben also einen anderen Fokus. Es geht bei uns ums Durchhalten. Die Zeit von Ezekiel Kiprop Koech (2:15:44) ist irre. Damit hatte keiner gerechnet. Wir hatten ja bewusst keine Topathleten verpflichtet und wussten seit Monaten, wen wir auf der Rechnung haben müssten. Ich habe ihn gestalkt. Er hat in Münster gewonnen. Dass er aber so eine Leistung auf dieser Strecke abrufen konnte, ist unfassbar. Er hat viel Talent. Auch beim Halbmarathon habe ich das Ergebnis nur durch Zufall mitbekommen. Die Zeit von 1:07 ist wirklich enorm. Das lag aber auch daran, dass sich eine Gruppe von Leuten gebildet hatte, die sich nicht kannte – und sich alles abverlangt hat. Die haben sich richtig fertiggemacht.

Die Strecke war diesmal aufgrund der neuen Passagen auf dem Limpertsberg, Philharmonie und Mudam noch anspruchsvoller als in den Jahren davor. Wie kamen die Neuerungen bei den Athleten an?

Sehr gut. Viele meinten, es wäre jetzt ein wunderschöner Parcours. Für die ganz Schnellen ist der Limpertsberg natürlich eine harte Nuss gewesen. Das nimmt ihnen den Rhythmus. Aber dieser Teil der Stadt ist speziell. Anders als in Berlin, wo es kaum Marathon-Touristen aus dem Ausland gibt, ist das in Luxemburg anders. Hier kommen 70 Prozent der Teilnehmer aus dem Ausland. Luxemburg hat einfach so viel zu bieten, das muss man den Menschen zeigen.

Aufgrund der veränderten Strecken verteilten sich die Zuschauer in diesem Jahr über längere Passagen. Wie viele Menschen wurden letztlich entlang der Straßen gezählt? 

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich fand es interessant, dass in den Außenbezirken viel mehr los war als sonst. Normalerweise gehören Merl und Belair zu den sogenannten „toten“ Ecken, wo man ruhiger laufen kann. Das war diesmal nicht der Fall. Aber es gab ja auch einen Grund für all diese Veränderungen. Wir wussten bei den Planungen nicht, wie es um Corona stehen würde. Bei dieser Strecke wäre nämlich auch ein Start in Wellen möglich gewesen. Die Musikgruppen und Hotspots waren verteilt. Wenn wir aus der Pandemie raus sind, können wir wieder verdichten. 

Gab es nach zwei Absagen trotzdem auch ein paar organisatorische Anlaufschwierigkeiten oder kurzfristige Probleme?

Die gibt es immer. Einer meiner Mitarbeiter berichtete mir, er habe am Samstag 315 Anrufe erhalten. Das ist verrückt. Aber bei einem Marathon kann sich der kleinste Fehler komplett durchschleichen. Ob das ein falscher Wasseranschluss oder Probleme mit einem Stromkabel sind – es müssen schnelle Lösungen gefunden werden. Ich fahre die Strecke an den Tagen vorher immer wieder ab, um zu sehen, ob es nicht doch noch irgendwo Bauarbeiten oder Probleme gibt. 

Die Zahlen des CGDIS sprechen von 68 Einsätzen, darunter einem Schwerverletzten. Handelte es sich um einen Teilnehmer? 

Man hat mir noch nichts berichtet und auf Nachfrage hin konnte man mir beim CGDIS nichts sagen. Diese Zahl ist eigentlich sehr gering. Als es 2018 und 2019 so heiß war, lagen wir bei 120. Aber das können auch Blasen oder Krämpfe sein. Zum Glück gab es keinen Herzinfarkt oder ähnliches. Das ist auch der Grund, warum man auf unserer Strecke bei Kilometer 15 noch entscheiden kann, ob man den Ganzen laufen will, oder doch in Richtung Halbmarathon abbiegt. Das sind meist zwischen 10 und 15 Prozent. Generell landen dadurch weniger Leute im Lazarett. 

Hat das Interesse am Marathon eingebüßt?

Absolut nicht. Die Marathon-Teilnehmerzahl ist stabil geblieben. Die meisten Verluste gab es beim Halbmarathon und dem Team-Run. In den Firmen wurde weniger trainiert. Statt gemeinsam in der Mittagsstunde laufen zu gehen, saßen die Leute zu Hause vor dem Computer. Marathonläufer sind dagegen schon viel länger dabei, sich vorzubereiten. 

Da wären wir also bereits bei der nächsten Ausgabe. Was ist für die 2023er Edition geplant?

Da bin ich dran … 20. Mai 2023. Die Strecke hat sich bewährt, ich hoffe aber, dass wir dann wieder über den Knuedler laufen können. 

Immer auf Achse: Erich François<br />
Immer auf Achse: Erich François
 Archivbild: Gerry Schmit