Ein Sprinter … oder doch Cancellara?

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Mit Mailand-San Remo steht am Sonntag der erste große Klassiker der Radsaison auf dem Programm. Am Start des fast 300 km langen Rennens sind mit Laurent Didier und Bob Jungels auch zwei Luxemburger. Die ganz großen Favoriten heißen Peter Sagan, John Degenkolb und Fabian Cancellara.

„Mailand-San Remo ist mit einer Champagnerflasche vergleichbar“, sagt Fabian Cancellara, einmal Sieger am Lungomare Italo Calvino (2008), zweimal Zweiter (2011 hinter Matthew Goss, 2012 hinter Simon Gerrans) und einmal Dritter (2013 hinter Gerald Ciolek und Peter Sagan). „Du schüttelst und schüttelst, und wenn du die Flasche entkorkst, spritzt es in alle Himmelsrichtungen. Dabei ist nicht sicher, dass es den Richtigen trifft.“

Beim längsten Klassiker der WorldTour, der am Sonntag über 294 km von Mailand nach San Remo führt, wird das Rad der Zeit um sieben Jahre zurückgedreht.

Die Organisatoren, die das Rennen durch den Anstieg der „Pompeiana“ erschweren wollten, mussten dieses Vorhaben sein lassen, weil Geröllmassen die Überquerung des Berges unmöglich machten. Nicht im Streckenprogramm ist auch der „Maniè“, so dass die Konkurrenten dieselbe Strecke vorfinden wie 2007, als sich der dreifache spanische Weltmeister Oscar Freire durchsetzte.

Mailand-San Remo 2014 ist demnach ein gefundenes Fressen für die Sprinter, von denen bis auf Marcel Kittel (der nicht selektioniert wurde, um John Degenkolbs Chancen zu erhöhen) und Tom Boonen (der nach Hause zurückkehrte, weil seine Freundin Lore eine Fehlgeburt erlitt) alle am Start sind.

Der Einzige, der auf dem Papier imstande scheint, den Leuten mit den schnellen Beinen dazwischenzufunken, ist Fabian Cancellara. „2008, als ich gewann, wussten die andern, dass man mir keine 10 m lassen darf. Am Ende genügte mir ein Meter. Warum also soll ich das Kunststück von damals nicht wiederholen können? Mailand-San Remo ist ein nervöses Rennen, man muss wachsam sein, denn es gibt immer wieder Stürze. Nur wer viel Kraft hat, kann auf den schmalen Straßen entlang des Ligurischen Meers den Überblick und die Ruhe behalten. Ich jedenfalls bin topfit.“

Letztes Jahr musste sich „Canci“ Überraschungssieger Gerald Ciolek und Peter Sagan beugen. Strömender Regen, zeitweise sogar Schnee, und eisige Kälte hatten die Fahrt aus der lombardischen Hauptstadt an die italienische Riviera zu einem Trip für Hartgesottene gemacht. Am Turchino-Pass lag Schnee, das Rennen wurde für zwei Stunden neutralisiert. Gegen Peter Sagan war Fabian Cancellara auf der Zielgeraden chancenlos. Zur großen Überraschung aber wurde der Slowake auf den letzten Metern vom U-23-Weltmeister von Salzburg, Gerald Ciolek, überholt.

Didier und Jungels, zwei junge Helfer

Auch am Sonntag dürften die klimatischen Bedingungen nicht einladend sein. Es wird mit Wind und Regen während fast des ganzen Rennens gerechnet. Um Cancellaras Chance zu erhöhen, will die Trek-Mannschaft auf den ersten 240 km volles Tempo fahren. Dafür wurden u.a. auch Laurent Didier (Startnummer 223) und Bob Jungels (225) in die Mannschaft eingebaut. Von beiden, die ihre Premiere bei der „Classicissima“ erleben, wird während der ersten fünf bis sechs Rennstunden volles Engagement (eventuell sogar in der „échappée matinale“) verlangt. Ob sie das Ziel in San Remo erreichen, ist für die Teamleitung Nebensache.

„Mit Laurent Didier, Bob Jungels, Eugenio Alafaci und Fabio Felline habe ich mit Absicht vier junge Fahrer selektioniert“, sagt Trek-Manager Luca Guercilena. „Sie sollen das Klassiker-Handwerk von der Pike auf lernen. Cancellara kann mit Jaroslaw Popowitsch, Grégory Rast and Hayden Roulston aber auch auf drei bewährte Spezialisten zurückgreifen.“

Die Vorentscheidung fällt ab km 241. Zu bewältigen sind nacheinander die drei „Capi“ (Mele, Cervo, Berta), die Cipressa und der Poggio. Vom letzten Anstieg bis ins Ziel sind es 6,2 km; früher, als die Ankunft noch auf der legendären Via Roma stattfand, waren es 550 m weniger. Beim Schlusssprint ist Wachsamkeit oberstes Gebot, denn einen halben Kilometer vor dem Strich muss eine scharfe Linkskurve gemeistert werden. Wer dort bestens rauskommt, der hat den Sieg schon halb in der Tasche …

Die Fakten zum Rennen

• Erstauflage: 1907. Sieger war der Franzose Lucien Petit-Breton. Morgen Sonntag kommt es zur 105. Auflage.

• Rekordsieger: Eddy Merckx (Belgien) mit 7 Erfolgen (1966, 1967, 1969, 1971, 1972, 1975, 1976).

• Palmarès der letzten Jahre: Gerald Ciolek (2013), Simon Gerrans (2012), Matthew Goss (2011), Oscar Freire (2004, 2007, 2010), Alessandro Petacchi (2005), Filippo Pozzato (2006), Fabian Cancellara (2008), Mark Cavendish (2009).

• Virtueller Start: am Sonntag um 10.00 Uhr in Mailand beim Castello Sforzesco, offizieller Start um 10.10 Uhr in der Via della Chiesa Rossa.

• Ankunft: zwischen 16.50 und 17.30 Uhr in San Remo auf dem Lungomare Italo Calvino.

• Strecke: 294 km. Hauptschwierigkeiten: Turchino (km 143,5), Capo Mele (km 241,8), Capo Cervo (km 246,9), Capo Berta (km 254,7), Cipressa (km 272), Poggio di San Remo (km 287,9)

• Am Start: 25 Mannschaften mit 200 Fahrern, darunter mit Lucien Didier und Bob Jungels auch zwei Luxemburger.

• Trek Factory Racing startet mit folgenden Fahrern: Fabian Cancellara (221), Eugenio Alafaci (222), Laurent Didier (223), Fabio Felline (224), Bob Jungels (225), Jaroslaw Popowitsch (226), Gregory Rast (227), Hayden Roulston (228). Teammanager: Luca Guercilena.

• Wettquoten: Sagan 3; Cavendish 5; Degenkolb 7; Greipel 14; Cancellara 14; Gilbert 16, Gerrans 20; Démare 22; Modolo 25; … Ciolek 35; … Jungels 400.

• Wetter: Regen beim Start in Mailand (10 Uhr, 11 Grad), Regen am Turchino (13.40 Uhr, 7 Grad), heiter bis wolkig, ev. Regenschauer am Nachmittag in San Remo (gegen 17 Uhr, 12 Grad).

• Direkte Fernsehübertragung: ab 14.30 Uhr bei La 1, ab 14.00 Uhr bei Eurosport.