ItalienRechte wollen weiter Neuwahlen, aber vieles deutet auf nächste Conte-Regierung hin

Italien / Rechte wollen weiter Neuwahlen, aber vieles deutet auf nächste Conte-Regierung hin
Viele Mikros vorm Mund, aber keine Neuwahlen vor der Nase: Italiens rechter Ex-Premier Salvini Foto: AFP/Filippo Monteforte

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In Italien hat die Politik am Sonntag weiter nach einer möglichen Drittauflage der Regierung unter dem zurückgetretenen parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte gesucht. Die Chancen für Conte stehen nicht schlecht.

Zwei Tage noch hat Abgeordnetenpräsident Roberto Fico Zeit, Staatspräsidenten Sergio Mattarella einen Vorschlag für eine neue Regierung zu präsentieren. Die Chancen stehen indes nicht schlecht. Neben den Parteien der gerade zerfallenden Koalition aus Demokraten, Fünf Sternen, Italia Viva und LeU haben sich auch die kleineren parlamentarischen Gruppen für eine Fortführung einer politischen Regierung entschieden. Hoffnungen, dass Giuseppe Conte ein drittes Kabinett bilden kann, wachsen.

Nach den Konsultationen mit allen Parteien hat Staatspräsident Sergio Mattarella zügig auf die Bildung einer neuen Regierung gedrängt. Um Explosivität aus den Verhandlungen zu nehmen, beauftragte der Präsident nicht den bisherigen Amtsinhaber Giuseppe Conte mit den Sondierungen, sondern die Nummer 3 im Staate, Abgeordnetenhauschef Roberto Fico.

Der Fünf-Sterne-Politiker hatte sich aus den Querelen der vergangenen Wochen herausgehalten und gilt als ruhiger und besonnener Verhandler. Bereits nach den ersten beiden Konsultationstagen am Wochenende deuten sich Erfolge an: Die Parteien der bisherigen Parlamentsmehrheit wie auch die kleinen unabhängigen Gruppierungen erklärten ihren Willen, eine politische Regierung ins Leben zu rufen. Weder Neuwahlen noch eine technische Administration brächten die Lösungen der dringenden Probleme des Landes mit sich, so der Grundkonsens der ersten Verhandlungsrunden.

Die Politiker der beiden stärksten Koalitionspartner, Bewegung 5 Sterne (M5S) und der sozialdemokratische Partito Democratico (Pd), sprachen sich für die Bildung einer Regierung unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte aus. Zustimmung kam auch vom dritten Koalitionspartner Liberi e Uguali (LeU, Freie und Gleiche).

Auch der frühere Regierungs- und Pd-Chef Matteo Renzi erklärte seinerseits Bereitschaft, mit den bisherigen Koalitionspartnern wieder zusammenarbeiten, und erklärte, er sei „stets loyal“ gewesen und habe lediglich inhaltlich mehr Klarheit und Transparenz der Conte-Politik gefordert. Der Rückzug seiner Minister, so betonte Renzi wiederholt, sei nur erfolgt, weil er keine Antworten des Regierungschefs auf seine dringenden Fragen nach der Verwendung der EU-Hilfsmittel erhalten habe.

Kleine Gruppen sind für Conte

Die inhaltlichen Fragen werden letztlich auch über eine neue Regierung und den Erfolg der Fico-Mission entscheiden. Renzi kündigte an, er sei bereit, über den Einsatz der EU-Rettungsgelder, einen Plan zur Fortsetzung der Impf-Kampagne und den Anti-Coronamaßnahmen, über den Haushalt sowie über Fragen der Bildungs- und Schulpolitik zu diskutieren. Nur wenn man in diesen noch strittigen Fragen Einigkeit erziele, könne er sich eine Rückkehr in die Koalition vorstellen.

Am Sonntag traf Roberto Fico auf die Vertreter der kleineren parlamentarischen Gruppen. Nach dem Treffen erklärte Ricardo Merlo, Vertreter der Auslandsitaliener, sowohl seine Gruppe als auch die der sprachlichen Minderheiten und Europafreunde seien bereit, ein „Legislaturprogramm mit einer Giuseppe-Conte-Regierung“ zu unterstützen. 

Die Tendenzen für eine Neuauflage der Conte-Regierung scheinen also nach bisherigem Stand positiv zu sein. Parlamentspräsident Fico räumte jedoch ein, dass es in einer zweiten Konsultationsrunde noch viele Fragen zum Regierungsprogramm zu klären gebe. Um diese zu lösen, bleiben den Verhandlern noch 48 Stunden.

Staatspräsident Mattarella setzte große Hoffnungen in die Verhandlungen der Mehrheitsparteien. Eine Regierung der „nationalen Einheit“ oder ein sogenanntes „Ursula-Kabinett“ (angelehnt an den großen Kompromiss, der zur Wahl Ursula von der Leyens als EU-Chefin führte) hielt das Staatsoberhaupt nicht für erfolgversprechend.

Mitte-Rechts indes zweifelt die Entscheidung des Präsidenten mit schweren Vorwürfen an. Sie sei eine rein politische, die Mitte-Links begünstige, der Präsident habe damit seine neutrale Position verlassen, hieß es vor allem aus den Reihen der Fratelli d’Italia, die dringend Neuwahlen forderten.