IslamismusCorona löst bei Fundamentalisten widersprüchliche Fantasien aus

Islamismus / Corona löst bei Fundamentalisten widersprüchliche Fantasien aus
Keine zwei Meter: Gläubige im islamischen Gottesdienst in Karachi am 27. März. Foto: Asif Hassan / AFP

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Islamische Fundamentalisten sind sich nicht ganz einig, ob Corona eine zionistisch-amerikanische Verschwörung, die Strafe Gottes oder ein Muslimen vorbehaltener Weg ins Paradies sei.

Covid-19 ist ein gefundenes Fressen für Extremisten aller Art. Endlich wieder Stoff zum Aufwärmen alter Verschwörungstheorien oder Endzeitszenarien, an die sich Heilsversprechungen für die wahrhaft Gottesfürchtigen knüpfen lassen. Die Realität neigt dazu, solche Geschichten ad absurdum zu führen. Was der Fantasie eines aufrechten Fundis wie Jamil Al-Mutaw aber keinen Abbruch tut. Der im Gazastreifen predigende Hamas-Imam verkaufte seinen Glaubensbrüdern das Virus als Verbündeten im Kampf gegen Israel: „Dieses Virus ist ein Soldat Allahs! Seht, wie leer ihre (die israelischen; Anm.) Straßen sind und wie überfüllt diese Moschee ist. Wer hat uns beschützt und ihnen geschadet? Allah!“ Das war am 20. März, einen Tag, bevor in Gaza die erste Corona-Infektion bestätigt wurde.

Aber auch dafür ließe sich eine ins islamistische Weltbild passende Erklärung erfinden. Sie könnte vom im US-Exil lebenden Muslimbruder Bahgat S. kommen, der Infizierte als Teil von Allahs Corona-Armee betrachtet. „Wer grippeähnliche Symptome hat, sollte seinen ‚Freunden‘ einen Besuch abstatten, die für die Regierung von (Ägyptens Präsident) Abdel Fattah Al-Sisi arbeiten“, empfahl der Ägypter in einem inzwischen nicht mehr abrufbaren Video, welches das in Washington ansässige Middle East Media Research Institute (Memri) ausgewertet hat. Er fügte hinzu, dass er, sollte er an Corona erkranken, zum ägyptischen Konsulat in New York gehen und die dort arbeitenden Menschen infizieren werde. Das FBI nahm derartige Drohungen ernst und warnte die Polizei, dass infizierte Extremisten versuchen könnten, in den Straßen mit Sprühflaschen Körperflüssigkeiten auszubringen.

China und Iran bestraft

Aus der Perspektive des deutschen Islamisten Mahmoud Ahmed betrachtet, täten Bioterroristen ohnehin nichts anderes, als den Spieß umzudrehen: Denn der Direktor des Hamburger Al-Azhari-Instituts vertritt auf Youtube diese Überzeugung: „Die Medikamentenfirmen auf der ganzen Welt machen selber Virus (sic!) und Mikroben und dann verkaufen sie uns Impfstoffe dagegen.“ Ahmed widerspricht sich allerdings selbst mit der Feststellung, dass Allah Corona geschickt habe.

„Es ist eine Bestrafung von Allah an diesen Chinesen“, weil diese die muslimischen Uiguren unterdrückten. Dem Chef des Instituts, dessen Islam-Auffassung der Hamburger Verfassungsschutz für „mit der demokratischen Grundordnung nicht vereinbar“ hält, ist aber auch aufgefallen, dass das Virus in der Islamischen Republik Iran grassiert. Daraus leitet Ahmed aber keine Falsifizierung der göttlichen Bestrafungsthese ab. Auch der Gazaner Hamas-Prediger Al-Mutaw dankte Allah nicht nur für den Tod von Menschen in China, Europa und den USA, sondern auch im Iran. Für sunnitische Extremisten sind Irans Schiiten ebenfalls schlicht Ungläubige, deren Führung noch dazu im Jemen, im Irak und in Syrien mit Sunniten, respektive den saudischen Wahhabiten, um die regionale Vormachtstellung ringt. Auch historische Ressentiments zwischen Arabern und Persern spielen eine Rolle.

Aus der arabisch-sunnitischen Extremistenperspektive haben die Iraner also Allahs Strafe besonders verdient. Schiiten sehen das naturgemäß anders und neigen eher der auch im Reich der Mitte kursierenden Verschwörungstheorie zu, wonach die USA das Virus ausgestreut hätten, um Feinde wie China oder Iran zu schwächen.

Diese USA-Connection wird – antisemitisch untermalt – auch in der Türkei gern verbreitet. So berichtete der Nachrichtensender A Haber in großer Aufmachung darüber, dass die „jüdische Familie Rockefeller“ das Coronavirus schon vor zehn Jahren beschrieben habe. Die unausgesprochene Botschaft des der AK-Partei von Staatschef Recep Tayyip Erdogan nahestehenden Senders: Die Amerikaner und die Juden wussten längst Bescheid über das Virus, müssen also irgendetwas mit Covid-19 zu tun haben. Tatsächlich hat die Rockefeller-Foundation 2010 eine Studie veröffentlicht, in der infolge einer Pandemie verhängte Restriktionen beschrieben werden, die den heute von Regierungen in aller Welt verhängten entsprechen. Allerdings kommt in dem Report der Begriff Corona nicht vor, er resultierte vielmehr aus Erkenntnissen der Schweinegrippe-Pandemie im Jahr 2009.

Mit Corona ins Paradies

Ebenfalls aus der Türkei kommen schlechte Nachrichten für alle Nichtmuslime. Der prominente Prediger Nureddin Yildiz weist zwar die Behauptung, Corona sei eine Strafe Allahs, als „unnötige Aussage“ zurück, sieht aber Muslime bei dieser Pandemie im Vorteil: Nichtmuslime könnten „nicht nur ihr Leben … verlieren, sondern auch ihr Jenseits, wenn sie als Nichtmuslime versterben sollten“. Muslime jedoch könnten „hoffen, dass die diesseitigen Erschwernisse zum Vorteil im jenseitigen Leben führen werden, indem ihre Sünden gelöscht werden“, so Yildiz, der seine Fatwas auch auf Deutsch verbreiten lässt (fatwazentrum.de). Indirekt schließt sich der Prediger damit dem Rat von Al-Kaida an: Die Terrororganisation fordert in einem von der Al-Kaida-nahen Al-Sahab-Stiftung veröffentlichten Dokument alle Nicht-Muslime auf, den Islam anzunehmen. Diese sollten „ihre Zeit der Quarantäne nutzen und über die Verdienste lesen, die den Islam von allen anderen Religionen und Systemen abheben“.

Grober J-P.
10. April 2020 - 13.29

Sowie bei andersgläubigen Fundamentalisten. Kurz nach Gottes eigenem Land rüber schielen!

Jacques Zeyen
10. April 2020 - 11.44

Was erwartet man denn von "Fatalisten" die WISSEN,dass alles in Allah's Hand liegt. Am besten sie bleiben bei der Version " Strafe Gottes" dann sind sie wenigstens auf gleicher Linie mit den christlichen und jüdischen Gesinnungsgenossen. Nach dem Motto " Gut ist Belohnung" und " Schlecht ist Strafe" (Gottes) halten die Priester die dumpe Gesellschaft ja seit 2000 Jahren fest im Griff. Und diese armen Teufel sind noch nicht einmal dafür verantwortlich zu machen,wurde ihr Gehirn doch seit Kindesalter an frisiert.