Solid’Air-Prozess: Eine Luftnummer vor dem Kadi

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Die Fakten des am Dienstag vor der, ausnahmsweise von Elisabeth Capesius präsidierten, 16. Kammer des Luxemburger Zuchtpolizeigerichts eröffneten Prozesses um den Betrug im Fall Solid’Air gehen auf die Jahre 1996 bis 2000 zurück, in denen Jean und sein Sohn Claude M. zahlreiche, meist belgische Investoren um ihr Gespartes brachten.

Carlo Kass

Mit auf der Anklagebank sitzen Armand W., Alphonse M. und Thomas G. von der Raiffeisenbank, die mit dem verbotenen Taschenspielertrick einer fiktiven Geldzufuhr durch eine eintägige Kontoüberziehung – der das alteingesessene genossenschaftliche Finanzinstitut damals fast die Zulassung kostete – es der Solid’Air ermöglichten, am 19. Juli 1999 das tatsächlich eingezahlte Kapital („capital libéré“) auf einen Schlag um sage und schreibe 153,5 Millionen damaliger Luxemburger Franken zu erhöhen.

Mit dieser wundersamen Geldvermehrung lockten die vermeintlichen Airline-Betreiber Jean und Claude M., die sich inzwischen mit altgedienten Größen aus dem nationalen und internationalen Flugbetrieb umgeben hatten, unter dem neuen Namen Luxatlantic Overseas Airlines zusätzliche Investoren an, die heute nun als Nebenkläger ihren Einsatz einklagen.

Darunter auch die Lufthansa A.G., die, neben den investierten Geldern ihrer Consulting GmbH in Höhe von etwas mehr als 200.000 Euro, auf 5.000 Euro moralischen Schadensersatz klagt, weil die mutmaßlichen Betrüger den guten Namen der deutschen Luftfahrtgesellschaft mit dem Kranich für ihre Machenschaften missbrauchten.

16 Zeugen

Wie Me Osch als Anwalt der Lufthansa betonte, wolle man aber lediglich Armand W. und Thomas G. wegen der Finanztransaktion belangen, da Alphonse M. sich der weitreichenden Konsequenz der Aktion nicht bewusst war.
Es war aber diese ominöse Kapitalerhöhung, die am Anfang der Ermittlungen stand, so der PJ-Beamte Jean-Paul B., der gestern als erster der insgesamt 16 Zeugen gehört wurde und eine genaue Chronologie der Ereignisse gab.

Hervorzuheben sei die Tatsache, dass Luxatlantic, zwischen dieser mehr als fehlerhaften Kapitalerhöhung und dem Bankrott am 3. März 2000, in aller Illegalität die Kapitalmärkte Belgiens und Deutschlands mit Vorzugszeichnungen neuer Anteile überschwemmte, die bei unserem westlichen Nachbarn die Finanz- und Bankenkommission auf den Plan riefen und den Journal-Redakteur Nic Dicken die pertinente Frage stellen ließen, ob die Kapitalerhöhung vom 9. Juli 1999 vielleicht eine fiktive gewesen sein könnte. Es sei auch noch erwähnt, dass sich die Bank, wie Véronique Poujol im Lëtzebuerger Land berichtete, bei den Ermittlungen dagegen wehrte, den Behörden eine Kopie des Vertrages des kurzfristigen Kontoüberzuges zu überreichen. Dieser gelang auf anderen Wegen in die Hände der Ermittler.

Der auf sechs Verhandlungstage angesetzte Prozess wird am Mittwoch mit der Anhörung weiterer Zeugen fortgesetzt.