EschRaginee Poloogadoo, die Schlichterin bei Nachbarschaftsstreit

Esch / Raginee Poloogadoo, die Schlichterin bei Nachbarschaftsstreit
Die Mediatorin Raginee Poloogadoo und Schöffe Christian Weis Foto: Ville d’Esch/Emile Hengen

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Müll auf dem Balkon, ein verwahrloster Garten oder ein permanent bellender Hund: Gründe für Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt es viele. Da es mit der Kommunikation untereinander auch nicht immer zum Besten steht, kommt die Nachbarschaftsmediation ins Spiel. Seit kurzem bietet auch Esch einen solchen Dienst an. 

Raginee Poloogadoo soll für ein besseres Verständnis zwischen den Nachbarn sorgen. Sie ist ausgebildete Mediatorin und steht zur Verfügung, wenn das Zusammenleben in der Nachbarschaft aus irgendeinem Grund nicht funktioniert. „Der Konflikt ist immer die Spitze des Eisbergs“, sagt die aus Mauritius stammende 38-jährige Mutter von zwei Kindern, „meist liegen die Gründe aber tiefer. Es geht also nicht immer nur um Kleinigkeiten“. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikation. Ist die gestört, wird das Zusammenleben schwierig. 2020 waren mehr als 130 Nationalitäten auf dem Gebiet der Stadt Esch vertreten. Da kann die Kommunikation nicht nur an der Sprache, sondern auch an kulturellen Unterschieden scheitern. Ein und dasselbe Wort kann in verschiedenen Kulturkreisen eine ganz unterschiedliche Bedeutung haben, Missverständnisse können entstehen. 

Deswegen gibt es nun eine neue Anlaufstelle bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Zweimal im Monat ist Raginee Poloogadoo in ihrem Büro in der „Maison des Citoyens“ (150, bd. JF Kennedy) und empfängt Besucher. Und zwar jeweils am ersten Dienstag des Monats zwischen 14.00 und 16.00 Uhr und am dritten Mittwoch des Monats von 10.00 bis 12.00 Uhr. Ein Termin kann aber auch jederzeit per Telefon (2754-5555) oder E-Mail (mediation@villeesch.lu) vereinbart werden. Der Dienst ist kostenlos und anonym.     

Voraussetzung: Gesprächsbereitschaft

Es geht darum, Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen und es nicht so weit kommen zu lassen, dass man sich vor Gericht wiedersieht. „Vor der Justiz gibt es immer einen Verlierer“, sagt Raginee Poloogadoo, „bei der Mediation gibt es dagegen keine Verlierer“. Damit sie allerdings funktioniert, müssen beide Parteien gesprächsbereit sein.

Der Weg ist meistens folgender: Eine Partei kontaktiert Poloogadoo und erklärt das Problem. Daraufhin lotet sie die Gesprächsbereitschaft der anderen Partei aus. Idealerweise kommt es dann zu einem gemeinsamen Treffen, bei dem eine Lösung gesucht und gefunden wird. Über 90 Prozent der Fälle werden gelöst, wenn es zum direkten Gespräch kommt, weiß Raginee Poloogadoo zu berichten. Und die Gesprächsbereitschaft wächst auch stetig, da die Menschen in der Zwischenzeit mit dem Begriff der Mediation etwas anfangen können. Sie wissen also, dass es hier nicht um Schuldzuweisungen oder eine Verurteilung geht, sondern vielmehr um die Suche nach einer gütlichen Einigung.   

„Zwei Schlagwörter sind immer wieder aufgetaucht, als wir das Koalitionsabkommen 2017 ausgearbeitet haben: Lebensqualität und das Zusammenleben“, blickt der zuständige Schöffe Christian Weis (CSV) zurück, „das Zusammenleben hat dabei einen großen Impakt auf die Lebensqualität“. Als Gemeinde sei man oft bei Nachbarschaftsstreitigkeiten nicht die richtige Anlaufstelle, außerdem ist die Anonymität im Rathaus mit den vielen Menschen, die dort zirkulieren, nicht immer gegeben. Was dort bleibt, ist die Anlaufstelle bei Problemen bzw. Beschwerden gegenüber der Gemeinde.

Die Zusammenarbeit der Stadt Esch mit Raginee Poloogadoo funktioniert einstweilen auf Honorarbasis. Die Mediatorin erhält demnach Geld pro Fall und für den Bereitschaftsdienst. Auf ein Jahr ist die Konvention befristet, dann soll Bilanz gezogen und analysiert werden, ob die Einrichtung einer permanenten Anlaufstelle in Esch Sinn ergibt, so Weis abschließend.       

Raginee Poloogadoo
Raginee Poloogadoo  Foto: Editpress/Julien Garroy

Raginee Poloogadoo

Raginee Poloogadoo ist 38 Jahre alt und Mutter zweier Kinder. Sie stammt aus Mauritius und wohnt seit zehn Jahren im Norden Luxemburgs. Poloogadoo hat Jura an der Nottingham University (GB) studiert. Da ihr Abschluss in Luxemburg nicht anerkannt wurde, entschloss sie sich 2015 zu einer Weiterbildung als Mediatorin am „Institut européen pour le développement des relations sociales“ (IEDRS) in Hollerich. 2020 machte sie einen zusätzlichen Abschluss in interkultureller Kommunikation an der Uni.lu. Im März 2021 gründet Poloogadoo mit Pro Solve Consulting ihre eigene Firma. Seit Juli arbeitet sie am Pilotprojekt der Nachbarschaftsmediation in der Gemeinde Kayl. Dort hat sie seitdem zehn Fälle betreut. In Esch waren es bisher zwei. Poloogadoo spricht fließend Englisch und Französisch und daneben auch Deutsch und Luxemburgisch. Sie besitzt die luxemburgische Staatsangehörigkeit.

„Noperschaftsfest“ am 20. Mai

Zweimal hintereinander fiel das „Noperschaftsfest“ zuletzt der Pandemie zum Opfer, 2022 soll es endlich sein Comeback feiern. Als Termin ist der Freitag, 20. Mai vorgesehen, wie Christian Weis am Rande der Vorstellung der Mediatorin Raginee Poloogadoo verriet.