Guy Greivelding zehnter Präsident des Landesverbandes (VIDEO)

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Es war ein Kongress des Abschieds und des Neubeginns in der Kontinuität, es war aber auch – kurz vor den Parlamentswahlen und eine Woche vor der großen Protestveranstaltung gegen Sozialabbau – ein politischer Kongress, bei dem der Landesverband keinen Zweifel daran ließ, dass die Gewerkschaft nicht bereit ist, an den Errungenschaften der vergangenen Jahre rütteln...

Das Bonneweger „Casino syndical“ war bis auf den letzten Platz besetzt, als Nico Wennmacher den Kongress am Samstagnachmittag eröffnete.
Nach der Begrüßung der Delegierten und der zahlreichen Gäste (siehe Liste) ging Wennmacher auf die wichtigsten Ereignisse seiner elfjährigen Mandatsperiode ein (vergl. auch unser Interview in der Samstagausgabe). Er sowie zahlreiche Nachredner riefen zur starken Beteiligung am Protestmarsch vom kommenden Samstag auf.
Die Wahlen gingen reibungslos über die Bühne und Guy Greivelding, Carlo Thissen und Jean-Claude Thümmel wurden fast ohne Gegenstimmen als Präsident, Generalsekretär und Zentralsekretär für den Sektor Eisenbahnen bestätigt.
In ihren jeweiligen Grußbotschaften gingen Willi Haberzettl (VIDA Österreich) und Karel Stesel (Präsident der belgischen CGSP) auf den europaweiten Kampf der Gewerkschaften gegen Liberalisierungsbestrebungen ein. Falls nötig müssten die wirtschaftsliberalen Kräfte zu einem Sozialdialog gezwungen werden, hieß es unter anderem.
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise beschäftigen zurzeit in ganz Europa die Bahnen und somit auch die Transportgewerkschaften: Die Fracht auf der Schiene erlebt momentan Einbrüche, die zwischen 20 und 70 Prozent liegen …
Danach gratulierte OGB-LPräsident Jean-Claude Reding dem neuen Präsidenten Guy Greivelding. Die Bahn, so der Redner, müsse ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst bleiben. Die Liberalisierungsbeispiele in verschiedenen europäischen Ländern würden zeigen, dass ein solches Vorgehen nicht im Interesse der Kunden sei. Den scheidenden Präsidenten Nico Wennmacher bezeichnete Reding als zähen, unbequemen und konsequenten Menschen.
Fallende Löhne und höheres Eintrittsalter in den Ruhestand seien die falschen Lösungen zur Bewältigung der Krise, die nicht von den Beschäftigten verursacht wurde und also nicht von diesen bezahlt werden dürfe, so Reding. Teile des Patronats versuchten zurzeit die Krise zu nutzen, um schwache Kollektivverträge abzuschließen resp. Personal abzubauen. Der Sozialdialog werde offensichtlich schwieriger.

Kontraproduktiver CSV-Vorschlag

Der CSV-Vorschlag, die Anfangsgehälter beim Staat zu reduzieren, gehe in die falsche Richtung; es gelte, im Gegenteil, den Jugendlichen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu bieten. Er gab zu bedenken, dass im Herbst 2.000-3.000 junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen werden, die dann nicht im Regen stehen gelassen werden dürfen.
„D’Fangeren ewech vum Index, vum Aarbechtsrecht a vun der Sécurité sociale!“, so der Gewerkschaftspräsident, der die Mitglieder des Landesverbandes aufrief, ihre Stärke am 16. Mai zu demonstrieren.
In seinem ersten Referat als Präsident des Landesverbandes erinnerte Guy Greivelding anfangs an die Verdienste seines Vorgängers, der von den Delegierten zum Ehrenpräsidenten der FNCTTFEL genannt wurde.
Ebenfalls geehrt wurde Jos Emeringer für seine langjährige Gewerkschaftsarbeit in verschiedenen Funktionen.
„De Landesverband bleift eng kämpferesch Gewerkschaft“, so der neue Präsident, der eine offensive Gewerkschaftspolitik gegen Sozialabbau ankündigte. Es müsse Schluss mit Neoliberalismus sein. Vollbeschäftigung, 35-Stunden-Woche, Frühruhestand mit 55 Jahren für eine Reihe von Berufen (z.B. Maschinisten, Busfahrer, Feuerwehrleute) seien nach wie vor angestrebte Ziele der FNCTTFEL. Die Wiedereinführung des Index, keine Kürzungen der Gehälter im öffentlichen Dienst und eine überfällige Gehälterrevision (allerdings ohne Senkung der Anfangsgehälter) sowie der Abschluss positiver Kollektivverträge werden von der Gewerkschaft angestrebt.
Ebenfalls müsse weiter konsequent an der Verlagerung des Warentransportes auf die Schiene gearbeitet werden und weitere Investitionen im Bahnbereich müssten getätigt werden.
Transportminister Lucien Lux habe bereits viel in diese Richtung unternommen; eine Arbeit, die auch nach den Wahlen fortgesetzt werden müsse. Ebenfalls müsse endlich ein Instrument zur Feststellung der Kostenwahrheit bei den verschiedenen Transportmitteln (unter Berücksichtigung aller Nebenkosten) geschaffen werden.

Besuch in den Betrieben

Er sprach sich weiter für eine schnelle Realisierung der Trambahn in der Hauptstadt aus; was aber nicht bedeute, dass es bei den hauptstädtischen Bussen zu einem Rückgang oder gar einer Privatisierung kommen dürfe.
Schließlich kündigte Guy Greivelding eine Serie von Besuchen in den Betrieben an, bei denen er die Sorgen und Probleme der Beschäftigten an der Quelle hören will und mit seinen Gewerkschaftskameraden entsprechende Lösungen ausarbeiten möchte. Die FNCTTFEL bleibe streikbereit, so der Präsident, der seine Mitglieder aufforderte, sich am 16. Mai um 15.15 Uhr vor dem Bahnhof Luxemburg zum Protestmarsch einzufinden.
Zum Abschluss sprach Transportminister Lucien Lux vor den Delegierten (siehe Kasten) und kündigte an, auch am kommenden Samstag beim Marsch dabei zu sein. 

 

Lucien Lux: „falscher Weg“ 

Transportminister Lucien Lux, der wie seine Vorredner die Verdienste des scheidenden Präsidenten Nico Wennmacher hervorhob, nutzte einen Kongressauftritt ebenfalls zur Schelte des Koalitionspartners CSV respektive deren Vorschlag, die Anfangsgehälter beim Staat herabzusetzen. Die Idee sei nicht nur ein Zeichen in die falsche Richtung, sondern verstoße gegen alle Regeln des Luxemburger Modells, dies u.a. was die Tarifautonomie der Verhandlungspartner betrifft.
Es gehe nicht an, Gehälter per Dekret zu verändern. Außerdem würde solch eine Maßnahme einen Schneeballeffekt auslösen und auch die Privatlöhne drücken, so Lux, der damit etwas Wahlkampfatmosphäre verbreitete.
Weiter ging er auf die Bedeutung des öffentlichen Transportes und seine Bestrebungen, diesen weiter auszubauen, ein.
Die Trambahn für die Hauptstadt solle gemeinsam mit den peripheren Bahnhöfen gebaut werden; alles andere mache keinen Sinn, so Lux, der hier ebenfalls jüngste CSV-Aussagen kritisch untersuchte.