In Luxemburg drückt man schon mal ein Auge zu

In Luxemburg drückt man schon mal ein Auge zu
(dpa)

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EU-Politiker halten das internationale Prüfnetzwerk für neue Auto-Modelle für schummelanfällig. Luxemburg werden laxe Kontrollen nachgesagt.

In Deutschland ist es nicht billig, in Spanien und Luxemburg drücken die Prüfer angeblich schon mal eine Auge zu und in Großbritannien hören sie nicht so genau hin. Solche Unterschiede soll es in der Praxis zwischen den offiziellen Prüfstellen für neue Pkw-Modelle in Europa geben, wie Europa-Politiker bemängeln und Branchenkenner hinter vorgehaltener Hand einräumen.

Fest steht: die Autobauer können sich in Europa im EU-Land ihrer Wahl Zertifikate für die gesamte EU holen, die bestätigen, dass sie Abgasgrenzwerte und anderen Technikstandards einhalten. Das System steht nun im Verdacht, dass es Volkswagen den Einbau von Schummel-Software in Diesel-Motoren und das Schönen von Kohlendioxid-Emissionen erleichtert hat. Die Behörden weisen die Vorwürfe zurück, die EU-Kommission allerdings will unter dem Eindruck des VW-Skandals die seit 2007 geltenden Regeln verschärfen. Eine EU-Kontrollinstanz der nationalen Prüfer ist im Gespräch.

Firma aus Wecker prüft bei Audi

„Der Spielraum für schwarze Schafe ist gering“, urteilt ein Experte eines Technikdienstes. Aber: „Es wird alles ausgereizt, was möglich ist“, weiß ein anderer Insider. Die Autobauer holten sich Zertifikate dort, wo es am einfachsten und günstigsten sei.

Die Autobauer können die Tests unter Aufsicht der Prüfer auf ihren eigenen Prüfständen in ihrer eigenen Fabrik erledigen. So handhaben es BMW und Mercedes-Benz meistens. „Da wir über die gleiche technische Ausstattung verfügen, ist der logistische Aufwand weit geringer“, erklärt ein Daimler-Sprecher.

Kritik an den Tests

Regelmäßige Checks sollen sicherstellen, dass die Laborausstattung jener der anerkannten Dienste entspricht. Audi wechselte vor zwei Jahrzehnten vom damaligen TÜV Essen zu Ateel aus Wecker (Link), der am Audi-Hauptquartier in Ingolstadt eine Niederlassung hat. Der TÜV war der VW-Tochter nach Angaben eines Firmensprechers zu langsam. Dies könne die Produktion aufhalten und die Markteinführung gefährden. „Für uns ist wichtig, dass die zugesicherten Zeitpläne eingehalten werden.“

Für andere VW-Konzernmarken sind verschiedene Prüfer im In- und Ausland engagiert. Kritiker gibt es zum Beispiel im Europäischen Parlament: Großbritannien sei dafür bekannt, dass bei der Messung der Lautstärke von Autos nicht so genau hingehört werde, heißt es. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums in London hält dagegen: Die Behörde erteile die Genehmigungen in Einklang mit den relevanten Regeln.

Laxe Kontrollen

Auch Spanien und Luxemburg werden laxe Kontrollen nachgesagt. Spanien wende das Gesetz rigoros an, hieß es vom dortigen Industrieministerium. Bisher habe es keine einzige Beschwerde gegeben. Die Behörde Luxemburgs war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

„Der Wettbewerb der nationalen Behörden um die laschesten Kontrollen muss beendet werden“, fordert indes Michael Cramer, EU-Abgeordneter der Grünen und Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Parlament. Der Verkehrsexperte im EU-Parlament Matthias Groote vermutet Fehlanreize durch Wettbewerb: „Das Problem ist, dass sich die nationalen Zulassungsstellen durch die Genehmigung von neuen Pkw-Modellen finanzieren und natürlich keine Kunden verlieren wollen.“

Das Parlament fordert deshalb eine einheitliche Zulassungsstelle für Europa. Dann säßen alle nationalen Behörden an einem Tisch, und Zulassungen würden nicht mehr so freizügig erteilt werden wie bislang, erwartet Groote. Auch EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska hat als Konsequenz aus dem VW-Abgasskandal bereits eine europäische Aufsicht gefordert und will das noch in diesem Jahr auf den Weg bringen.

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