Griechenland und die Folgen

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Ein „Geheimtreffen“, das schnell bekannt wurde. Ein „Geheimtreffen“, dessen Existenz dementiert wurde. Ein „Geheimtreffen“, an dessen Ende sich Staatsminister Jean Claude Juncker der Presse stellte.

Dazu das Gerücht, dass Griechenland aus der Eurozone austreten werde. Und, wie üblich, die Suche nach den Schuldigen überall anders als bei sich selbst. So geht das, wenn in Europa Währungspolitik als „Geheimpolitik“ betrieben wird.

Der Euro ist in der vergangenen Woche wieder in Schwierigkeiten geraten. Und wieder war der Auslöser Griechenland. Das Land ist dermaßen überschuldet, dass es am freien Markt keine Refinanzierung mehr findet. Griechenland, so die Beobachter, gibt seinen Sparwillen auf, weil das Land ihn nicht mehr durchhalten kann. Die rein fiskalische Betrachtung des Schuldenabbaues hat das Wirtschaftswachstum eingeschränkt, damit die Steuereinnahmen gekürzt.

Hinzu kommt, dass Griechenland im kommenden Jahr bis zu 50 Milliarden Euro umfinanzieren muss. Derzeit glaubt niemand, dass das gelingen könne.

Katastrophe

Der Euro hat unter dem „Geheimtreffen einiger Finanzminister in Luxemburg gelitten. Er verlor gut zwei Cent. Nun schadet das der Währung nicht unbedingt, der Euro war gegenüber dem Dollar deutlich überbewertet. Nicht etwa, weil es dem Euro so gut ging, sondern weil der Dollar wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der USA immer deutlicher unterbewertet wurde und der Euro deswegen immer stärker wurde.

Wenn nun der Euro innerhalb weniger Tage auf 1,43 Dollar fiel, dann ist das für die Gemeinschaftswährung keine Katastrophe. Sie ist damit immer noch stark.

Eine Katastrophe aber ist das Verhalten der europäischen Finanzminister, die erneut das Verhalten der Märkte nicht verstehen. Die Märkte kitzeln zwar den Euro, machen in Wirklichkeit aber den europäischen Staaten klar, dass sie nicht mehr an Griechenland glauben, komme, was da wolle.

Währungs-Solidaritätszone

Die Staaten befinden sich nun im Konflikt mit sich selbst. Die wiederholte Zusicherung, dass man Griechenland helfen werde, hat politisch die Eurozone in eine Währungs-Solidaritätszone umgewandelt. Im Rahmen dieser Solidarität kauft die Europäische Zentralbank von Privatbanken Griechenland-Obligationen an und tut so, als ob diese Papiere gute Papiere wären. Das ist eine Verletzung ihres Prinzips, nur Papiere bester Qualität anzukaufen. Der ehemalige Bundesbankpräsident Weber hatte sich dagegen ausgesprochen und war in der Europäischen Zentralbank isoliert. Die Zwickmühle, in der die Bank mit ihrem Bestand von 73 Milliarden Euro Schrottpapieren nun steckt, gibt ihm nachträglich Recht. Und es sieht nicht so aus, als ob sein Nachfolger Weidemann einen anderen Kurs fahren würde.

Trotz der Aktion der Europäischen Zentralbank sollen sich in französischen Bank-Depots Griechenland-Papiere für 100 Milliarden und in den Depots deutscher Banken Griechenland-Papiere in Höhe von 43 Milliarden Euro befinden.

Letztlich zahlt der Steuerzahler

Die Euro-Staaten befinden sich daher in einem vielfachen Dilemma. Eigentlich müsste man Griechenland in den Konkurs gehen lassen, oder man müsste einen Kapitalschnitt von möglicherweise bis zu 50 Prozent und mehr machen. Man kann die Schulden auch ganz langfristig umstrukturieren. Alle diese Möglichkeiten würden dazu führen, dass die Banken in allen Ländern der Eurozone, inklusive Luxemburg, Neubewertungen der Bestände vornehmen und – je nach Situation – erhebliche Abschreibungen erfolgen müssten. Es könnte sogar sein, dass Banken vereinzelt in den Konkurs gehen würden. Und auch die Europäische Zentralbank, die die Schrottpapiere Griechenlands aufgekauft hat, müsste Abschreibungen vornehmen und würde Verlust schreiben, den die Eurostaaten ausgleichen müssten. Wundert es also, dass die Europäische Zentralbank und eine Reihe von Euro-Staaten sich dem Gedanken des Kapitalschnittes und ähnlicher Maßnahmen widersetzen?

Es müssten erneut Banken saniert werden, es müssten Unsummen in die heimischen Banken gesteckt werden. Mit einem Unterschied zur Finanzkrise allerdings: Dieses müsste getan werden, weil die Euro-Staaten bereits im vergangenen Jahr falsch reagierten.

Es hätte bereits im vergangenen Jahr, als 110 Milliarden Euro insgesamt an Garantien und flüssigen Mitteln nach Griechenland flossen, über eine Umschuldung und über einen Kapitalschnitt nachgedacht, möglicherweise sogar ein Konkurs ins Auge gefasst werden müssen. Damals wie heute aber grassierte die Furcht davor, dass die heimischen Banken in Mitleidenschaft gezogen werden würden. Stattdessen zahlte der Steuerzahler oder gab Garantien, die, wenn Griechenland sich nicht erholt, aus der Staatskasse in klingende Münze umgewandelt werden müssen.

Drohung unrealistisch

Es hat in der vergangenen Woche einen Aufruhr gegeben, als die Spekulation bekannt wurde, dass Griechenland aus dem Euro aussteigen wolle. Allein die Drohung ist unrealistisch. Griechenland müsste die Drachme neu erfinden, drucken und prägen. Bei Ausgabe der Drachme wird man mit einer Abwertung um 30 bis 50 Prozent rechnen müssen. Griechenland würde also einen Wettbewerb über die Entwertung des Geldes führen.

Griechenland muss bei einem Austritt aus dem Euro aber auch damit rechnen, dass die Kunden ihr Geld blitzartig von griechischen Banken auf andere europäische Banken transferieren und es in der Eurozone belassen würden. Das würde Konkurs für griechische Banken bedeuten. Wie werden nun die europäischen Finanzpolitiker entscheiden? Sie werden sich auf ein System einigen, dass die eigenen Banken schützt, dass die Europäische Zentralbank schützt, dass mit öffentlichen Garantien arbeitet und Griechenland weiter stützt.

Der Markt wird aber damit rechnen, dass es spätestens im kommenden Jahr eine Umschuldung Griechenlands geben wird, bei der weder die Europäische Zentralbank, noch die heimischen Banken noch die Staatskassen zu sehr leiden werden. Geschieht dies nicht, wird der Markt kein Vertrauen in Griechenland gewinnen.