Ex-RAF-Mitglied Becker kommt auf freien Fuß

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Der Bundesgerichtshof hat den Haftbefehl gegen das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker aufgehoben.

Es gebe keinen Grund wie etwa Fluchtgefahr, der den Verbleib Beckers in Untersuchungshaft rechtfertigen würde, entschieden die Karlsruher Richter am Mittwoch. Becker wird als Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) der Beteiligung an dem tödlichen Attentat auf den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 in Karlsruhe beschuldigt.

Der Bundesgerichtshof betrachtet Becker nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen als dringend tatverdächtig. Allerdings gehen die Richter nur von einer Beihilfe und nicht vom schwerer wiegenden Vorwurf einer Mittäterschaft aus. Damit verringern sich die zu erwartende Strafe und zugleich die Fluchtgefahr. Becker dürfte nach dem BGH-Beschluss unverzüglich auf freien Fuß gesetzt worden sein, da dies bei Aufhebung eines Haftbefehl unverzüglich zu geschehen hat.

Es gebe nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass Becker das Attentat selbst als Schützin oder als Fahrerin des Tat-Motorrads ausgeführt habe, erklärten die Karlsruher Richter. In dieser Einschätzung stimmten sie mit der Bundesanwaltschaft überein. Als konkreter Beitrag zu der Tat sei Becker lediglich nachzuweisen, dass sie innerhalb der RAF besonders offensiv die Parolen der damals im Gefängnis Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Führung vertreten habe. Darunter sei auch der Befehl „Der General muss weg“ gewesen. „Dieses Verhalten ist aber nicht geeignet, den Vorwurf der Mittäterschaft oder der Anstiftung zu begründen“, befanden die Richter.

Becker war im August wegen Mittäterschaft bei dem Buback-Attentat in Untersuchungshaft genommen worden. Die Bundesanwaltschaft will bis März Anklage in dem Fall erheben. Becker hatte bis zu ihrer Begnadigung 1989 eine lebenslange Haftstrafe wegen mehrfachen Mordversuchs verbüßt, war im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Buback aber bislang nicht belangt worden.

Buback und zwei seiner Fahrer wurden am 7. April 1977 auf dem Weg zur Arbeit in Karlsruhe erschossen. Die beiden Attentäter näherten sich dem Dienstwagen des obersten Terrorfahnders auf einem Motorrad, die Person auf dem Soziussitz feuerte auf die Insassen des Fahrzeugs. Untersuchungen von DNA-Spuren an einem Motorradhandschuh, einem Helm und einer Motorradjacke der Täter hatten 2008 ergeben, dass diese nicht von Becker stammen konnten. Bislang gelten die früheren RAF-Mitglieder Christian Klar, Günter Sonnenberg und Knut Folkerts als Tatbeteiligte.

Gegen Becker wurde bereits vor knapp 30 Jahren ermittelt. Allerdings wurden diese Untersuchungen 1980 eingestellt, weil ihr mit den damaligen Methoden keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte. Zuletzt waren jedoch neue Indizien aufgetaucht. Bei frischen Untersuchungen wurden nach Angaben der Bundesanwaltschaft an mehreren Briefumschlägen, in denen Bekennerschreiben versandt wurden, Speichelspuren Beckers entdeckt.

Das Attentat auf Buback gilt als Auftakt des Terrorjahrs 1977: Es folgten der Mord an dem Bankier Jürgen Ponto, die Entführung und Ermordung von Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer und die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu. Die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) wollte ein marxistisches Gesellschaftssystem erzwingen. Bei ihren Attentaten starben mehr als 30 Menschen.