Barroso ausbremsen

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Auch ein Monat nach den Europawahlen vom 7. Juni bleibt das Thema Europapolitik eine Priorität für „déi gréng“. Die Grünen wollen eine zweite Amtszeit des amtierenden Kommissionspräsidenten Barroso verhindern und das Luxemburger Parlament bei wichtigen europäischen Entscheidungen miteinbeziehen. Michelle Cloos

Selbstbewusst und offensiv widersetzen sich die Luxemburger Grünen der seit Donnerstag offiziellen Kandidatur José Manuel Barrosos für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten.
Claude Turmes, Abgeordneter der Luxemburger Grünen im Europaparlament, zeigte sich recht optimistisch, dass eine Wiederwahl des umstrittenen Politikers verhindert werden könnte. Barroso stehe nämlich für den Mangel an Begeisterung, der sich bei der rezenten EU-Wahl abzeichnete. Als ersten Teilerfolg wertete der Abgeordnete die Ansetzung der Wahl des Kommissionspräsidenten im Herbst und nicht im Juli, wie es von den konservativen Kräften gewünscht war. Claude Turmes erklärte, dadurch gewinne man wertvolle Zeit, um über die politische Ausrichtung der EU zu beraten. „Déi gréng“ wollen sich nicht von falschen Drohungen, wie der eines Machtvakuums in der Europäischen Union, beeindrucken lassen. Deshalb schlagen sie ihre eigene Agenda vor. Ein politisches Programm für Europa soll dabei im Vordergrund stehen. Im September solle Barroso erstmals ein richtungweisendes Schreiben vorstellen, über das die EU-Abgeordneten dann diskutieren. Die Abstimmung über Barrosos Kandidatur soll erst einen Monat später stattfinden. Am 2. Oktober hält Irland sein zweites Referendum über den Lissabon-Reformvertrag ab.

„Es wäre eine Frechheit, eine Woche vor dem Referendum abzustimmen“, so der EU-Parlamentarier der Grünen. Ohne Lissabon genügt nämlich eine einfache Mehrheit, um Barrosos Kandidatur abzusegnen. Tritt der Lissabon-Vertrag jedoch in Kraft, gewinnt das demokratisch gewählte Parlament an Bedeutung und Macht. Dann müssen mehr als die Hälfte aller EP-Abgeordneten ihr Einverständnis geben. Jede Enthaltung würde dann mit einer Gegenstimme gleichgesetzt.

„Barroso hat sich zu oft seiner Verantwortung entzogen und die Kommission von der Hüterin der Verträge zum Schoßhündchen der dominantesten Mitgliedstaaten und der einflussreichsten Industrien degradiert“, heißt es in einer Pressemitteilung der Grünen. Turmes unterstrich, Barroso sei nicht gut für Europa und regelrecht schlecht für Luxemburg. Beim letzten G20-Gipfel habe er es versäumt, die Interessen der kleinen europäischen Länder zu verteidigen.

Verbot von Doppelmandaten

Ein weiteres Anliegen der Grünen: eine bessere Einbindung der „Chamber“ in Sachen europäische Politik. Um dies effizient umsetzen zu können, befürworten „déi gréng“ die Einführung eines Verbots von Doppelmandaten sowie die Aufwertung der Bürgermeister- und der Schöffenposten. „Wir brauchen einen Systemwechsel. Wir wissen, dass dies eine heikle Forderung ist. Demnach muss es eine gemeinsame Diskussion geben“, verkündete Turmes. Denn nur so könnten die Parlamentarier die europäische Politik ernsthaft verfolgen und sich das nötige Fachwissen aneignen.