Wenn das Feuer erlischt

Wenn das Feuer erlischt
(dpa-Archiv)

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"Burn-out": An diesem neudeutschen Begriff kommt in den vergangenen Wochen fast niemand vorbei – auch nicht in Luxemburg.

Kaum eine Zeitung, kaum ein Magazin – ob deutsch- oder französischsprachig –, das sich in einer seiner letzten Ausgaben nicht mehr oder weniger ausführlich mit der Thematik des „Ausgebranntseins“ befasst hat.

Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt-Archiv)

In diesem Zusammenhang drängt sich einem die Frage auf, ob das Ausmaß der medialen Berichterstattung im direkten Verhältnis zur Burn-out-Frequenz steht.

Oder anders gefragt: Ist das angesprochene Syndrom, das als Zustand der totalen Erschöpfung definiert werden kann und zumeist mit psychosomatischen Erkrankungen, psychosozialen Verhaltensauffälligkeiten, Depressionen und/oder mehr oder weniger stark ausgeprägtem Suchtverhalten einhergeht, vielleicht nur eine von der Pharmaindustrie promotete und von den Medien dankbar aufgenommene „Modeerscheinung“?

Oder ist das Syndrom, wie in den meisten Artikeln suggeriert, tatsächlich eine Geißel unserer Zeit?
Während erstgenannte Möglichkeit prinzipiell nicht gänzlich unmöglich scheint, ist die zweite Alternative – wenn man Fachärzten, Psychologen, Krankenkassen und Gewerkschaften Glauben schenkt – in fast ausnahmslos allen Industrienationen wohl aber am wahrscheinlichsten. (Die „Chambre des salariés“ organisiert übrigens am kommenden Dienstag in Remich ein Kolloquium zum Thema „Wohlbefinden am Arbeitsplatz“.)

Nichtsdestotrotz ist die Diagnose „Burn-out“ beziehungsweise dessen Einstufung als „richtige“, sprich ernst zu nehmende Krankheit in vielen Fällen nicht immer ganz unproblematisch. Dies aus mehreren Gründen.

Vielfältig und individuell

Einerseits sind die Ursachen eines Burn-outs so vielfältig wie individuell. Ein einziges, klares Krankheitsbild, wie dies zum Beispiel bei einer Grippe-Infektion der Fall ist, gibt es nicht. Oft wird das Syndrom nicht (vor allem nicht bewusst) als solches erkannt. Dementsprechend werden nur einzelne Symptome behandelt, die unerforschten Ursachen indes nicht.

Andererseits zögern Burn-out-Patienten in vielen Fällen – trotz aller gepriesenen sozialen und intellektuellen Offenheit –, über ihre Probleme zu reden. Schließlich leben wir in einer Gesellschaft, in der das Maß aller Dinge der „Erfolg“ ist.
Dieser wiederum definiert sich sowohl über materiellen Besitz als auch über die hiermit unmittelbar in Verbindung stehende Stellung in der Arbeitswelt. Und genau diese Arbeitswelt, die trotz Wirtschaftskrise und der diesbezüglichen Ursachen allgemein immer noch nach dem Motto „besser, höher, schneller“ funktioniert, ist in den allermeisten Fällen das zentrale Element bei einem Burn-out.

Zwar gibt es Personen, die aufgrund persönlicher Erfahrungen und Charaktereigenschaften anfälliger als andere für Überbelastung und die entsprechenden Auswirkungen sind, treffen kann ein Burn-out aber auch vermeintlich starke, „stressresistente“ und gut ausgebildete Arbeitnehmer.

Fehlende Anerkennung, konstant negative Bewertungen sowie eine ständige Steigerung von Anforderungen und Arbeitspensum sind nur einige Faktoren, die maßgeblich zu einem Burn-out beitragen (können). Nur unklar definierte Zielsetzungen sowie bewusst geschürtes Misstrauen zwischen den Angestellten gelten als weitere Katalysatoren dafür, dass sich bei immer mehr Menschen die „Akkus“ immer schneller bis zum kompletten Blackout entleeren.

Glücklicherweise gibt es Unternehmen, die erkannt haben (so simpel wie abgedroschen dies auch klingen mag), dass nur glückliche Mitarbeiter auch gute Mitarbeiter sind. Leider sind diese Unternehmen aber immer noch in der Minderheit, in den meisten Fällen gilt, dass der Mensch eine ersetzbare und unausschöpfliche „Ressource“ darstellt. Bleibt zu hoffen, dass sich diese, wenn schon nicht aus menschlichen, dann vielleicht aus wirtschaftlichen Gründen (das „Verheizen“ von Mitarbeitern ist Experten zufolge mit enormen volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten verbunden) kurz- oder mittelfristig zu einem Umdenken bewegen lassen.