Nids de poule

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Bis auf Weiteres ist Luxemburg wirtschaftlich abhängig von seinem Straßennetz. Zehntausende Berufspendler quälen sich täglich über die Autobahnen ins Land und wieder aus dem Land, hinzu kommen der nationale Berufs- und Schulverkehr.

Der öffentliche Transport, vor allem der transnationale, ist bei weitem nicht in der Lage, das gesamte Verkehrsaufkommen aufzunehmen; viele Pendler werden so quasi auf die Straße gezwungen. Bei dieser extrem hohen Belastung muss die Infrastruktur funktionieren, was allerdings allzu häufig nicht der Fall ist. Staumeldungen gehören zur täglichen morgendlichen und abendlichen Routine; Angestellte und Unternehmen verlieren mit unschöner Regelmäßigkeit Geld, Nerven und Arbeitsstunden auf dem Asphalt. Viele der Staus sind dabei regelrecht provoziert; trotz aller Kritik hält die mächtige Straßenbauverwaltung an ihren Gewohnheiten fest.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Da werden Leitplanken mit leichten Beulen unabhängig von Tages- und Jahreszeit, gerne mitten im Berufsverkehr, ersetzt (übrigens seit Jahren von dem gleichen Subunternehmer), statt diese Arbeiten nachts oder an Wochenenden an den ohnehin taghell beleuchteten Schnellstraßen durchzuführen.

Da sind Gärtnerunternehmen irgendwo am Rande der Autobahnen mit Arbeiten beschäftigt, was gleich die Sperrung der Notspur und der ersten Spur bedingt.

Da fehlen Verkehrspolizisten, die bei Staus regelnd wirken könnten, weil sie am Abend Hunderte von Autofahrern auf ihren Alkoholgehalt im Blut kontrollieren müssen.

Kreative CITA-Sprüche

Da ist das millionenteure Verkehrsleitsystem, das allerhöchstens bestätigt, dass man steht. Oft werden zudem Staus angekündigt, die sich längst aufgelöst haben (etwa oft morgens gegen halb zehn vor dem Ehleringer Tunnel in Richtung Esch). Dafür sind die CITA-Menschen recht kreativ, wenn es darum geht, vor eventuell entstehenden Löchern (auf Französisch „trous“) zu warnen, und vermelden „nids de poule en formation“, was wohl mehr Autofahrer verunsichert als aufklärt. Die katastrophalen Räumeinsätze bei den heftigen Schneefällen im Dezember wollen wir an dieser Stelle außen vor lassen.

Kreative Lösungen, wie etwa die Öffnung der Notspur für den Verkehr während Perioden mit hohem Verkehrsaufkommen (wie in Deutschland routinemäßig praktiziert), fehlen dafür gänzlich.

Die Liste könnte weitergeführt werden.

Aber wir begannen diesen Beitrag mit den Worten „bis auf Weiteres“ …

Vergangene Woche empfing die FNCTTFEL den norwegischen ITF-Transportgewerkschafter Asbjörn Wahl, der für eine nachhaltige kohlenstoffarme Mobilität plädierte. Um diese zu erreichen, fordert er breite Allianzen zwischen Gewerkschaften und Umweltbewegungen.

Nur über den gesellschaftlichen Kampf eben dieser Kräfte – so seine zentrale Aussage – sei es möglich, die Erde vor dem CO2-Kollaps zu retten, da weder die herrschenden politischen Kräfte noch die Industrie ein wahres Interesse an einer Wirtschaftspolitik hätten, die nicht auf permanentem Wachstum und somit übertriebener Ressourcenausbeutung basiert. Die Aussage zeigt zum einen, wie schnell sich die Gewerkschaftsbewegung in ökologischen Fragen weiterbewegte. Wahl ist kein grüner Spinner, er ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Klimawandel einer der stärksten Gewerkschaftsbewegungen weltweit.

Zum anderen unterstrich seine Konferenz, wie dringend die Umsetzung des allzu oft als Schlagwort missbrauchten Begriffs der Nachhaltigkeit tatsächlich ist.

In dem Sinne könnte die Lage auf den Luxemburger Autobahnen als ein von Dialektikern der Umweltrevolution gewollt herbeigeführter Zustand gewertet werden. Nur täglicher Ärger auf den Straßen könnte so eine Stimmung schaffen, die Massen an Autofahrern dazu bringt, den gesellschaftlichen Umstieg („shift“, wie Wahl es nennt) auf den öffentlichen Transport zu erkämpfen.

Da dies aber zeitnah kaum der Fall sein wird, hoffen wir auf ein Einsehen der „Ponts et chaussées“ und darauf, dass die Hühner auf unseren Autobahnen endlich das verkehrstechnische Ei des Kolumbus legen.