Happy Birthday

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Es ist nicht immer einfach, in der heutigen Medienlandschaft die Bodenhaftung zu behalten. Das weiß inzwischen vielleicht auch Karl-Theodor zu Guttenberg, der wochenlang davon ausging, Betrug könne kompatibel mit einem Regierungsposten sein.

Sportfunktionäre haben es da leichter. Seit 1998 ist Sepp Blatter Präsident des mächtigsten Sportverbands der Welt, der FIFA. Seine Amtszeit ist gepflastert mit Skandalen, die dem weltweiten Herrscher über den Fußball abgesehen von einem angekratzten Image nie etwas anhaben konnten.

Philip Michel
pmichel@tageblatt.lu

Am Donnerstag wird Blatter 75 Jahre alt. Ein mittelmäßiger Mittelstürmer war der Schweizer zu seiner aktiven Zeit, beruflich versuchte er sich zunächst als Journalist und PR-Manager. Blatters Leben veränderte sich radikal, als er 1975 unter dem damaligen Präsidenten João Havelange in den Fußball-Weltverband FIFA einstieg.

Havelanges Ziehsohn brauchte lediglich sechs Jahre, um zum Generalsekretär aufzusteigen. Er verdoppelte in seiner Amtszeit das Teilnehmerfeld der Weltmeisterschaft und ließ sich vom zwei Tage nach ihm geborenen Adidas-Chef Horst Dassler in die Geheimnisse des Sport-Marketings einweihen. Was freilich auch seine Schattenseiten für Blatter haben sollte.

Bereits die Wahl zum FIFA-Präsidenten 1998, überraschend deutlich zugunsten Blatters ausgegangen, war von Korruption überschattet. Genau wie seine kontroverse Wiederwahl 2002. Und genau wie so gut wie alle WM-Vergaben seiner bisherigen Amtszeit.

Lizenz zum Gelddrucken

Blatter selbst sieht sich jedoch eher als Wohl- denn als Missetäter. Schließlich ist es hauptsächlich ihm zu verdanken, dass aus einem fast bankrotten Sportverband ein Welt-Unternehmen mit der Lizenz zum Gelddrucken wurde. Zu Blatters Selbstverständnis gehört auch, dass er sich für einen ernsthaften Kandidaten für den Friedens-nobelpreis hält. Schließlich hat er die Weltmeisterschaft nach Afrika gebracht.

Dass Südafrikas Schuldenberg inzwischen auch und vor allem wegen der WM auf neun Milliarden Euro angewachsen ist, ist nicht sein Problem. Von der Weltmeisterschaft am Kap profitierte nämlich neben den Bau-Konsortien vor allem die FIFA. 2,3 Milliarden Euro nahm der Weltverband dank der Titelkämpfe ein, zwischen 2007 und 2010 kann die FIFA einen Überschuss von 452 Millionen Euro aufweisen. Da verwundert es kaum, dass man mal eben einen 75-Millionen-Euro-Vergleich mit einem Sponsor abschließen kann, um aus laufenden Verträgen herauszukommen.

Da verwundert es auch kaum, dass man 4,5 Millionen Euro Wiedergutmachung wegen einer von der Schweizer Justiz bewiesenen (aber in der Schweiz nicht strafbaren) Sport-Korruption mit einem Gesamtvolumen an Schmiergeldern von fast 110 Millionen Euro bezahlt hat. Und da verwundert es schließlich kaum, dass man sich die Gefolgschaft der nationalen Verbände alljährlich mit einer Zuwendung von einer Viertelmillion Dollar sichert.

All das hat zur Folge, dass die FIFA in der Öffentlichkeit als Synonym für Korruption gilt. Das weiß auch Blatter, der unlängst in einem Interview mit WDR-Journalisten auf fast schon entwaffnende Art auf Fragen zur Korruptionsbekämpfung innerhalb seines Verbandes antwortete: „Wenn wir auf dieses Thema eingehen würden, können wir das ganze Gebilde (gemeint ist die FIFA) einreißen.“ Besser also, man gründet eine Ethikkommission, die sich um die ständig wiederkehrenden Korruptionsvorwürfe kümmert.

Diese Art der Selbstreinigung ist dermaßen absurd, dass man sich fragt, warum Karl-Theodor von und zu nicht-mehr-Dr. Guttenberg nicht auf diese Idee kam. Jedenfalls wurde der Begriff FIFA-Ethikkommission in der Schweiz als Unwort des Jahres 2010 gewählt.

Josef S. Blatter (das S. für Sepp fügte er seinem Namen übrigens selbst bei) kann derart beißenden Spott, und dann auch noch von seinen nicht gerade für ihren Humor bekannten Landsmännern, nicht nachvollziehen. Er möchte Gutes tun auf dieser Welt. Und er möchte im Juni wiedergewählt werden. Dass ihm das gelingen wird, steht genauso außer Frage wie ein Comeback von Zu Guttenberg in der Politik. Denn das schöne am Sport und insbesondere am Fußball ist, dass das Gras viel schneller als sonst wo über alles wächst.

In diesem Sinne: Happy Birthday Sepp.