Euro -Minister als Bankräuber

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Die Euro- und EU-Krisenmanager haben am vergangenen Wochenende wiederum einige Gelegenheiten nicht verpassen wollen, um entweder nichts oder doch das Falsche zu tun.

Beim EU-Gipfeltreffen vergangene Woche war die Hauptbotschaft, die die Staats- und Regierungschefs aussandten, dass sie nichts weiter unternehmen werden, um dem angekündigten Rezessionsjahr und den damit einhergehenden steigenden Arbeitslosenzahlen etwas entgegenzusetzen.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

An der Marschrichtung wird nichts geändert: Das Wachstum soll herbeigespart werden. Die Formel hat auch im Jahr fünf nach dem Ausbruch des Desasters in der Hochfinanz noch in keinem der Krisenländer gefruchtet. Die Aussichten bleiben trübe und die ausgesprochenen Hoffnungen, dass gegen Ende des Jahres erste Erholungszeichen sichtbar werden könnten, stammen von Politikern, die ihr Publikum nur hinhalten wollen. Die Suche nach Projekten, mit denen die Wirtschaft stimuliert werden könnte, wollen die überzeugten Sparer nicht einmal angehen. Nur die Banken dürfen vom derzeit billigen Geld, das ihnen die Europäische Zentralbank bereitgestellt hat, profitieren. Wachstumsfördernde Initiativen dürfen damit nicht finanziert werden.

Mit einem Schlag Vertrauen zerstört

Nachdem sich die Chefs zum Nichthandeln entschlossen ins Wochenende zurückgezogen hatten, rückten die Euro-Finanzminister ins Brüsseler Ratsgebäude ein und brüteten bis in die Morgenstunden hinein einen der größten Betriebsunfälle der Eurozone aus. Man kann das, was sich die Euro-Minister mit der Beteiligung der Sparer an der Überwindung der zypriotischen Finanzverwerfungen ausgedacht haben, durchaus auch als dreisten Bankraub betrachten. Denn gutgläubigen Sparern über Nacht einfach mal kräftig ins Portemonnaie zu langen, entspricht durchaus dem Tatbestand des Diebstahls.

Man mag vielleicht dazu neigen, diese Lösung als durchaus gangbar anzusehen, da vor allem auch russische Oligarchen davon betroffen sind, denen möglicherweise nicht zu Unrecht unterstellt wird, dass die nach Zypern verlagerten Milliarden zumindest am heimischen Steueramt vorbeigeschmuggelt wurden, vermutlich aber auch aus nicht ganz sauberen Quellen stammen. Doch geht es hier um Grundsätzliches. Auf einen Schlag wurde europaweit eine gehörige Portion an Vertrauen in die politischen Institutionen und ihre Vertreter zerstört, die während all der Krisenjahre nicht nur um Verständnis für ihre oft harten Maßnahmen geworben haben, sondern auch in der Pflicht standen, jede Art von neuerlicher Abzocke zu verhindern.

Der Vertrauensverlust betrifft aber auch die Banken. Noch zu Beginn der Finanzkrise wurde garantiert, dass die Euro-Staaten die Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro garantieren. Dieses Versprechen wurde hier über Nacht zur Disposition gestellt.

Das ganze Fiasko nun auf die Unerfahrenheit des neuen Eurogruppen-Vorsitzenden Jeroen Dijsselbloem abzuwälzen, wäre sich die Sache doch etwas zu einfach gemacht. Immerhin saßen in Brüssel krisenerprobte Politiker samt Beratern am Tisch, denen die Konsequenzen ihres Handels durchaus hätten bewusst sein müssen. Es wird damit der Eindruck erhärtet, dass Politik nur noch eine Angelegenheit von Technokraten ist, die keinen Sinn für das große Ganze haben. Es mag bereits daran gearbeitet werden, den Fehltritt zu korrigieren, der Schaden aber ist angerichtet.