Die Vergessenen

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Seit einem Jahr steht der sogenannte Arabische Frühling und mit ihm Tunesien, Ägypten, Libyen und derzeit Syrien im Mittelpunkt des politischen Geschehens. Bahrain hingegen wird deutlich weniger Beachtung geschenkt.

Im Zuge der arabischen Revolutionen gab es vor rund einem Jahr dort ebenfalls Massenproteste auf dem zentralen Perlenplatz in der Hauptstadt Manama. Die Reaktion des Regimes ließ nicht lange auf sich warten. Die Proteste wurden brutal niedergeschlagen, Kritiker wurden verhaftet und das Wahrzeichen des Aufstandes wurde von den bahrainischen Streitkräften niedergerissen. Am 18. März 2011 wurde das 90 Meter hohe Perlenmonument inmitten des Kreisverkehrs von Baggern beseitigt.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Das Königreich bekam bei der Unterdrückung der Protestbewegung Hilfe von den übrigen Golfstaaten, die Soldaten nach Manama entsandten. Diese Woche versuchte die Opposition, an den Beginn der Revolte zu erinnern. Wieder gab es Straßenschlachten und Verhaftungen. Die bahrainischen Herrscher gehören dem sunnitischen Islam an, während die Regimekritiker der schiitischen Mehrheit angehören, die sich generell als Bürger zweiter Klasse behandelt fühlen.

Die Furcht vor einem steigenden Einfluss Irans in der Region durch eine Stärkung der Schiiten erklärt, warum die Protestbewegung nur wenig Unterstützung und Sympathie erhält. Auch bei der internationalen Gemeinschaft gab es kaum einen Aufschrei der Empörung.

Sogar der arabische Sender Al-Dschasira, der eine wichtige Rolle bei den Revolutionen in Kairo und Tunis gespielt hat, schwieg den bahrainischen Aufstand tot. Die Repression hat die Arabische Liga jedoch nicht daran gehindert, Manama zur arabischen Kulturhauptstadt des Jahres 2012 zu ernennen. Somit gehören die bahrainischen Demonstranten zu den Vergessenen des Arabischen Frühlings.

Gescheiterte Revolution im Iran

Ein anderes Land, in dem die Regimegegner immer mehr in Vergessenheit geraten, ist der Iran. Derzeit steht vor allem der Atomstreit der Regierung in Teheran mit dem Westen im medialen Rampenlicht. Das dürfte das Regime auch arrangieren, denn die verbalen Attacken gegen die Vereinigten Staaten und gegen Israel können von den innenpolitischen Problemen ablenken. Auch kann die Heraufbeschwörung eines gemeinsamen, ausländischen Feindes den iranischen Machthabern wieder mehr Zustimmung im eigenen Land einbringen.

Im Jahr 2009 kam es nach der umstrittenen Wiederwahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu Massendemonstrationen, doch das Ausmaß der Repression brachte die Revolution zum Scheitern. Als der Arabische Frühling letztes Jahr riskierte, auch den iranischen Dissidenten neuen Aufwind zu bringen, stellte das Regime die Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi unter Hausarrest. Kaum zirkulierte diese Woche ein Protestaufruf für ihre Freilassung im Internet, verschärfte der Iran die Zensur so stark, dass zahlreiche Studenten nicht einmal mehr ihre E-Mails abrufen konnten und Geschäftsleute sich beklagten, dass der Handel mit dem Ausland durch den Blackout zu einer Herkulesaufgabe wurde.

Die Strategie der gnadenlosen Unterdrückung mag zwar kurzfristig funktioniert haben, doch der Iran sowie Bahrain werden ein Pulverfass bleiben, solange die autokratischen Regimes jegliche politische Öffnung kategorisch ablehnen.