Die Frommen haben’s schwer

Die Frommen haben’s schwer
(dpa)

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Mitt Romney, ein Mormone, der seinen Glauben ernst nimmt, will 2012 bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen für die Republikaner gegen Barack Obama antreten.

Die meisten Amerikaner sind in einem für den typischen, selbst gläubigen Europäer nicht leicht nachvollziehbaren Maße religiös.
Dennoch werden Romney seine metaphysischen Überzeugungen und vor allem die Intensität derselben in seinem Heimatland nicht notwendigerweise zum Vorteil gereichen.
Denn als Mormone ist Romney zwar Anhänger eines Glaubens, in dem unser Herr Jesus Christus eine prominente Rolle spielt, den als einen der Ihren anzuerkennen sich die anderen christlichen Kirchen, ob katholisch oder protestantisch, dennoch beharrlich weigern.
Den meisten christlichen Sekten erscheinen die Mormonen nämlich reichlich dubios: Dass ihr heiliges Buch einst dem Religionsstifter Joseph Smith vom Engel Moroni persönlich in die Feder diktiert worden sei, erscheint ihnen etwas merkwürdig. In der Bibel findet sich nämlich kein Sterbenswörtchen von dieser gar recht erbaulichen Story.
Dass dieser Kult einst die Vielweiberei nicht nur billigend in Kauf nahm, sondern sogar förderte, dürfte zudem der solch ruchlosem Geschnacksel zutiefst abholden traditionellen Christenheit ein Gräuel sein.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt/Fabrizio Pizzolante)

Es kann halt nur einer Recht haben

Und deshalb sind diese „Christen“ in den Augen der anderen „Christen“ keine richtigen „Christen“, sondern lediglich heidnische Götzendiener, die dereinst auf all ewige Zeiten in der alles zerschmelzenden Glut des Höllenfeuers zu schmachten drohen, falls sie nicht rechtzeitig vor dem Tag des Gerichtes dem Aberglauben widersagen und eine der vielen anderen – jeweils ebenso allein wahren – christlichen Orthodoxien zur reinen Quelle ihre Seelentrostes küren sollten.
In den USA reicht der falsche Glaube gerade für etliche in die Wolle gefärbte Republikaner allemal hin, einen Menschen unwählbar zu machen.
Zudem sind die Mormonen ja nun nicht die einzigen Frommen, denen der typische weiße angelsächsische Protestant nicht über den Weg zu trauen vermag. Die Papisten waren lange Zeit auch so welche. Erinnern wir daran, dass in den Brunzköpfen des Ku Klux Klan einst nicht nur der Schwarze, sondern ebenso der Katholik – und selbstverständlich der Jude – ihr Unwesen als Public Enemy Number One trieben.
Dabei stellen die Katholiken mittlerweile die zahlenmäßig stärkste christliche Sekte in den USA dar. Dass sie dies aber nur mit Hilfe mittel- und südamerikanischer Immigrationsarmeen schaffen konnten – früher kamen diese Schädlinge übrigens zuvörderst aus Irland –, dürfte den zwielichtigen Charakter dieser Kongregation zur Genüge unter Beweis stellen.
Die eigentliche Inkarnation des Antichristen sind für viele WASPs natürlich die Mohammedaner, welche qua Geburt samt und sonders Islamisten zu sein haben. Die Bedrohung, die von ihnen ausgeht, wäre natürlich einen eigenen Leitartikel wert.
Sei’s drum: Wir sehen, dass der schlimmste Feind des Frommen keineswegs der Atheist sein muss (besonders seit der gottlose Kommunismus das Zeitliche gesegnet hat). Oft ist es vielmehr der andere Fromme, der falsche Fromme.
Und so ist das halt: Wenn bloß ein Glaube allein selig machen kann, erfüllen alle anderen ipso facto den Tatbestand der Idolatrie.
Und so wird sich dieses Karussell des religiösen Wahrheitsmonopolwahns wohl ad perpetuum weiter drehen.
Oder zumindest doch bis zum Jüngsten Tag.