Dialog oder Konflikt?

Dialog oder Konflikt?
(Tageblatt/Pierre Matgé)

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Die neue Regierung hatte kaum Zeit, sich an ihre Aufgaben zu gewöhnen, die Minister haben sich eben erst eingerichtet, da holen die alten Probleme sie auch schon ein.

Da wäre vor allem die Krise, die ins sechste Jahr geht, mit all ihren Kollateralschäden, die da heißen grassierende Arbeitslosigkeit (in der Eurozone liegt diese mittlerweile bei 12,1, in Luxemburg bei 7 Prozent) und dramatische Jugendarbeitslosigkeit.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Ebenfalls krisenbedingt, jedenfalls zum Teil, sind die Haushaltsprobleme von Rot-Blau-Grün. Der Finanzierungsbedarf ist enorm; trotz Mehreinnahmen von 7,6 Prozent während der ersten elf Monate des Jahres 2013 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2012 werden laut Prognosen jährlich mehr als eine Milliarde Euro fehlen, um den Haushalt in das gewünschte (wenn auch in Krisenzeiten nicht unbedingt notwendige) Gleichgewicht zu bringen. Wo das Geld herkommen soll, hat der neue Staatsminister noch nicht oder nur ansatzweise verraten. Nur so viel ist bekannt: Der Staat will bei sich selbst sparen und die Mehrwertsteuer soll (voraussichtlich noch in diesem Jahr) um zwei Prozentpunkte erhöht werden.

Letztgenannte Maßnahme wird allerdings lediglich den Wegfall der Einnahmen aus dem elektronischen Handel ab 2015 kompensieren, und das auch nur teilweise.

Daneben kündigt die neue Regierung eine Steuerreform an, die das System gerechter als bislang gestalten soll. Ob diese Reform die verlorene Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung durch Indexmanipulation, zahlreiche Nullrunden in den Betrieben, Taxenerhöhungen, die höhere Mehrwertsteuer usw., usf. auffangen wird, ist mehr als fraglich. Die Instrumente Vermögens- und Erbschaftssteuer wollte die neue Regierung nicht nutzen und auch sonst scheint keine große Begeisterung vorhanden, das Geld dort herzunehmen, wo es zur Genüge vorhanden ist: bei den Reichen.

Stahl-, Banken- und Reinigungssektor

In diesem Kontext will die Koalition den eingeschlafenen Sozialdialog wieder ankurbeln, die Tripartite eventuell wiederbeleben. Der an sich löbliche Vorsatz wird zurzeit nur schwer umzusetzen sein. In gleich mehreren Wirtschaftsbereichen versuchen die Arbeitgeber sich am sozialen Abbau. So etwa im Stahlsektor, wo sich ob der unnachgiebigen Haltung von ArcelorMittal ein Streik abzeichnet.
In dem für Luxemburg äußerst symbolträchtigen Bereich der Eisenproduktion und -verarbeitung würde eine Arbeitsniederlegung das soziale Klima nachhaltig negativ belasten. Dass die leitenden Gewerkschaftler sich mit den Präsidenten der Unternehmerverbände zum konstruktiven Gespräch zusammensetzen, während auf den Schmelzen ein Arbeitskampf tobt, scheint unvorstellbar.

Auch im Bankensektor, wo der Kollektivvertrag zum Jahresende 2013 ausgelaufen ist, wollen die Vertreter der Bosse das Personal schröpfen und haben bislang lediglich Verschlechterungen des bis dato geltenden Tarifvertrags angeboten; die Stimmung unter den Belegschaften ist in dem wichtigen Wirtschaftsbereich mies wie selten zuvor.

Schließlich deutet sich ein Arbeitskampf bei den Putzfirmen an.
Morgen Sonntag wird die Tarifkommission des OGBL zusammenkommen und über gewerkschaftliche Aktionen beraten; auch im Reinigungssektor sind die Belegschaften mit einer unnachgiebigen Haltung der Direktionen konfrontiert.

Trotz neuer Regierung erleben wir eine Zeit der Konflikte. Sozialer Dialog sieht anders aus.