Das Leder rollt wieder

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Die Fußball-WM ist seit 20 Tagen Geschichte. Ab heute rollt der Ball wieder auf den luxemburgischen Fußballplätzen. Die Topvereine können sich dieses Jahr wieder voll und ganz auf die BGL Ligue konzentrieren.

Vor genau einem Jahr jubelte Luxemburg über die Erfolge von Déifferdeng 03 und der Jeunesse in der Europa League. 2012 sorgte der F91 Düdelingen für Furore, als er RB Salzburg aus der Champions League warf. 2014 war nach einer Runde für alle luxemburgischen Vertreter auf europäischer Bühne Schluss. Ein Rückschritt ist das mit Sicherheit nicht. Denn auch diese Saison wurden zwei Unentschieden und ein Sieg geholt.

Regelmäßige Erfolge auf europäischer Ebene werden auch in Zukunft für Luxemburg nicht Standard sein. Das gibt erstens die Masse an Klassespielern nicht her und zweitens ist dafür die Struktur nicht vorhanden. Luxemburg ist eines der letzten Länder Europas, die keinen Profiklub besitzen. Lösungsvorschläge gab es in den letzten Jahren einige. Von einem luxemburgischen Profiklub, der in Belgien starten sollte, bis hin zu einer semi-professionellen Liga mit sechs Vereinen. Ansätze, die sicherlich nicht falsch waren und es wert sind, neu aufgerollt zu werden. Geld und Spieler mit der nötigen Klasse sind vorhanden; nur ein Stadion fehlt, um den Anforderungen einer ausländischen Profiliga gerecht zu werden. Luxemburg sollte sich seinem Amateurismus nicht ergeben.

Als diese Ideen erstmals entstanden, war Jeff Strasser der einzige einheimische Berufskicker. Mittlerweile verdienen neun Luxemburger im Ausland ihr Brot mit Fußball. Eine ordentliche Zahl, aber der Schein trügt. Nur die wenigsten sind Stammspieler und einer vom Format eines Jeff Strasser ist auch nicht dabei. Erfreulich ist hingegen, dass vermehrt der Gang ins Ausland gesucht wird, anstatt den einfachen Weg zu wählen.

Qualität statt Quantität

Das Niveau der BGL Ligue ist nämlich global gesehen eher schwach. Spannung kommt selten auf, weil die Unterschiede zwischen den Eliteklubs und dem Rest der Liga weiter anwachsen. Während sich Fola, Düdelingen und Differdingen weiter professionalisieren und finanziell zulegen, müssen Vereine wie Rümelingen oder Mondorf schauen, dass sie irgendwie über die Runden kommen. 14 Klubs in einer ersten Liga sind einfach vier zu viel. Und darüber muss der nationale Fußballverband in Zukunft noch einmal debattieren. Qualität vor Quantität.

Düdelingen kommt mittlerweile auf ein Budget von knapp zwei Millionen Euro, 1,5 Millionen Euro werden für Gehälter ausgegeben. Zum Vergleich: Dem belgischen Zweitligisten Virton steht ein Budget von 850.000 Euro für die erste Mannschaft zur Verfügung. Beim F91 scheint aber ein Umdenken stattgefunden zu haben. Zur neuen Saison wurden drei luxemburgische Spieler geholt. Insgesamt verfügt der Becca-Klub nun über zwölf „Premières licences“. Rund 46 Prozent des Kaders wurden in Luxemburg ausgebildet. Damit liegt Düdelingen zwar immer noch auf dem letzten Platz in dieser Wertung, aber die Tendenz ist steigend. Der Durchschnitt der Liga liegt bei rund 58 Prozent. Spitzenreiter in dieser Kategorie ist Käerjeng mit 79 Prozent „homegrown players“ (statistisches Material aus dem Tageblatt-Sonderheft „Ustouss“).

Identifikation ist trotzdem selten gegeben. Für den Durchschnitts-Fan ist ein Luxemburger eben nicht gleich ein Luxemburger. Muller oder Hoffmann soll der eigene Spieler am besten heißen, ein Pereira oder Ramdedovic hat es da schon schwerer. Dabei ist das, was wir auf den Fußballplätzen sehen, nichts weiter als das Spiegelbild unserer Gesellschaft: das Multikulti-Luxemburg (samt seinen Grenzgängern). Vergleichbar mit den Eidgenossen, wo in der „Nati“ nur sieben Spieler einen richtigen „urschweizerischen“ Namen tragen. Eine Mischung, die schließlich zum Erfolg führte.

Dan Elvinger