Kurzschluss aus dem Abseits

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Was macht ein Fußball-Profi, der seine größten emotionalen Momente auf dem Spielfeld erlebt hat, nach dem Ende seiner Karriere? Er überfällt eine Bank. So sieht es jedenfalls das Theaterstück „Spiel ohne Ball“ des Münchner Autors Albert Ostermaier.

Der Regisseur Victor Joe Zametzer hat es für das Große Theater inszeniert, am Mittwochabend war Premiere.

Eine zweite Vorstellung ist am 13. Januar vorgesehen.

Uwe heißt die Hauptfigur des Stückes, ein Ex-Fußballspieler. Gerade hat er eine Luxemburger Bank überfallen und eine Angestellte als Geisel genommen, doch scheint er immer noch auf dem Platz zu stehen, die Kulisse mit Rasen am Bühnenboden und ein Tor am Seitenrand deutet es an. „Meine Nummer blinkt da“ sagt Uwe. Ersatzbank bedeutet das für ihn. Er erinnert sich an alle entscheidenden Situationen des Halbfinalspiels, das es zu gewinnen gilt, um ins Finale zu kommen. Finale bedeutet Karriere, doch so ist es nicht gekommen.

Vom Rasen auf die Bühne

Jimmy Hartwig, ehemaliger Profi, Europapokalgewinner und Nationalspieler, ist in die Rolle des Uwe geschlüpft. Er ist darin so überzeugend, dass man glauben könnte, er erzähle seine eigene Lebensgeschichte. Einiges draus hat Obermeiers sicherlich in seinem Text mit verarbeitet.

Wie die Figur im Stück ist auch Hartwig nach seiner Karriere abgestürzt, er macht daraus einen beunruhigend eindringlichen Monolog über einen Menschen, dem das Spiel ohne Ball nie geglückt ist. „Ich hab das hier im Griff“ sagt Uwe zu seiner Geisel und nimmt sie in den Schwitzkasten. Fußball ist Konkurrenz und Kampf, „Fair Play ist der Schwitzkasten der Gewinner“.

Auf der Gewinnerseite war er nie, aber wer will schon die Geschichten hören von ehemaligen Fußballspielern, die ein „zweites Leben ohne Fußball“ nicht geschafft haben, die sozial absteigen, Alkoholiker sind, Drogen nehmen oder spielsüchtig sind. „Spiel ohne Ball kannst du vergessen“, sagt Uwe.

Das Hochgefühl, das man auf dem Platz spürt, lässt sich im Leben außerhalb des Platzes wohl nicht wiederholen. Uwe will Respekt für das, was er dem Spiel geopfert hat. Seine Geisel ist seine Zuhörerin, ihr erzählt er seine Geschichte, von ihr will er, dass sie ihn versteht.

Schwieriger Karrierewechsel

Sie hat ja auch keine Wahl. Gefesselt und geknebelt fällt der Tänzerin und Choreografin Sylvia Camarda eine weitgehend passive Rolle zu. Sie muss zuhören, weil sonst keiner will.

Hilflos lässt sie sich von Uwe über die Bühne zerren oder durchschütteln. Viel Respekt bringt er ihr nicht entgegen. „Du weißt wann man den Mund hält“, sagt er zu der Geknebelten. Erst als sie kollabiert, kümmert er sich rührend, wohl aber nicht ganz uneigennützig um sie, schließlich ist sie die einzige, die ihm zuhört.

Einige Seitenhiebe auf den Finanzplatz Luxemburg hat Albert Obermeier ins Stück geschrieben. Eine Luxemburger Bank musste es für den Überfall schon sein, wegen des Schwarzgeldes, lässt er den Protagonisten sagen.

„Schwarzgeld den Schwarzen“ lacht Uwe, in Anspielung auf seine Hautfarbe. „Meine Nummer erscheint auf der Tafel“, sagt er, als die Polizei ihn stellt, die 90 Minuten sind um, das Spiel ist aus. „Fußball ist unser Leben“, der Song der Nationalmannschaft zur WM 1974 kommt aus dem off, für den Protagonist ist es wohl so gewesen.

Das Publikum durfte sich über einen feinen Theaterabend mit einem packenden Monolog und einem überzeugenden Hauptdarsteller freuen.