Misshandlung oder nicht? Opfer nimmt Angeklagten vor Luxemburger Gericht in Schutz

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Ein 30-Jähriger muss sich wegen schwerer Körperverletzung und mutmaßlicher Vergewaltigung vor Gericht verantworten. Die Taten sollen sich im Juni vergangenen Jahres ereignet haben.

Eine Frau wurde damals mit schweren Verletzungen in die Notaufnahme nach Luxemburg gebracht, dort vertraute sie sich dem Personal an. Ihr Partner habe sie gegen ihren Willen in einer Wohnung festgehalten und sie dort mehrfach vergewaltigt. Danach habe er sie noch geschlagen. Von diesen Vorwürfen wollte der Angeklagte in den Verhören nichts wissen. Seine Freundin sei die Treppe heruntergefallen, so der Beschuldigte damals. Die Mehrheit der Verletzungen sei nicht auf Stürze zurückzuführen, sondern durch stumpfe Gewalteinwirkung, also durch Schläge entstanden, sagte der Gerichtsmediziner am Mittwoch vor der Richterin aus.

Am Donnerstag wurde das Opfer von der Richterin gehört. Es hat seit 2016 eine kleine Tochter mit dem Angeklagten. Die Richterin warnte das Opfer vor einer Falschaussage, da sonst eine Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahre drohen würde. Die Frau gab an, mit ihrem Freund von Lüttich nach Luxemburg gekommen zu sein, um den Feierlichkeiten rund um den Nationalfeiertag beizuwohnen. Beide hätten beim Feiern Kokain und Ecstasy genommen. Das Opfer schilderte, im Drogenrausch aus einem fahrenden Auto gesprungen zu sein. Am darauffolgenden Tag habe der Angeklagte sie dann ins Krankenhaus gefahren.

Tankstellenangestellte gaben Frau Wasser

Eine Angestellte einer Tankstelle hatte der Frau jedoch schon vor dem angeblichen Unfall mit unzähligen Blessuren im Gesicht angetroffen und ihr sogar Wasser gegeben. Diese Zeugin sagte am Mittwoch unter Eid aus, gesehen zu haben, wie der Angeklagte dem Opfer einen Faustschlag verpasste. Dieser sei derart heftig gewesen, dass der Kopf der Frau gegen die Autoscheibe prallte.

Diese Verletzungen soll aber der Exfreund dem Opfer zugefügt haben, erklärte das Paar. Die Frau konnte sich jedoch nur noch an den Vornamen des Mannes erinnern. Er sei zufällig zur gleichen Zeit in Luxemburg gewesen und habe das Auto des Opfers wiedererkannt. Danach hätten die beiden sich gestritten und der Exfreund habe das Opfer geschlagen. Der Angeklagte sei zu diesem Zeitpunkt nicht bei seiner Freundin im Auto gewesen. Das Opfer blieb bei der Aussage, nie vom eigenen Partner geschlagen worden zu sein.

Von den Vorwürfen, die das Opfer damals bei der Polizei in Luxemburg gegen den Angeklagten erhoben hatte, wollte es gestern vor Gericht nichts mehr wissen. „Mein Freund hat sich während der letzten 15 Monate verändert. Er soll endlich seine kleine Tochter sehen. Er muss wieder nach Hause kommen. Ich will nicht, dass sie ohne ihren Vater aufwächst“, erklärte die Frau unter Tränen.

Zehn Jahre Haft gefordert

Vor der Richterin hielt auch der Angeklagte an der Geschichte fest, dass der Exfreund der Täter sei. Das Opfer sei am Tag danach während der Rückfahrt nach Brüssel einfach aus dem fahrenden Auto gesprungen. Der Angeklagte erklärte sich diese Reaktion damit, dass seine Freundin wohl einen schlechten Drogentrip durchlebt hatte. Er behauptete, sie noch nie geschlagen zu haben. Erst als die Richterin nachbohrte, gab der Beschuldigte zu, seine Freundin einmal in Lüttich geschlagen zu haben. Als Motiv nannte er Eifersucht. Vergewaltigt habe er sie allerdings nie.

Die Staatsanwaltschaft konfrontierte den Angeklagten mit Fotos, die bereits Anfang Juni 2017 in einem Krankenhaus in Lüttich aufgenommen wurden. Diese zeigten verschiedene Verletzungen und Prellungen am Gesicht und an den Beinen des Opfers. Woher diese Verletzungen stammten, konnte der Angeklagte nicht genau sagen. Er habe gehört, seine Freundin sei damals überfallen worden.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sprach von einem sehr schweren Fall von häuslicher Gewalt und bezichtigte den Angeklagten, die Geschichte mit dem Sturz aus dem Auto erfunden zu haben. Auch die Zeugenaussagen vom Mittwoch hielt der Staatsanwalt für glaubwürdig. Um das Opfer und die gemeinsame Tochter zu schützen, forderte er zehn Jahre Freiheitsentzug für den Angeklagten. Das Urteil wird am 8. November gesprochen.