75 Jahre NATOStoltenberg ruft USA und Europäer zur Einheit auf

75 Jahre NATO / Stoltenberg ruft USA und Europäer zur Einheit auf
Der Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg (Mitte) nimmt am 4. April 2024 an einer Kranzniederlegung anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Bündnisses im Flaggenkreis vor dem NATO-Hauptquartier in Brüssel teil Foto: AFP/ Kenzo Tribouillard

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Die NATO feiert am 4. April ihren 75. Jahrestag. Die USA und elf weitere Länder hatten das Abkommen zum Nordatlantik-Vertrag am 4. April 1949 in Washington unterzeichnet.

Mit Appellen zur Geschlossenheit gegen Russland hat die NATO den 75. Jahrestag ihrer Gründung gefeiert. Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg nannte die transatlantische Allianz am Donnerstag in Brüssel einen Garanten für Frieden und Sicherheit. Zugleich rief er Nordamerikaner und Europäer zum Zusammenhalt auf, denn sie seien nur „gemeinsam sicherer und stärker“.

„Ich glaube nicht an Amerika allein“, sagte Stoltenberg in seiner Ansprache bei der Feierstunde im Brüsseler Hauptquartier. „Ich glaube an Amerika und Europa zusammen.“ Unerlässlich sei aber eine „gerechte Lastenteilung“ bei den Verteidigungsausgaben. Die USA fordern schon seit Jahren, die Europäer müssten mehr für ihre Verteidigung ausgeben. Aktuell halten nur rund 20 der 32 Verbündeten die NATO-Quote von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein, darunter Deutschland.

Zu den Klängen einer Militärkapelle wurde in Brüssel erstmals das Original des Nordatlantik-Vertrags ausgestellt. Die USA und elf weitere Länder hatten das Abkommen am 4. April 1949 in Washington unterzeichnet. Sie sicherten sich damit Beistand gegen die Sowjetunion zu.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es gelte weiter das NATO-Motto: „Einer für alle und alle für einen“. Angesichts des brutalen russischen Angriffskriegs in der Ukraine sei die Nato „der beste Schutzschirm nicht nur für unsere Sicherheit, für unseren Frieden, sondern auch der beste Schutzschirm für unsere Demokratie“. „Ohne Sicherheit ist alles nichts“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Onlinedienst X.

Emotionen waren besonders bei den Außenministern der Baltenstaaten zu spüren, die seit 20 Jahren zur Nato gehören. Die Vertreter Estlands, Lettlands und Litauens erinnerten in kurzen Reden an die Bedrohung ihrer Länder durch die frühere Sowjetunion sowie das heutige Russland. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warnte, „die größten Schlachten der Nato könnten in der Zukunft liegen“. Wenn sich die Allianz darauf nicht vorbereite, wäre es der „größte Fehler“ ihrer Geschichte.

US-Außenminister Antony Blinken sagte, durch die Beitritte Finnlands und Schwedens sei die Nato „stärker, größer und einiger denn je“. Er äußerte sich bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit Finnland zum Kampf gegen russische Desinformation. Die Europäer fürchten ein nachlassendes US-Engagement, insbesondere im Fall eines Wahlsiegs von Ex-Präsident Donald Trump im November.

Nach der Zeremonie schnitten Stoltenberg und die belgische Außenministerin Hadja Lahbib eine Schokoladentorte an, auf der „NATO-OTAN“ stand, der Bündnisname in den beiden offiziellen Sprachen Englisch und Französisch.

Vor der Feierstunde hatten Stoltenberg und der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, General Robert Bauer, einen Kranz niedergelegt. Sie erinnerten damit an die NATO-Soldaten, die in Kriegen und Konflikten getötet worden waren.

Im Anschluss kamen die Außenminister der 32 Mitgliedsländer mit dem ukrainischen Chefdiplomaten Dmytro Kuleba zum Nato-Ukraine-Rat zusammen. Kuleba forderte von den Verbündeten dringend weitere Luftabwehrsysteme gegen die russischen Angriffe mit Raketen und Drohnen. Im Onlinedienst X hatte er dazu aufgerufen, „alle rund um die Welt verfügbaren Patriot“-Systeme „so bald wie möglich“ an sein Land zu liefern.

Stoltenberg hatte vor dem Treffen einen neuen Ukraine-Hilfsfonds von 100 Milliarden Euro ins Gespräch gebracht – auch um die Nato für einen möglichen US-Rückzug unter Trump zu wappnen. Bei einer ersten Debatte am Mittwoch reagierten Deutschland und andere große Länder wie Spanien zurückhaltend und verlangten weitere Informationen über die Verwendung der Mittel.

Positive Signale gab es dagegen für einen zweiten Vorschlag Stoltenbergs, Waffenlieferungen der Mitgliedsländer an Kiew künftig durch die NATO koordinieren zu lassen. Bisher organisieren die USA die Unterstützung im Rahmen der sogenannten Ramstein-Unterstützergruppe. Stoltenberg hofft auf Beschlüsse bis zum NATO-Jubiläumsgipfel in Washington Anfang Juli.