DeutschlandSperrmüllberg, Poolparty und Stinkefinger: Wenn Politiker über vermasselte Fotos stolpern

Deutschland / Sperrmüllberg, Poolparty und Stinkefinger: Wenn Politiker über vermasselte Fotos stolpern
Laschets Umfragewerte sind auch durch solche Bilder in den Keller gerutscht: Der CDU-Spitzenkandidat am Rednerpult vor einem riesigen Berg aus Sperrmüll Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

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Ein Foto kann Politikern schaden und womöglich sogar ihr Image prägen. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat dies zuletzt erfahren müssen. Er ist allerdings nicht der erste Spitzenpolitiker, der sich Foto-Patzer geleistet hat.

Ab Samstag soll vieles besser werden. Dann sind die Kanzlerin und CSU-Chef Markus Söder dabei, es werden Wahlkämpfer aus ganz Deutschland zugeschaltet, und rund 200 CDU-Mitglieder sollen im Berliner Tempodrom beim Start der Union in die heiße Wahlkampfphase coronakonform Stimmung für Armin Laschet machen. „Selbstverständlich“, heißt es aus der CDU-Zentrale, werde es ein schönes Dreierfoto geben: Laschet, Merkel und Söder als harmonisches Unions-Trio. Ein Bild, das der Kanzlerkandidat gut gebrauchen kann.

Denn gerade für Laschet lief es zuletzt fototechnisch nicht sonderlich gut. Sein deplatziertes Lachen im Flutgebiet während der Ansprache des Bundespräsidenten, dann das Bild von ihm in Lederschuhen im Schlamm, auch wenn er dafür extra seine ältesten Schlappen aus dem Schrank geholt haben will. Für viel Spott und internen Ärger sorgte auch das Bild des NRW-Mannes am Rednerpult vor einem riesigen Berg aus Sperrmüll. Zu guter Letzt kursierte noch eine Aufnahme von ihm mit den Händen in den Taschen unter einem Schirm, der gehalten wird. Zu Unrecht wurde Laschet dafür aber gescholten – denn das Foto zeigt nicht den ganzen Ausschnitt; auch über den flutgeschädigten Gesprächspartner hielt jemand einen Regenschutz. Aber: Gerade in Wahlkampfzeiten interessiert nicht jeden das ganze Bild.

Der Kanzlerkandidat und sein Umfeld haben die Wirkungsmacht von Fotos wohl unterschätzt, was auch dazu beigetragen hat, dass es in den Umfragen rapide bergab gegangen ist. Laschet hat inzwischen dazugelernt – unlängst sah man ihn im Flutgebiet durchnässt, mit Regenjacke, aber ohne Brille und Schirm. Ganz der Macher. „Bilder sind entscheidende Bausteine in der politischen Kommunikation“, sagt Andreas Jungherr, Professor für Politik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Bamberg. Ein Bild könne „zu einem wichtigen Symbol“ für Stärken oder Schwächen einer Politikerin oder eines Politikers werden. Denn womöglich brenne es sich in die Erinnerung der Bürger ein und werde mit einem Kandidaten verbunden.

Wer deplatziert lacht, lacht am schlechtesten: Laschet bei der Flutkatastrophe
Wer deplatziert lacht, lacht am schlechtesten: Laschet bei der Flutkatastrophe Foto: dpa/Marius Becker

Genau das ist das Problem. Deswegen achten Laschets Strategen jetzt penibel darauf, dass nicht weitere Ausrutscher passieren. Oder aber, dass Bilder geschossen werden, die den Kandidaten in ein tatkräftiges, glanzvolles Licht rücken. Fotos seien zwar nicht die Ursache für eine Wahlniederlage, weiß Frank Brettschneider, Professor für Kommunikation der Uni Hohenheim, aber sie könnten zu einer Schlappe beisteuern. „Wahlkämpfer sollten das wissen – und besonders auf Bilder achten. Das ist auch ein Ausweis von Professionalität“, so der Experte.

Laschet ist freilich nicht der erste Spitzenpolitiker, der in die Foto-Fettnäpfchen getreten ist. Neulich erst der CDU-Mann Philipp Amthor. Vom aufstrebenden Jung-Politiker kursierte im Netz ein Bild, das ihn auf einem Reitturnier in seinem Heimatland Mecklenburg-Vorpommern lächelnd mit zwei jungen Männern zeigt. Später stellte sich heraus, es waren zwei Neonazis. Er habe weder die Männer noch deren Hintergrund gekannt, erläuterte Amthor. Es komme häufig vor, dass er von Bürgern nach einem Foto gefragt werde. Trotzdem fegte über den 28-Jährigen ein Sturm der Entrüstung hinweg. Vorsicht ist also geboten, zu viel Unbedarftheit womöglich sogar fatal. Denn gerade die Reichweite der sozialen Netzwerke, betont Experte Brettschneider, trage dazu bei, „dass die Bedeutung der Bilder weiter zunehmen wird“.

Mittelfinger und Poolparty

Allerdings weiß man auch in anderen Parteien, wozu missglückte Fotos führen können. Speziell bei der SPD. Peer Steinbrück etwa, im Jahr 2013 SPD-Kanzlerkandidat und Herausforderer von Angela Merkel, ließ sich angefixt von viel Kritik und frustriert vom schlecht laufenden Wahlkampf für ein Magazin mit dem „Stinkefinger“ fotografieren. Ein Aufschrei ging durch die Republik. Spätestens da war den meisten Genossen klar, dass Steinbrück den Kampf ums Kanzleramt versemmelt hatte.

Vielleicht liegen solche Fehltritte auch daran, dass viele Politiker als beratungsresistent gelten. Rudolf Scharping zum Beispiel. Er lieferte den wohl berühmtesten Foto-Missgriff in der bundesdeutschen Geschichte: Der damalige SPD-Verteidigungsminister planschte 2001 mit seiner Freundin auf Mallorca im Pool, während sich die Bundeswehr auf ihren Einsatz in Mazedonien vorbereitete. Mit den peinlichen Bildern hatte Scharping wohl gehofft, sein eher dröges Image mit ein bisschen Glanz aufpolieren zu können. Doch der Fotoschuss ging nach hinten los: Er musste seinen Hut nehmen.