SPD-Fraktionschefin Nahles fordert ihre Kritiker heraus

SPD-Fraktionschefin Nahles fordert ihre Kritiker heraus

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mit ihrer überraschenden Entscheidung, sich vorzeitig der Neuwahl zum Fraktionsvorsitz zu stellen, versucht SPD-Chefin Andrea Nahles, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen. Doch der Schachzug birgt Risiken.

Von unserem Korrespondenten Stefan Vetter, Berlin

Bis zum Montagnachmittag schien es noch so, als wollte Andrea Nahles das Wahldesaster ihrer Partei vom Abend zuvor möglichst schnell abhaken. Eine intensive Aussprache im SPD-Vorstand, bei der aber jeder Personaldebatte eine Absage erteilt wurde, und die Ansage, in der kommenden Woche eine Klausursitzung über inhaltliche Konsequenzen aus den Niederlagen in Europa und Bremen abzuhalten – das war’s.

Doch am Abend war alles wieder anders. Im ZDF verkündete Nahles, die im September anstehende, turnusmäßige Neuwahl zum Fraktionsvorsitz kurzerhand auf nächste Woche vorzuziehen. Als Begründung nannte sie den zwischenzeitlich bekannt gewordenen Brief eines nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten, in dem auf eine Klärung der Führungsfrage in der Fraktion gepocht wurde.

Kandidieren oder Mund halten

Hintergrund sind schon länger wabernde Spekulationen, wonach mindestens drei Fraktionsmitglieder Nahles den Spitzenposten streitig machen wollten. So ermunterte die Amtsinhaberin ihre Kritiker dann auch geradezu, aus der Deckung zu kommen: Alle, die glaubten, „einen anderen Weg“ gehen zu wollen, sollten sich „hinstellen und sagen: Ich kandidiere“, meinte Nahles. Übersetzt hieß das: Tretet gegen mich an oder haltet endlich den Mund. Es war eine einsame Entscheidung der Chefin. Dem Vernehmen nach berief sie den geschäftsführenden Fraktionsvorstand erst am späten Montagabend ein, um ihren Plan mitzuteilen. Da war die Nachricht längst in der Welt. In dem engsten Führungszirkel gab es für ihren Vorstoß dann auch nur eine vergleichsweise knappe Mehrheit von sieben zu vier Stimmen.

Schnell wurde auch klar, dass es nach den internen Regularien für die Neuwahl der Fraktionsspitze eines förmlichen Beschlusses des gesamten Vorstands bedarf, um den Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Der soll nun heute nachgeholt und in einer anschließenden Sondersitzung der Fraktion von allen SPD-Bundestagsabgeordneten abgesegnet werden. Laut Einladung soll es bei dieser Gelegenheit auch um die „Auswertung“ der desaströsen Wahlergebnisse gehen. Da könnte es eine sehr kritische Debatte geben. Die Wahl zum Vorsitz ist aber erst für den kommenden Dienstag angesetzt.

Potenzielle Anwärter

Wie sich die Dinge bis dahin entwickeln, steht noch weitgehend in den Sternen. Da sei vieles im Fluss, überall liefen die Drähte heiß, hieß es. Dem Vernehmen nach kam es am Dienstag auch zu einer Telefonkonferenz der Landesgruppenvorsitzenden, in der Nahles’ Schritt auf breite Zustimmung stieß. Es sei besser, die Sache jetzt zu klären, als sie noch Monate lang hinzuziehen, so der Tenor. Mancher sprach allerdings auch von „Erpressung“, mit der Nahles ein „hohes Risiko“ eingegangen sei. Müsste sie als Fraktionschefin weichen, wäre sie wohl auch schnell den Parteivorsitz los, lautete die Begründung. Andere hielten es dagegen für unwahrscheinlich, dass es überhaupt zu Gegenkandidaturen kommt.

Als potenzielle Anwärter gelten hier der Chef der mächtigen NRW-Landesgruppe, Achim Post, der zum konservativen Flügel der „Seeheimer“ zählt, der Niedersachse und Sprecher der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch, sowie der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Ihm werden allerdings schon wegen der krachenden Niederlage bei der letzten Bundestagswahl keine ernsthaften Chancen eingeräumt, Nahles im Fraktionsvorsitz zu beerben.

Wohl auch deshalb winkte Schulz bereits ab. Angesprochen darauf, ob er selbst antrete, meinte er gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit: Diese Frage „stellt sich zurzeit nicht“. Zugleich kritisierte Schulz aber das Vorpreschen von Nahles: „Wir sollten Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit treffen.“

Auch Achim Post gilt eher als Außenseiter bei einer möglichen Kampfkandidatur. Die „Seeheimer“ verfügen nur über etwa ein Drittel der Abgeordneten. Dagegen könnte der Parteilinke Miersch eine realistische Alternative sein, wie es in der Fraktion hieß. Falls er den Sprung wagt. Mehr Aufschluss über die fraktionsinterne Gefechtslage wird von der Sondersitzung am heutigen Mittwoch erwartet.

boufermamm
29. Mai 2019 - 15.03

Nahles ist schon lange fällig. Aber dann? Die Personaldecke der SPD ist recht dünn. Schulz noch einmal? Unglaubwürdig! Wenn man noch keinen geeigneten Ersatz resp. Nachfolger/in hat, sollte man möglichst zurückhaltend sein. Die SPD trägt ihre innerparteilichen Querelen immer in der Öffentlichkeit aus ohne zu merken wie sehr ihr das schadet. Wer Kritik übt, sollte auch entsprechende Lösungen parat haben. We ist Post, wer ist Miersch ? Die deutschen Sozis werden nochmals einige Prozente in der Wählergunst einbüssen und bald nur noch eine Statistenrolle auf der politischen Bühne spielen. Die Zeit der grossen Namen, Willy Brandt, Herbert Wehner, Helmut Schmidt,Vogel, Leber, Schiller, Apel Rau usw. sind längst und für immer vorbei. In der Politik,ob in der BRD, in Frankreich, England, Spanien oder wo auch immer herrscht nur noch Mittelmass. Das ist eider eine Tatsache, die man zur Kenntnis nehmen muss.

pierre Wollscheid
29. Mai 2019 - 14.19

Die Nahles hat seit je her immer wenn es brenzlisch wurde die schnellen und falschen Entscheidungen genommen. Umweltschutz ist ja nicht per dekret ein Grünes Gesetz. Wenn die ariwierten Parteien etwas auf dem Kasten hätten müsste es im heutigen Zeitalter überhaupt keine Grüne Partei mehr geben diese Themen könnten so gut bei der SPD wie CDU CSU oder Liberalen Vetretten werden. Aber diese Parteien haben einfach den Zahn der Zeit verschlafen allen voran die Frau Merkel indem Sie im Europarat alles blockiert hat was der deutschen Auto Industrie schaden konnte. Das war eher schlecht dieses sieht jetzt VW, AUDI, BMW , Mercedes ein, aber sehr spät, glaube fast der Zug ist abgefahren zu den Chinesen